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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst
Autoren: J Patterson
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Sie konnte nichts daran ändern – sie hatte Blut geleckt.
    Wenn auch nicht annähernd so viel wie das, was sie auf dem Stick vorgefunden hatte.
    Derrick Phalen hatte alles entdeckt und auf dem Stick gespeichert, damit ich es mir ansehen konnte. Oder vielmehr anhören. Es gab keine Bilder, keine geklauten geheimen Dokumente, sondern nur eine MP3-Datei. Bei meinen Vinyl-Langspielplatten mag ich vielleicht ein Purist sein, doch diese kleine digitale Aufzeichnung übertraf alles, was ich mir bisher angehört hatte.
    Warum hatte Derrick beschlossen, das Büro seines Chefs zu verwanzen? Leider werde ich nicht die Chance haben, ihn das zu fragen. Aber ich werde nie vergessen, wie er an jenem Tag ausgesehen hatte, als Ian LaGrange am Fahrstuhl der Abteilung Organisiertes Verbrechen auf uns zugekommen war.
    »Verdammte Scheiße«, dachte ich aus Derricks Mund gehört zu haben. Als hätte er etwas nicht glauben können.
    Kurz darauf erlangte er seinen unwiderlegbaren Beweis – ein Gespräch zwischen LaGrange und keinem Geringeren als David Sorren.

    Geblendet von seinen politischen Ambitionen, war Sorren bereit gewesen, dem Gesetz zu entsagen, das zu achten er per Eid versprochen hatte. Er hatte sich einen Ruf als Kämpfer gegen das organisierte Verbrechen aufgebaut, doch in einer Welt voller Verteidiger mit Star-Status und rechtlicher Schlupflöcher waren Schuldsprüche gegen die Mafia nur schwer zu erwirken. Deswegen musste es einen besseren Weg geben.
    Zumindest hatte das Sorren in seiner schrägen Art gedacht.
    Er brauchte Ergebnisse, egal, wie oder wer den Preis dafür bezahlte. Weil Ergebnisse gleich Stimmen waren. Heute das Rathaus. Morgen der Sitz des Gouverneurs. Und eines Tages vielleicht das Weiße Haus.
    Ein moderner Machiavelli der schlimmsten Art.
    Also hatte Sorren zur Unterstützung LaGrange angeheuert und eine grundlegende, aber geheime Vereinbarung getroffen. Sie hatten sich in der Unterwelt des organisierten Verbrechens ihre Plätze gesucht. Sie hatten Joseph D’zorio den Rücken gestärkt und Eddie Pinero nach dessen Verurteilung wegen Zinswucher hereingelegt.
    Es gab nur ein Problem. Mich.
    Über den Schreibtisch hinweg blickte ich Sorren an, während er der Aufnahme auf einem USB-Stick lauschte, für den Menschen gestorben waren. Plötzlich wurde sein Gesicht blass wie die Deckenpaneele in seinem Büro.
    »Das gefällt mir nicht«, sagte LaGrange mit nervöser Stimme. »Wenn Daniels tatsächlich mit einem meiner Staatsanwälte gesprochen hat, dann weiß er etwas.«
    »Sie machen sich zu viele Sorgen, Ian«, beruhigte ihn Sorren.
    »Nein, ich mache mir genau die richtigen Sorgen. Sollten
Sie auch tun. Was ist, wenn er schon vermutet, dass seine Anwesenheit im Lombardo’s mehr als nur Zufall war?«
    »Wir können uns darum kümmern.«
    »Wie?«, wollte LaGrange wissen.
    »Überlassen Sie das mir, Ian. Ich werde mit dem Restaurantleiter sprechen, Marcozzas Namen für den betreffenden Donnerstag aus dem Reservierungsbuch streichen lassen und alles regeln.«
    Derrick Phalen hatte noch mehr aufgezeichnet, doch Sorren hatte genug gehört. Er griff zum Rekorder und drückte die Austaste, bevor er das Verrückteste tat, was ich mir vorstellen konnte: Er begann herzhaft zu lachen.
    »Sie haben den Rest noch nicht gehört«, sagte ich.
    »Das brauche ich nicht. Ich war dabei. Ich weiß, was ich gesagt habe. Aber niemand anderes wird es erfahren. Wissen Sie, warum?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Sagen Sie es mir.«
    »Sie hätten Jura studieren sollen.« Er schüttelte den Kopf. »Diese Aufnahme haben Sie auf illegalem Weg erhalten. Sie ist als Beweis nicht zulässig.«
    Meine Güte, er entwischte mit einer Pirouette durch sein eigenes Schlupfloch. Ich denke, das war typisch für ihn.
    Doch jetzt war ich an der Reihe mit Kopfschütteln. »Wie konnten Sie das tun, David?«
    »Was tun?«, fragte er.
    »Erklären Sie mir zumindest eine Sache«, bat ich. »Warum haben Sie LaGrange umgebracht?«
    »Weil er versucht hat, Sie umzubringen. Ich habe Ihr Leben gerettet«, erklärte er. »Wie schnell man doch vergisst.«
    »Halten Sie mich für so dumm?«, fragte ich ihn.
    »Halten Sie mich für so dumm?«
    »Nein, aber ich denke, irgendwo entlang des Weges haben
Sie völlig den Unterschied zwischen richtig und falsch vergessen, Sorren. Sie wurden zynischer, als die Polizei erlaubt, und ich habe einiges an Zynismus kennengelernt, glauben Sie mir. Vielleicht wollten Sie tatsächlich große Dinge für die Stadt
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