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Rachedurst

Rachedurst

Titel: Rachedurst
Autoren: J Patterson
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er schließlich mit starkem italienischem Akzent.
    Diese Worte amüsierten Marcozza aus irgendeinem Grund. Sein käsiges Gesicht wurde rot, als er lachte, sein Fett am Hals schwabbelte wie Wackelpudding. »Eine Nachricht von Eddie? Mann, das hätte ich mir denken können. Du siehst auch aus wie einer von Eddies Jungs.«
    Er nahm die Serviette von seinem Schoß und wischte sich die fettige Rindersoße aus den Mundwinkeln. »Also, was ist los, Kleiner? Spuck’s schon aus.«
    Torenzi blickte nach rechts und links, als wollte er darauf hinweisen, wie nah die Nachbartische standen. Zu nahe. Capisce?
    Marcozza nickte und winkte den uneingeladenen Gast näher zu sich heran. »Etwas, das nur für meine Ohren bestimmt ist?«, fragte er, bevor er wieder in ein schwabbelndes
Kichern ausbrach. »Das muss aber was Lustiges sein. Etwa ein Witz? Lass hören.«
    An der gegenüberliegenden Wand stand ein Kellner auf Zehenspitzen auf einem Stuhl und wischte den chilenischen Seebarsch von der Kreidetafel. Ein Hilfskellner huschte mit einem grauen Eimer und den Resten eines Vierertisches an ihm vorbei. An der Bar stellte eine Kellnerin ein Glas Pinot noir, einen Wodka Tonic und zwei trockene Martini mit mandelgefüllten Oliven auf ihr Tablett.
    Langsam trat Torenzi neben Marcozza, stützte seine linke Hand auf den Tisch und öffnete seine rechte Faust, die er geschickt hinter seinem Rücken verbarg. Im selben Moment rutschte der kalte Stahlgriff eines Skalpells ziemlich elegant aus seinem Ärmel.
    Torenzi beugte sich vor und füsterte drei Worte. Nur drei. »Justitia ist blind.«
    Marcozza kniff die Augen zusammen, runzelte die Stirn und wollte fragen, was die Worte bedeuteten.
    Doch dazu bekam er keine Gelegenheit.

3
    Schneller, als das Auge wahrnahm, holte Bruno Torenzi mit dem Arm aus und versenkte das Skalpell tief in die aufgedunsene Falte über Marcozzas linkem Auge. Mit der Präzision und Geschwindigkeit eines Fleischers durchschnitt er im Uhrzeigersinn die Augenhöhle. Die Klinge bewegte sich so schnell, dass das Blut keine Zeit hatte zu fießen.
    »Argh!« war eine ziemlich gute Annäherung an das Geräusch, das Marcozza machte.
    Alle Gäste wandten sich ihm zu, als er in Todesangst schrie. Jetzt erst bemerkten sie Bruno Torenzi. Er war derjenige, der das Auge aus dem Gesicht des fetten Mannes wie aus einem Kürbis schnitt.
    »Argh!«
    Torenzi war mehr als fünfzig Kilo leichter als sein Gegner, was aber keine Rolle spielte. Er stand mit beiden Beinen fest auf dem Boden und hielt Marcozzas Kopf im Schwitzkasten, während Marcozza heftig zuckte und um sich schlug. Vorsätzlicher Mord war hier gleichbedeutend mit gezielter Hebelwirkung.
    Platsch!
    Wie eine Melonenkugel fiel Marcozzas Auge auf die weiße Leinentischdecke und rollte weiter, bis es liegen blieb.
    Dann das andere Auge. Ritsch, ratsch  … erstklassige Handarbeit.
    Doch das rechte Auge fiel nicht wie das linke heraus, sondern blieb an einem widerspenstigen roten Sehnerv hängen.
    Torenzi lächelte und vollführte eine Drehung mit dem
Handgelenk. Er war fast fertig mit seiner Vorstellung. Also haltet euch mit dem Applaus noch etwas zurück.
    Schnipp!
    Marcozzas rechtes Auge rutschte mit einem schmierigen Schwanz aus Fleisch und Venen vom Brotteller auf den Boden.
    Schließlich hatte auch das Blut seinen Auftritt und quoll aus den leeren Augenhöhlen. Medizinisch ausgedrückt, war die Augenarterie von der inneren Carotisarterie, der unter Hochdruck laufenden Halsschlagader zum Hirn, abgetrennt worden. Laienhaft ausgedrückt, war dies hier eine gottlose, schreckliche, widerliche Sauerei.
    Ein paar Tische weiter fiel eine in Chanel gekleidete Frau in Ohnmacht, während sich eine andere auf ihr Tiramisu übergab.
    Und Torenzi? Der steckte sein Skalpell einfach in die Brusttasche seines Zegna-Anzugs, bevor er sich zur Küche wandte, um den Hinterausgang zu benutzen – zurück ins helle Tageslicht.
    Doch bevor er dies tat, beugte er sich erneut vor, um Marcozza, der, über dem Tisch hängend, einen qualvollen, schäbigen Tod starb, seine Botschaft ins feischige Ohr zu wiederholen.
    »Justitia ist blind.«

Erster Teil
Ein Auftrag, für den es sich zu sterben lohnt

1
    »Halt dich fest, das wird eine Höllenfahrt.« Diese Worte werde ich nie wieder vergessen. Sie beschrieben nicht nur die nächsten Minuten, sondern die nächsten Tage meines Lebens.
    Ich hatte tief schlafend unter den leuchtenden Sternen am afrikanischen Nachthimmel gelegen, vor dem ärmlichsten Dreck der
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