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Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4
Autoren: Robert Low
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entgegnete ich, und ich brauchte nicht zu schreien, um gehört zu werden. Einige lachten leise, ein Betrunkener johlte, und der rote Njal fügte hinzu: » Selbst für einen Bären nicht«, und erntete lautes Gelächter.
    In der Halle erhob sich ein unterdrücktes Murmeln und Flüstern und langsam, wie zäher Honig, kam die Feierstimmung zurück.
    » Bist du den weiten Weg hergekommen, um mich zu warnen?«, fragte ich, als es wieder lauter geworden war. Olaf wurde rot, weil ich offenbar erraten hatte, dass das nicht der einzige Grund war.
    » Nun, ich hätte gern die Trommel von deinem Seefinnen«, sagte er. » Wenn sie uns Sieg verspricht– wirst du mir dann bei der Verfolgung von Randr Sterki helfen?«
    Vuokko, der Seefinne, war erst vor wenigen Monaten zu uns gestoßen. Er hatte den Runenmeister Klepp Spaki gesucht, der im Tal nördlich von hier an unserem Gedenkstein arbeitete. Vuokko hatte sich aus seinen Wäldern in Lappland auf den Weg zu uns gemacht, um von Klepp die Geheimnisse unserer Runen zu lernen, und niemand war überraschter als ich, dass der Runenmeister sich damit einverstanden erklärte.
    Natürlich musste Vuokko Klepp im Gegenzug auch seinen Seidr-Zauber lehren, der den kleinen Seefinnen bereits berühmt gemacht hatte. Da Seidreine fremdartige und wenig mannhafte Sache war, gab es allerdings auch viel Gerede darüber, was die beiden in ihrer Hütte dort im Tal wohl trieben– aber nur hinter vorgehaltener Hand, denn als Runenmeister war Klepp schließlich ein bedeutender Mann.
    Vuokko war ein ausländischer samischer Zauberer, dem man nicht trauen konnte. Doch wie es schien, kamen Menschen übers Meer, nur um den Klang seiner Trommel zu hören, die mit Runen beschriftet war, und um die drei goldenen Frösche darauf tanzen zu sehen, womit denen, die mutig genug– oder dumm genug– waren, Odins Weisheit enthüllt wurde.
    Thorgunna brachte jetzt Finn, Onund Hnufa und dem roten Njal Bier. Die drei hatten ihre Köpfe zusammengesteckt und schwatzten und lachten. Thorgunna lächelte, und dieser Anblick– meine Frau und meine Freunde– machte mich froh. Als sie weiterging, strich sie sanft über ihren Bauch, und angesichts dieser Geste erfasste mich eine solche Welle von Glück, dass ich vor Freude fast geplatzt wäre.
    » Wirst du mir helfen, Randr, den Mörder Sigurds, aufzuspüren?«
    Seine Stimme, hoch und dünn vor Ungeduld, beendete meine angenehmen Träume mit einem Schlag. Ich sah ihn an und seufzte, und er runzelte die Stirn.
    Um die Wahrheit zu sagen, ich hatte keinerlei Lust dazu. Wir hatten unseren Reichtum und unseren Ruhm teuer bezahlt– zu teuer, dachte ich oft, und der Gedanke an ständige Nässe, an hartes Brot und schmerzende Glieder, selbst nur bis Aldeigjuborg, ließ mich zurückschrecken. Doch das wäre fast noch eine Vergnügungsreise verglichen mit dem, was uns erwartete, wenn wir mit diesem Halbwüchsigen zusammen loszögen, um die gesamte Ostsee nach Randr Sterki abzusuchen.
    Ich sprach es aus. Ich sagte nicht, dass Randr Sterki einen guten Grund hatte, Rache zu suchen, und dass Krähenbein bei unseren Schandtaten auf Svartey nicht ganz unbeteiligt gewesen war.
    Ich hörte förmlich, wie die Luft aus ihm wich. Er reagierte enttäuscht und zugleich gereizt, denn der junge Krähenbein ertrug es nur schwer, wenn man ihm etwas abschlug.
    » Es geht schließlich um einen Sieg und um Ruhm für dich«, sagte er mit verdrossenem Gesicht.
    Ruhm hatte ich bereits genug, und ein Sieg kann am Ende genauso blutig sein wie eine Niederlage– und das war in diesem Fall die Kehrseite der Medaille. Er runzelte die Stirn. Ich versuchte mir vorzustellen, wie er mich sah. Wahrscheinlich wirkte ich auf ihn wie ein alter, verbrauchter Mann, aber das war die Sicht eines Zwölfjährigen, und fast hätte ich gelacht. Doch es dauerte nicht lange, bis Krähenbein sich wieder beruhigt hatte und verbindlich lächeln konnte; ein weiteres Ergebnis seiner Erziehung zum Prinzen am Hofe von Wladimir.
    » Ich möchte trotzdem die Trommelfrösche für mich tanzen lassen«, sagte er, und ich nickte.
    Als hätte er es gehört, kam Vuokko in die Halle. Er war so leise eingetreten, dass eine der jungen Sklavinnen, die immer noch selbstvergessen diese gut gebauten Krieger anstarrte, aufschrie, als der Seefinne plötzlich neben ihr stand.
    Die Männer lachten, wenn auch etwas verunsichert, denn Vuokkos Gesicht sah aus wie eine Maske, die man in der Winterwende zum Mummenschanz trägt und die zu lange im Regen gelegen
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