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Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4
Autoren: Robert Low
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nach rechts und dann nach oben, als suche er Gott unter dem niedrigen Dach; dann grinste er sein schwarzes, zahnlückiges Grinsen.
    » Dies ist keine große Halle«, gab er zu, » aber im Moment reicht es mir.«
    » Wenn du keiner von uns bist«, hielt Drostan am Thema fest, während er versuchte, Sueno wärmer zuzudecken, » warum bist du dann hier?«
    Er lehnte sich zurück und machte eine Handbewegung, mit der er die ganze keeill einbezog, wobei er sich an der rauen Wand fast die Knöchel aufgeschrammt hätte. Ein Viereck, so lang und breit wie zweieinhalb große Männer, mit einem Dach, unter dem man kaum aufrecht stehen konnte. Es war das, was im Hochland von Mann als Kapelle galt und wie sie Drostan und Sueno ebenfalls bewohnten. Sie brachten Gottes Wort von der Cele Dei– der Culdee-Kirche der Insel– zu allen, die sich einfanden, um es zu hören. Sie waren Cenobiten, Angehörige eines Mönchsordens, die in die Welt hinausgegangen waren und als Einsiedler lebten.
    Dieser Mönch jedoch war ein richtiger Priester aus Hammaburg, ein geweihter Mann, der predigen, die Sakramente spenden und andere unterrichten durfte, andererseits aber im engsten Sinne des Wortes auch ein gottgefälliges Leben führte, denn er hatte die Gelübde abgelegt und lebte in der Betrachtung Gottes. Doch es ärgerte Drostan, dass dieser merkwürdige Gottesmann behauptete, die personifizierte Vollendung des Religiösen zu sein– obwohl er den Glauben der Cele Dei nicht teilte und auch keine christliche Nächstenliebe zu kennen schien.
    Drostan schluckte seinen Ärger hinunter, denn er musste zugeben, dass der Priester recht hatte und Sueno tatsächlich im Sterben lag, und im Stillen bat er Gott um Verzeihung für seinen Hochmut.
    » Ich warte auf ein Zeichen«, sagte der Priester aus Hammaburg schließlich. » Ich habe Gott beleidigt, und doch weiß ich, dass er noch nicht mit mir fertig ist. Ich warte auf ein Zeichen.«
    Er setzte sich etwas bequemer hin, und Drostans Blick fiel auf seinen Fuß, an dem er weder Schuh noch Sandale trug, aber an diesen Fuß hätte auch nichts gepasst. Die Hälfte fehlte, er hatte keine Zehen, und der Spann war eine einzige große Narbe. Es musste schmerzhaft sein, ohne Stock oder Krücke damit zu gehen, und Drostan entschied, dass dies wohl ein Teil der Buße war, die dieser merkwürdige Priester sich auferlegt hatte, während er auf ein Zeichen wartete.
    » Womit hast du Gott beleidigt?«, fragte er, eigentlich nur aus halbem Interesse, denn er war weitaus mehr damit beschäftigt, Sueno etwas wärmer zuzudecken.
    Einen Augenblick war es still, dann schien der Priester aus einem Traum zu erwachen.
    » Ich habe sie verloren«, sagte er sachlich. » Sie war mir anvertraut worden, und ich habe sie verloren.«
    » Die christliche Nächstenliebe?«, fragte Drostan, ohne ihn anzusehen, sodass er das zornige Glitzern in den Augen des Priesters nicht sah, die sich gleich darauf wieder trübten wie eine klare Wasserfläche, über der sich eine Wolke ausbreitet.
    » Die habe ich schon vor langer Zeit verloren. Die haben mir die Dänen abgenommen. Ich hatte sie, und ich verlor sie.«
    Drostan vergaß Sueno und starrte den hakennasigen Gottesmann unverwandt an.
    » Die Dänen?«, sagte er und bekreuzigte sich. » Gesegnet sei dieses Wetter, Bruder, denn das hält uns die Dänen aus Dyfflin vom Hals.«
    Der Priester aus Hammaburg machte sich plötzlich eifrig am Feuer zu schaffen, sodass es kurz aufflackerte, ehe das feuchte Holz die Oberhand gewann und es wieder nur glimmte und qualmte.
    » Ich hatte sie, draußen im Osten, in der Steppe von Gardariki«, fuhr er fort, als spreche er mit der Dunkelheit. » Ich habe sie verloren. Sie liegt dort und wartet– und ich warte auf ein Zeichen von Gott, das mir sagt, ich hätte nun für meine Verfehlungen lange genug Buße getan und sei würdig, sie zurückzuholen. Erstens das– aber dann müsste ich ja auch wissen, wo sie ist.«
    Drostan war sprachlos. Er hatte zwar von Gardariki gehört, dem Gebiet der Rus-Slawen, aber es war immer nur ein vager Ausdruck gewesen für etwas, das unvorstellbar weit entfernt liegt, so weit, dass es eigentlich ins Reich der Legende gehört– und hier war jemand, der dort gewesen war. Oder zumindest behauptete er es; schließlich hatte Drostan gehört, dass dieser Einsiedler, dieser Mönch, nicht ganz richtig im Kopf sei.
    Er beschloss, keine näheren Einzelheiten über seinen plötzlichen Besuch zu erzählen, wie er Sueno bis hierher fast
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