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Rache: Die Eingeschworenen 4

Rache: Die Eingeschworenen 4

Titel: Rache: Die Eingeschworenen 4
Autoren: Robert Low
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Füßen auf.
    Einen Augenblick war es still– dann erschienen weitere Männer im Dunkeln, die Ospak geweckt hatte. Sie waren bewaffnet und gesellten sich zu Finn, der noch immer verdutzt dastand.
    » Ich glaube, jetzt sollte mir erst mal jemand mit Jarl Orm helfen«, sagte Krähenbein. » Vielleicht du, Styrbjörn, da du uns alle in diese Lage gebracht hast.«
    Styrbjörn fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, er sah von einem zum anderen und hätte vielleicht am liebsten daran erinnert, dass es eigentlich Krähenbeins blutige Rache war, die all dies ausgelöst hatte. Doch er sagte nichts und starrte nur auf den gefallenen Riesen, der einst Randr Sterki gewesen war, und die Angst vor einem weiteren bösen Zauber stand ihm ins Gesicht geschrieben.
    Aber hier war kein Zauber am Werk, wie Krähenbein erklärte.
    » Das war ein großes Glück für dich, Jarl Orm«, sagte er und ging an dem Mönch vorbei, der immer noch im Gras saß und sich den Kiefer massierte, den Randr getroffen hatte, seine linke Hand lag reglos auf seinem Knie, wie eine weiße Spinne. Krähenbein hob mein Schwert auf, gab es dem verblüfften Finn und sah mich vorwurfsvoll an.
    » Du hättest wirklich besser zuhören sollen, als ich dich darauf aufmerksam machte, wie der Mönch isst«, sagte er.
    Ich kniff die Augen zusammen, dann verstand ich endlich. Leo aß nur mit der rechten Hand– wie ein Muselmann, hatte Krähenbein gesagt. Aber er tat ja alles mit der rechten Hand. Ich hatte Leo nie seine linke Hand benutzen sehen, außer wenn er jemanden schlug. Es war reine Zeitverschwendung gewesen, nach einer versteckten Nadel zu suchen.
    Der Mönch zuckte die Schultern und hielt seine weiße Spinnenhand hoch, mit den zwei langen Fingernägeln an Daumen und Zeigefinger, die, vom Gebrauch etwas gespalten, drohend im Mondlicht leuchteten.
    » Ich habe keine Ahnung, wie viel noch übrig ist«, sagte er, » nach so langer Zeit und ohne es zu erneuern.«
    Immerhin genug, um Randr Sterki umfallen zu lassen wie einen nassen Sack, dachte ich, aber aussprechen konnte ich es nicht mehr. Ich sah Leos nichtssagendes Lächeln, und sein Gesicht verschwamm wie unter Wasser. Jetzt kamen auch Bjaelfi und andere angelaufen und wollten wissen, was los sei.
    » Du bist stark«, sagte Leo zu mir aus dem Nebel. » Mit Gottes Hilfe und etwas Glück werden wir alle sicher nach Konstantinopel kommen.«
    » Ja«, sagte Finn, der die beiden Schwerter fest umklammert hielt und den vergifteten Randr Sterki noch immer ungläubig ansah. » Du hast tatsächlich unseren Jarl gerettet, Mönch– aber du wirst schon entschuldigen, wenn ich nicht zum Dank dafür dein Handgelenk umfasse.«
    Hestreng im Hochsommer
    Der Felsen war alt und fleckig. Nur ein Stein auf einem Berg, abgeflacht, aber mit einer Vertiefung, gerade groß genug für einen winzigen Körper. Hier also hatte Odin das Opfer gefordert, das ich ihm angeboten hatte, doch nach so langer Zeit sah man nichts mehr davon, denn längst hatten Vögel und Füchse es sich geholt.
    Es war eine lange, schwere Entbindung gewesen, wie Aoife mir sagte, sie weinte bei der Erinnerung daran. Das Kind– ein Junge– war mit einem zu großen Kopf geboren, ein Bein war zu kurz, und der kleine Brustkorb rang nach Atem, sodass Aoife und allen anderen klar war, dass dieses Kind von innen und außen geschädigt war.
    Es war das letzte Kind, das Thorgunna zur Welt bringen konnte, und sie wusste, dass dieses winzige, verkrüppelte Ding das einzige Kind war, das sie jemals haben würde. Der einzige Sohn für einen Mann, von dem sie nicht einmal sicher sein konnte, ob er jemals nach Hause kommen würde.
    Und doch lebte es, also tat Thorgunna das, was alle gewissenhaften Frauen taten, wenn sie ein Kind bekamen, das nie normal sein würde. Sie war mit ihm an diesen Ort gegangen und hatte es den Göttern geopfert, damit sie es sicher und warm in ihre Halle brachten, und hatte es nackt auf dem Fels zurückgelassen.
    Sie war nie dorthin zurückgegangen, sagte Thordis, selbst nachdem sie vom Rand des Todes zurückgekehrt war. Nicht einmal, sagte Thordis anklagend, solange ich fort war.
    Und doch hatte das Kind auf dem Felsen in Thorgunnas Fantasie weitergelebt, sodass sie an nichts anderes denken konnte und Tag für Tag dasaß und vor sich hinstarrte. Sie hatte ihr eigenes Leben auf diesem Fels zurückgelassen, alles, was sie war und was sie jemals sein würde.
    Es war eine lange und schmerzhafte Geschichte, als Thordis mir erzählte, wie Thorgunna sich
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