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Quellen Der Lust

Quellen Der Lust

Titel: Quellen Der Lust
Autoren: B Krahn
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dass Ridgemoor sein jahrzehntelanges Verhältnis mit Mrs. Ralston vor einem Jahr gelöst hatte. Konnte sie als verstoßene Frau Rache gesucht haben? Oder waren es politische Motive, die sie leiteten? War sie vielleicht eine Feindin der Krone und hatte geholfen, Ridgemoor zu erledigen, ehe er Premierminister werden konnte?
    Simons Informationsquellen zufolge verließ Mrs. Ralston ihr Anwesen in dem kleinen Dorf Little Longstone nur selten, und der Earl war in London ermordet worden. Aber eine Kutschfahrt nach London dauerte nur drei Stunden. Was wäre geschickter, als ein zurückgezogenes Leben zu führen und sich dann heimlich davonzuschleichen, um ein Verbrechen zu begehen?
    An diesem Abend zum Beispiel hatte Mrs. Ralston ihr Cottage vor fünf Minuten verlassen. Sie hatte nur einen Diener, einen Riesen mit Namen Baxter, der – davon hatte Simon sich überzeugt – im Augenblick in der Dorfschenke saß, einen Krug Ale in der Hand. Wenn Mrs. Ralston vor Baxter ins Haus zurückkehrte, würde niemand wissen, dass sie den Abend nicht in ihrem Cottage verbracht hatte.
    Niemand außer dem, den sie treffen wollte.
    Und Simon.
    Simon stand in den dunklen Schatten der Bäume, die ihr Heim umgaben, und hatte ihr nachgesehen, wie sie den Pfad hinunterging, der zu den heißen Quellen auf ihrem Anwesen führte sowie zu einigen benachbarten Cottages. Er hatte erfahren, dass eines dieser Häuser im Augenblick leerstand und ein anderes vor einigen Monaten an einen Künstler vermietet worden war, einem Mr. Blackwell.
    War Mrs. Ralston zu den heißen Quellen unterwegs oder zu dem Künstler? Oder hatte sie ein anderes Ziel im Sinn? Simon wusste es nicht. Und so gern er ihr auch gefolgt wäre, gerade jetzt war ihr Cottage verlassen, und er musste die Gelegenheit nutzen, um die Alabasterschatulle zu finden, die den Beweis für seine Unschuld enthielt.
    Lautlos hastete er den kurzen Weg zum Haus entlang. Er zwängte ein dünnes Stück Metall zwischen die Flügeltüren, die ihm am nächsten waren, und schob es geschickt über das Schloss. Das Glück war auf seiner Seite, denn just in diesem Moment verbargen Wolken den Mond und die Sterne.
    Tief atmete er die kühle Luft ein, die bereits einen Hauch des nahenden Herbstes mit sich brachte, öffnete die Türen und schlüpfte in einen gut eingerichteten Wohnraum. Während seiner Suche achtete er darauf, alles so zurückzulassen, wie er es vorgefunden hatte, und bemerkte, dass Mrs. Ralston ein sehr gutes Auge für Möbel besaß.
    Auch ihre Schwäche für Kunst war unübersehbar: Gerahmte Bilder bedeckten die cremefarbenen Wände, von Landschaften über Zeichnungen bis hin zu illustrierten Gedichten und Miniaturporträts.
    Soweit er bisher herausgefunden hatte, seit er vor zwei Tagen ihren Namen zum ersten Mal gehört hatte, war Genevieve Ralston keine reiche Frau. Doch ihre Besitztümer sprachen von einigem Wohlstand. Wie konnte sie sich solche Dinge leisten? Waren es Geschenke von einem großzügigen Wohltäter – oder die Bezahlung für einen Mord?
    Ein lautes Miauen störte seine Überlegungen, und er blickte zu Boden. Eine große schwarzweiße Katze sah zu ihm auf und schlug mit dem pelzigen Schwanz.
    „Freund oder Feind?“, fragte er leise.
    Die Katze strich an seinen Stiefeln entlang und legte sich dann zwischen seine Füße.
    „Also Freund.“ Er hockte sich nieder, um das große Tier zwischen den Ohren zu kraulen, und wurde dafür mit dem lautesten Schnurren belohnt, das er je gehört hatte.
    „Das gefällt dir, was?“ Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel, während die Katze einen Laut ausstieß, der wie ein zufriedenes Seufzen klang.
    „Du musst eine Dame sein. Du bist viel zu hübsch für einen Jungen.“
    Noch einmal bewegte sie den Schwanz, dann ging sie gerade so weit weg, dass er sie nicht mehr erreichen konnte, und sah ihn dann an, als wollte sie sagen: Wenn du mich weiterhin streicheln möchtest, dann musst du schon hierher kommen.
    Simon lachte leise. Eindeutig weiblich.
    Er streckte den Arm aus, strich der Katze noch einmal über das Fell, und stand schließlich auf. „Auch wenn ich dir sehr dankbar bin, dass du kein großer Hund bist, so fürchte ich doch, dass ich keine Zeit mehr für dich habe.“
    Jawohl. Die Zeit schritt voran, und nirgends in dem Wohnzimmer gab es eine Alabasterschatulle. Er ging weiter zum Speisezimmer, zur Bibliothek und ins Frühstückszimmer, gefolgt von der Katze, die ihm dabei unentwegt um die Beine strich. Kunstgegenstände und
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