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Puck

Puck

Titel: Puck
Autoren: Hans G. Bentz
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Zweibein herbeizurufen, das ihn aufs Gäßchen führen konnte, wo ihm die Verdauung gestattet war. Es kam aber niemand, und andererseits war das Naturereignis nicht aufzuhalten. So galt es denn, einen geeigneten Platz zu suchen, und was war zweckentsprechender als die Fußmatte vor der Badewanne? Puck drehte sich ein paarmal im Kreis wie vor Tausenden von Jahren seine Urahnen, die mit diesen Bewegungen das Steppengras niedertreten mußten, und dann ging die Sache vonstatten.
    Er beroch das Geschaffene aus vorsichtiger Entfernung und hatte nun das dringende Gefühl, daß Unheil im Anzug war. Da war es wohl das beste, man ging wieder ins Körbchen und stellte sich schlafend; so konnte niemand vermuten, daß er es gewesen sei.
    Aber ach, so riesenhaft wie ihre Gestalt war auch der Verstand der Zweibeiner! Kaum hatte Luise mit zerzausten Haaren und leicht schmutziger Vormittagsschürze herzhaft gähnend das Badezimmer betreten, als sie den Schandfleck sogleich entdeckte: »Um Himmels willen! Du abscheuliches Schwein!« rief sie, indes ihr Gesicht sich vor Zorn rötete. Puck machte schnell die Augen zu, aus denen er für einen Moment zu ihr hinübergeblinzelt hatte, aber es half keine Verstellung. Erbarmungslos begannen ihre hornigen Finger, die immer leicht nach Zwiebeln rochen, auf seinem Hinterteil zu tanzen. Es regnete Ohrfeigen hinterher, und schmerzhaft stieß sie ihn sogar mit der empfindlichen Nase in den Kot und die verschiedenen Pfützen, die er um das Geschaffene herum angelegt hatte. Sein ganzes Sein war Schmerz und Wut, und er schrie es laut heraus. Seine Schreie wiederum lockten das Herrchen herbei, und das machte seiner Qual ein Ende, denn er wurde den Händen Luises entrissen.
    »Sie werden ihn noch verletzten, und dann muß ich den Arzt bezahlen!« zeterte Cambon.
    »So ein Drecksack! Als ob man sich nicht schon ohne das Vieh zu Tode arbeitete!« fauchte Luise zurück.
    Wenn es ihr nicht passe, könne sie ruhig gehen, erklärte Cambon, und: »Ja, weiß Gott, das tue ich!« gab die empörte Köchin zurück.
    Damit war der Fall für die nächsten Tage erledigt. Cambon und Luise bemühten sich beide, ihn in Vergessenheit sinken zu lassen, und begegneten einander mit betonter Höflichkeit. Dafür fanden sie sich in gemeinsamer Strenge gegen Puck.
    Ach, nur wenige Lichtpunkte hatte sein kleines Hundeleben. Er machte sich keine Gedanken über dessen Sinn, aber er fühlte unbewußt, daß seine federnden Muskeln, sein schlanker, stählerner Körper zum Dahinsausen, seine guten Zähne zum Beißen, Zerren und Zerreißen geschaffen waren. Und zu all diesen Dingen hatte er so verflucht wenig Gelegenheit!
    Nach dem Aufstehen ging Luise mit ihm Milch holen. Sie fuhren mit dem Fahrstuhl hinunter, und so hatte Puck nur im Vorübersinken Gelegenheit, eine Nase voll des aufregenden Katzengeruchs im zweiten Stock zu nehmen und im Erdgeschoß unter der Türritze hervor den warmen Dunst der Airedalehündin. Man zerrte ihn schnell zur Tür, und nun stand er draußen auf dem sogenannten Platz. Die Welt war verhext. Wohin war seine Erde verschwunden, wohin die schöne, saubere, frische Luft? Stein ringsum, Glas, Metall und unendlicher Lärm von sausenden, stinkenden Autos und von Elektrischen, die kreischend in die Kurven bogen. Eine Welt voll künstlicher Gerüche, Geräusche und dazu tausend und abertausend Füße, die das Pflaster schlugen und alle fremd waren.
    Auf dem »Platz« gab es nur fünf Bäume und ein paar schwindsüchtige Büsche, die allerdings eine Fülle interessanter Gerüche ausströmten. Was nutzte das aber, wenn man ihm kaum Zeit ließ, das Notdürftigste zu erledigen? Schon war er wieder vor einem Laden angebunden. Auf dem Damm sausten die Benzintiere brüllend hin und her. Er saß mit dem Fellpopo auf dem Pflaster und zitterte vor Kälte und Aufregung mit den dicken Fellbeinchen, die steif nach vorn gestreckt waren.
    Ab und zu kam ein fremdes Zweibein und streichelte ihn. Manchmal gab’s auch etwas zu fressen, aber sein Herrchen hatte ihm streng verboten, von Fremden zu nehmen, und der Hunger war auch nicht allzu groß. Mitunter kam ein Kollege, und das gab dann ein fröhliches Beriechen oder auch einen kleinen Kampf. Im angebundenen Zustand ging das jedoch gewöhnlich schlecht für Puck aus. Er verwickelte sich meist schon bei der ersten Runde in die Leine und wurde böse zugerichtet.
    Drinnen im Milchladen berichtete Luise ausführlich die neuesten Schandtaten ihres Herrn, vergaß darüber die Zeit, und
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