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Puck

Puck

Titel: Puck
Autoren: Hans G. Bentz
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von dort interessiert zu. Plötzlich, ein weißer Blitz, war Puck am Gitter und schlug die Fänge in die Drahtmaschen. Darling seinerseits vergaß die halb durchgebissene Vorderpfote. Sie fauchten Nase an Nase, ohne sich erreichen zu können.
    Als erster gab Darling diesen sonderbaren Kampf auf, weil Cocktail, der dritte Rüde, die Gelegenheit wahrnahm, ihn ins kurze, dünne Schwänzchen zu zwicken. Fauchend fuhr Darling herum, fiel über Cocktail her und lochte dessen Ohr wie ein Straßenbahnbillett. Der arbeitslose Puck, unfähig, an dieser herrlichen Keilerei teilzunehmen, raste am Gitter auf und ab. Als er keinen Ausweg fand, hob er — mit einigen Wundschmerzen — das Bein und sandte wenigstens einen Strahl der Erregung durch die Maschen des Drahtes.
    Oft stand er jetzt am Gitter und starrte in die Weite. Neben dem Zwinger lag ein Feld mit vielen bunten Blumen, von denen aus die merkwürdigsten Gerüche herüberdrangen. Puck versuchte sie zu sortieren. Der warme, milchige Geruch kam von den großen plumpen Tieren mit den gebogenen Hörnern auf dem Kopf, die den ganzen Tag Gras ausrissen und gegen Abend am Zaun standen und traurig brüllten, bis ein kleiner Zweibeiner mit einem Stöckchen und kurzen Hosen, der ihnen knapp bis zum Bauch reichte, sie abholte und forttrieb. Dann etwas weiter entfernt noch andere, kleinere Hörnertiere, die ein klägliches »Määäää« ausstießen und einen scharfen Geruch verströmten, bei dem sich Pucks Nase schnüffelnd in die Höhe hob. Und dann gab es noch etwas, das manchmal durch das Feld huschte und so roch, daß sich ihm die Haare sträubten und er einen wilden Versuch machte, mit schnellen Grabepfoten das Gitter zu unterwühlen. Es richtete sich manchmal auf, zeigte lange Ohren und schob auf komische Weise das Maul mümmelnd hin und her. Beim Anblick dieses Wesens kam der einsame Hund auf den umstürzenden Gedanken, daß es neben den Zweibeinern und den Hunden noch etwas anderes geben müsse, etwas, das mehr zu ihm als zu den Zweibeinern gehörte und das man mit fliegenden Pfoten jagen müsse, jagen im roten Delirium des Rausches, bis man das andere, das fremde Fell zwischen den Fängen hatte, sein Blut schmecken konnte...

Berlin

    Zunächst aber trieb das Schicksal den kleinen weißen Hund mit dem schwarzbraunen Ohr auf ganz andere Bahnen von dannen. Eines Morgens bekam der Züchter ein Telegramm aus Berlin. Seine Augen leuchteten auf, als er es las, dann rief er seine Frau: »Sieh her! Wir werden berühmt! Telegramm direkt aus Berlin: >schickt sofort foxlrüden nicht unter vier monaten<.«
    Die Frau trocknete sich die Hände an der Schürze: »Fein, da müssen wir Ehre einlegen. Welchen wollen wir schicken?«
    Der Mann überlegte: »Der Schönste ist natürlich Puck.«
    »Ja, das wollte ich auch sagen. Außerdem nimmt er so viel Platz weg, weil wir immer einen Zwinger für ihn allein haben müssen.«
    »Du magst ihn nicht...«
    »Er ist unverträglich.«
    »Es ist das gute, heiße Blut! Ich sage dir, in dem Hund steckt allerhand.«
    »Mag sein...«
    Nachdenklich ging der Züchter zum Zwinger. Das Telegramm noch in der Hand, starrte er über das Gitter. Puck kam vorsichtig wedelnd näher, sah zu ihm auf. Sein sechster Sinn sagte ihm, daß irgend etwas anders war als sonst, und ihm war nicht geheuer.
    »Ja, little boy«, sagte der Züchter, »es muß geschieden sein...«
    Ihn befiel, wie jedesmal, eine dumpfe Bedrückung, weil er nicht wußte, welchen Schicksalen seine kleinen Zöglinge entgegengingen. Selten nur hörte er, was aus diesem und jenem wurde. Würde man diesen Kleinen hier vor Erkältung behüten, die empfindlichen Nieren schützen, ihn hindern, daß er sich seine schönen Zähne durch Steineschleppen abschliff?
    »Na komm, Junge«, sagte er rauh, »take it easy!« Und seine große Hand griff übers Gitter, packte das kleine zappelnde Fellbündel am Genick und zog es zu sich empor. Einen Augenblick hielt er es an seiner Brust, sah in die klugen braunen Augen, die sich jetzt schalkhaft verdrehten, als die Schnauze an seiner Krawatte zog und eine kleine Krallenpfote sein Hemd kratzte. Der Mann sah sich einen Moment scheu um, dann küßte er das glatte Fellköpfchen.
    »Also los!« sagte er dann unnötig laut, nahm den Rüden unter den Arm, setzte ihn auf den Tisch, frisierte ihn, gab ihm Milch zu trinken, wischte ihm die Augen aus und steckte ihn dann in eine Kiste. Hinter den Gitterstäben hervor weinte es erbärmlich, aber der Mann verhärtete sein Herz
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