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Projekt Wintermond

Projekt Wintermond

Titel: Projekt Wintermond
Autoren: Glenn Meade
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heftete er das Einreiseformular an eine Seite des Passes, stempelte ihn und reichte ihn mitsamt dem Ticket an Nadia zurück.
    »Danke, Ma’am. Angenehmen Aufenthalt in New York.«
    Doch damit war die Prozedur noch nicht überstanden. Nadia holte ihren Koffer vom Band, besorgte sich einen Gepäckwagen und näherte sich dem Zoll. Sie schob den Wagen mit einer Hand und drückte das Baby mit der anderen an ihre Brust. Die kleine Tamara hielt sich am Gepäckwagen fest.
    Wieder stieg schreckliche Angst in Nadia auf. Ihr Herz pochte wild. Sie wiegte den Säugling in den Armen und flüsterte: »Schlaf, Alexi, schlaf.« Langsam schritt sie auf den zehn Meter entfernten Zollschalter zu, an dem mehrere uniformierte Beamte standen. Eine automatische Tür führte in den Ankunftsbereich.
    Die Freiheit ist zum Greifen nahe, dachte Nadia. Alles, was ich mir für Tamara wünsche, ist jetzt in Reichweite.
    Sie sagte sich wieder und wieder, dass alles gut ginge, doch ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Die Männer hatten ihr erklärt, dass die Zollbeamten die Passagiere oft gar nicht anhielten. Vor allem darfst du sie nicht ansehen, darfst keinen Blickkontakt herstellen und auf gar keinen Fall Angst oder Misstrauen zeigen. Diese Männer können Angst riechen wie Spürhunde. Verhalte dich wie ein ganz normaler Passagier, der nichts zu verbergen hat.
    Nadia rief sich diese Tipps in Erinnerung. Trotzdem kostete es sie unendliche Mühe, Ruhe zu bewahren, als sie sich mit dem Gepäckwagen und dem Baby auf dem Arm dem Abfertigungsbereich näherte. Die meisten Fluggäste passierten ungehindert den Zoll; die Beamten schienen kein Interesse zu haben, jemanden anzuhalten – auch Nadia nicht. Nur einer der Zollbeamten schaute sie an, als sie ihr Baby in den Armen wiegte und leise, aber vernehmlich sagte: »Schlaf, Alexi.«
    Der Mann hielt sie nicht auf. Nadia fiel ein Stein vom Herzen. Doch als sie sich dem Ankunftsbereich näherte, legte ein anderer Zollbeamter eine Hand auf ihren Gepäckwagen.
    »Ist das Ihr Gepäck, Ma’am?«
    Das Herz schlug Nadia bis zum Hals. »Da, mein… Gepäck.« Lass dir deine Nervosität nicht anmerken. »Folgen Sie mir bitte.« Wenn du angehalten wirst, tust du, was man dir sagt. Ganz ruhig bleiben, keine Angst zeigen.
    Nadia hatte schreckliche Angst, als sie den Wagen an den Schalter schob. Schwindel überkam sie, und sie hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
    Der Mann hob den Koffer vom Gepäckwagen und legte ihn auf den Metalltisch.
    »Würden Sie Ihren Koffer bitte öffnen?«, bat er sie.
    Nadia hatte Mühe, ihre Tasche aufzubekommen, als sie nach dem Schlüssel suchte. Sie schwitzte vor Angst. Spürte der Mann ihr Unbehagen? Endlich fand sie den Schlüssel. Mit dem Baby auf dem Arm schickte sie sich an, den Koffer zu öffnen. Ihre Hand zitterte leicht, und es gelang ihr nicht, den Schlüssel ins Schloss zu stecken. Der Mann sagte freundlich: »Lassen Sie mich das machen.«
    Er schloss den Koffer auf und durchsuchte ihre Habseligkeiten. Billige Kleidungsstücke und Unterwäsche von Nadia und den Kindern. Eine kleine, in Geschenkpapier eingewickelte Schachtel mit einer rosafarbenen Schleife lag zwischen den Sachen. Sofort zog sie die Aufmerksamkeit des Zollbeamten auf sich. Er legte sie zur Seite und durchsuchte die restlichen Sachen rasch und gründlich. Als er fertig war, nahm er die Schachtel auf. »Was ist darin, Ma’am?«
    »Ein Geschenk. Für meinen Cousin.«
    »Was für ein Geschenk?«
    »Eine Krawatte.«
    Der Mann schüttelte die Schachtel, hörte aber kein verräterisches Geräusch im Innern. Er musterte Nadia, schaute auf das Baby auf ihrem Arm und blickte hinunter auf Tamara. Dann wandte er sich wieder Nadia zu.
    »Mit welcher Maschine sind Sie geflogen, Ma’am?«
    Nadia antwortete langsam: »Flug 3572. Aus Moskau. Ich bin gerade erst gelandet.«
    Sie wiegte Alexi in den Armen, um ihre Nervosität zu bezwingen.
    Der Mann runzelte die Stirn. »Ist mit dem Baby alles in Ordnung?«
    »Es ist sehr erschöpft«, erwiderte Nadia. »Es war ein langer Flug.«
    Der Mann schaute nachdenklich auf die Schachtel in seiner Hand, als wüsste er nicht, wie er weiter vorgehen sollte. »Würden Sie bitte mit ins Büro kommen?«
    »Aber mein Baby! Ich muss mich um den Kleinen kümmern…«
    »Es dauert nicht lange.«
    Der Mann schob den Gepäckwagen zur Tür. Eine Kollegin öffnete ihm. Sie war klein, hübsch und dunkelhaarig und hatte mexikanisches Blut in den Adern. Auf dem
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