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Projekt Omega

Projekt Omega

Titel: Projekt Omega
Autoren: Peter Mennigen
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Rotlichtbranche schicke ich auf Ihren Rechner. Und Sie, Decker, besorgen sich morgen eine passende Garderobe für den Einsatz. Nichts für ungut, aber in Ihren Hosenanzügen gehen Sie beim besten Willen nicht als Sexmieze durch.«
    »Als was? « Decker zuckte zusammen.
    Ehe sie ihrer Empörung über die in ihren Ohren frauenfeindliche Bezeichnung Luft machen konnte, stand Cotton bereits neben ihr, packte sie unter dem Arm und hievte sie vom Stuhl hoch.
    »Kein Problem, Sir«, versprach er High, während er Decker aus dem Büro schob. »Wir kümmern uns um alles.«
    Kaum waren die beiden Agents in dem angrenzenden Großraumbüro, bugsierte Decker ihren Partner in eine Ecke, wo keiner sie sehen oder hören konnte. Es war schon nach einundzwanzig Uhr. Der Korridor vor ihnen war leer bis auf zwei uniformierte Wachmänner am hinteren Ende.
    »Wie stellt ihr Komiker euch meinen Undercover-Einsatz eigentlich vor?«, machte sie ihrem noch längst nicht verrauchten Ärger erneut Luft. »Soll ich mich etwa vor laufender Kamera entblättern, wenn irgendein schmieriger Regisseur ruft: ›Ausziehen‹?«
    »So weit wird es nicht kommen«, behauptete Cotton. »Sie werden sich vor keiner Kamera entblättern müssen. Sie müssen sich nur wie eine angehende Pornoqueen gebärden und kleiden.«
    »Darf ich fragen, mit welcher Rolle Sie zur Lösung des Falles beitragen wollen?«
    »Als Ihr Manager. Auf diese Weise habe ich immer ein aufmerksames Auge auf Sie.«
    »Das mit dem ›aufmerksamen Auge‹ kann ich mir gut vorstellen.« Decker atmete tief durch. »Ich schlafe jetzt erst mal eine Nacht über Ihren Vorschlag. Vielleicht sehe ich die Sache morgen mit anderen Augen. Ist zwar unwahrscheinlich, aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.«
*
    Cotton fuhr mit seinem Dienstwagen nach Brooklyn. In seinem Apartment wärmte er sich eine tiefgefrorene Pizza in der Mikrowelle auf. Nach dem Essen checkte er den Anrufbeantworter. Die rot blinkende Leuchtdiode signalisierte einen gespeicherten Anruf. Er drückte den Abspielknopf, worauf eine leicht hysterische Frauenstimme aus dem Lautsprecher drang: »Wir waren heute Abend verabredet, schon vergessen? Ich nicht. Ich hocke hier nämlich seit Stunden in dem dämlichen Restaurant und lass mich von Schnepfen in männlicher Begleitung mitleidig belächeln. Wenn du in Zukunft noch mal ausgehen willst, streich mich von deiner Liste. Am besten, du tust uns beiden den Gefallen und rufst mich nie wieder an.«
    Nachdem Cotton die Mitteilung mit einem Anflug von schlechtem Gewissen abgehört hatte, ging er in die Küche und setzte die Kaffeemaschine in Gang.
    Keine Frage, sein Job wirkte sich nicht zum Vorteil auf sein Privatleben aus. Seine sozialen Kontakte mit dem schönen Geschlecht entwickelten sich zurück, von »häufig« zu »sporadisch«, und waren auf dem besten Wege, sich in »nicht existent« aufzulösen. Von solchen Nebenwirkungen hatte ihm bei seinem Einstellungsgespräch beim FBI niemand etwas verraten.
    Er trat mit einer Tasse Cappuccino und einem Stapel Post, den er im Briefkasten gefunden hatte, auf den Balkon hinaus und nahm an einem kleinen Tisch Platz. Eine Weile saß er da und blickte in die samtene Nacht hinaus. Die Luft war immer noch behaglich lau. Aus einem Fenster in der Nachbarschaft erschallte das laute Gelächter einer Frau. Im Neonlicht von Straßenlaternen spielten Jungendliche auf einem Hinterhof Basketball.
    Mechanisch begann er die Briefe zu sortieren. Zwischen Werbesendungen hatten sich ein paar Rechnungen verirrt. Die Umschläge landeten allesamt ungeöffnet auf der Tischplatte. Cotton war zu angespannt, um sich aufs Lesen zu konzentrieren. Stattdessen schwenkten seine Gedanken zu dem Undercover-Einsatz. Beunruhigende Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Sie drehten sich ausnahmslos um Decker.
    Einsätze in der Rotlichtszene bargen eine ganze Reihe unerfreulicher Eventualitäten: Bandenfehden, Revierkämpfe, Ehrenkodexe und Imponiergehabe, das aus banalsten Gründen in eine tödliche Auseinandersetzung umschlagen konnte. Und in dieser Schlangengrube sollte Decker jetzt ermitteln. Nicht als Agentin des FBI, die aufgrund ihres Status über einen gewissen Schutz verfügte, sondern in der Rolle einer auf Abwege geratenen Frau. Niemand konnte voraussagen, wie hoch das Risiko und der Mangel an Kontrolle bei diesem Einsatz wirklich sein würden.
    An diesem Morgen war Cotton noch zuversichtlich gewesen, dass sie über den Einstieg in die Rotlichtszene Mrs Fallons Film
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