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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon
Autoren: Susanne Gerdom
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hinter dem Kopf. »Du hasst Gehorsam. Du willst dich nicht anpassen. Konformität und alles Militärische bringt dich zur Weißglut. Warum gehst du dorthin?«
    »Ich werde es lernen«, erwiderte er steif. »Habe ich eine andere Wahl?«
    Sie lachte. »Man hat immer eine andere Wahl«, sagte sie heiter.
    »Ich nicht«, erwiderte er grimmig. »Du vergisst, wer mein Vater ist. Niemand in meiner Familie hat die Möglichkeit, zu tun, was ihm gerade beliebt. Wir dienen dem Staat.«
    »Ach, Bullshit«, sagte sie und stand auf. »Dann diene mal schön. Aber übernimm dich dabei nicht.« Sie spülte ihr Glas aus und stellte es umgekehrt auf die zerkratzte Spüle. »Du findest raus.«
    Ravi saß noch eine Weile allein in der dunklen Küche, während die Sonne hinter den Dächern versank.
    Als er zur Tür ging, hörte er Ash rufen: »Kommst du noch mal vorbei, ehe du abreist? Für eine kleine Abschiedsparty – nur wir beide?«
    Er brummte eine Antwort und zog die Tür hinter sich zu.

2

    Von allen Göttern dein einz'ger Freund,
nahm ich dich auf.
Nun red' und rate klug!
    » A ram, sorgen Sie bitte dafür, dass ich in der nächsten Stunde nicht gestört werde. Danke!«
    Dellinger stand vom Schreibtisch auf und sah zu seinem Besucher hinüber, der am Fenster stand und die Aussicht zu genießen schien. »Draußen« war heute eine ländliche Idylle mit sanften Hügeln, Olivenbäumen und einer Ziegenherde zu sehen. Das entsprach nicht unbedingt dem Geschmack des Direktors, der modernen Stadtansichten und atemberaubenden Blicken ins Weltall solchen ruralen Idyllen und Genreszenen gegenüber den Vorzug gab. Aber eine Untersuchung hatte ergeben, dass die Mehrzahl der Menschen, die für den Plan tätig waren, bei solchen Fensteransichten sehr viel effektiver arbeiteten. Und da es den Dämonen vollkommen gleichgültig war, was sich außerhalb ihres eigenen Kopfes abspielte, waren die Fenster also hauptsächlich auf Landschaftsszenen programmiert worden.
    Nicht zum ersten Mal fragte sich Dellinger, warum er nicht längst ein eigenes Programm für sein Bürofenster in Auftrag gegeben hatte. Er war der Direktor, verdingst und zugenäht! War es ihm unwichtig, wie effektiv er arbeitete?
    »Gefällt dir die Aussicht?«, fragte er seinen Besucher. Der Klang seiner Worte implizierte, dass er nicht davon ausging, dass dem so war.
    Der andere, ein großer, rothaariger Mann mittleren Alters mit narbigem Gesicht, drehte sich um und zuckte gleichgültig die Achseln. »Ich bekomme seit geraumer Zeit überhaupt keine Aussichten mehr zu sehen. Mir würde sogar ein Panoramablick auf die städtische Müllkippe von Groß-London Abwechslung bereiten.«
    Dellinger lachte und deutete auf die kleine Sitzgruppe am Fenster. »Nimm Platz, mach es dir bequem. Zigaretten liegen auf dem Tisch, bedien dich. Etwas zu trinken?«
    »Single Malt, ohne Wasser, wenn du so was hast.« Sein Besucher ließ sich in einen der Ledersessel sinken und schlug die Beine übereinander.
    Dellinger betrachtete ihn aus dem Augenwinkel, während er sich ein Glas Mineralwasser mit Zitrone und dem anderen den gewünschten Whisky einschenkte. Sein alter Freund hatte sich verändert. Natürlich hatte er das. Bei den hellen und dunklen Mächten – auch er selbst war nicht im Mindesten mehr der, der er in seiner Jugendzeit gewesen war. Beinahe hätte er über die Absurdität dieses Gedankens laut gelacht.
    »Wie lange haben wir uns nicht gesehen?«, fragte er schmunzelnd.
    »Eine Ewigkeit«, murmelte sein Gast und nahm das Glas mit einem Nicken entgegen. »Ich habe dich nicht vermisst, falls du das glauben solltest.«
    Der Direktor lachte und ließ sich seinem Gast gegenüber in den Sessel fallen. »Du warst auch schon mal charmanter, mein Junge. Skál * .« Er prostete ihm zu.
    »Slainte mhath * «, erwiderte der andere und nippte an seinem Whisky. Er nickte anerkennend und wärmte das Glas in seiner Hand.
    Beide schwiegen und schauten sich nicht an. Dellinger räusperte sich nach einer Weile und lehnte sich im Sessel vor. »Ich wollte etwas mit dir unter vier Augen besprechen. Deshalb habe ich dich hergebeten.«
    Sein Gast nickte mit ausdrucksloser Miene. »Du gehst ein Risiko ein«, sagte er. »Wir sollten uns nicht zusammen blicken lassen. Mich könnte jemand erkennen – und du bist untergetaucht.«
    Dellinger schnaubte. »Es interessiert doch niemanden, dass ich von der Bildfläche verschwunden bin«, sagte er scharf. »Vergessen, abserviert, uninteressant. Niemand würde sich einen
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