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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon
Autoren: Susanne Gerdom
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starrte in seine Kaffeetasse. Das glatte, schwarzglänzende Haar hing in seine Stirn und verdeckte seine Augen. »Ich war nicht in der Stadt«, murmelte er.
    »Das weiß ich.« Sie verschränkte die Arme vor der Brust. Der Ärmel ihres Pullovers rutschte hoch und enthüllte die Tätowierung an ihrem Handgelenk. Ravi starrte sie unbehaglich an. Er kannte sie nur zu gut, die feine Girlande, die sich wie ein Reif um das Gelenk legte, die zierlichen Schnörkel, die erst auf den zweiten Blick freigaben, dass sie Wörter bildeten. Ineinander verschlungen, miteinander verschmolzen. Ashley. Ravi Surya. Zwei Namen, für die Ewigkeit ineinander verwoben.
    Er riss seinen Blick los und rieb mit dem Daumen über sein Handgelenk. Die gleiche Tätowierung. Die selben Namen. Er musste sich auch noch darum kümmern, dass das Tattoo entfernt wurde.
    Sie war seinem Blick gefolgt und schob den Ärmel wieder herunter.
    »Ich bezahle dir die Laserbehandlung«, sagte Ravi. »Es war eine dumme Idee – wir waren ganz schön betrunken, was?«
    Ash zuckte die Achseln. »Das hat nichts zu bedeuten. Es verschwindet irgendwann von selbst.«
    Ravi zog eine Braue empor. »Wie du meinst.«
    »Also, worauf wartest du? Entschuldigung angenommen. Du kannst gehen.«
    Er stand, ehe er selbst bemerkte, dass er sich erhoben hatte. Manchmal konnte sie das mit ihrer Stimme bewirken. Sie hatte diesen bestimmten Ton, der einen handeln ließ, ohne dass man einen Gedanken daran verschwendete, ob es der eigene Wunsch oder Wille war, den man gerade ausführte.
    »Mach das nicht mit mir«, sagte er rau. »Wir haben uns versprochen, dass wir ...«
    »Halt den Mund.« Wieder dieser kalte, klare Ton. Ravi schloss die Lippen und schluckte. »Geh jetzt. Ich wünsche dir alles Gute.«
    Der junge Mann löste seine Hände von der Stuhllehne, die er umklammert hielt wie jemand, der zu ertrinken drohte. Ertrinken? In einer gewöhnlichen, schäbigen Küche? Sein Blick streifte die ausgeblichenen Vorhänge vor den nicht allzu sauberen Fensterscheiben, das abgetretene Linoleum, die Spüle mit den braunen Rändern, die von unzähligen Vormietern stammten. Was für ein Rattenloch, dachte er. Blitzender Edelstahl, makellos strahlendes Porzellan, weiche Holztöne, blinkende Kacheln und leuchtender Stoff. So muss eine Küche aussehen.
    »Wen suchst du, das Personal?« Ihre Stimme klang scharf und amüsiert zugleich. »He, Schätzchen, du bist in meiner Wohnung, nicht in deinem scheißvornehmen Elternhaus. Du mieser kleiner Hochstapler.«
    »›Hochstapler‹ trifft es wohl nicht so ganz«, hörte er sich sagen. »Ich habe schließlich niemals behauptet, etwas Besseres zu sein ...«
    Sie musterte ihn neugierig, mit schräg gelegtem Kopf. Er fühlte sich unter diesem Blick wie ein Tier, das sich unter einem Vergrößerungsglas windet.
    »Nein«, sagte sie nachdenklich, »natürlich hast du recht. Du hast mich zwar belogen, aber ganz sicher hast du nicht mehr aus dir gemacht als du bist. Nun ist es aber gut. Geh nach Hause, reicher Junge. Das hier ist kein angemessener Spielplatz für dich.«
    Er war mit einem langen Schritt bei ihr und packte ihr Handgelenk, das mit der Tätowierung, zog sie hoch. Ihr Blut pulsierte unter dem Druck seiner Finger. Sie betrachtete ihn immer noch mit diesem kühlen, sezierenden Blick.
    »He«, lachte sie leise. »So mochte ich dich immer am liebsten. Wenn deine Augen blitzen wie schwarze Diamanten und du die Zähne bleckst wie ein Panther. Jetzt küss mich noch einmal, mein dunkler Prinz, und nimm dann Abschied.« Sie hob das Gesicht und bot ihm ihren Mund.
    Er stieß sie von sich und wandte sich ab, die Arme vor der Brust verschränkt, um sich vor weiteren Schlägen zu schützen.
    »Na gut, dann nicht«, hörte er sie sagen. »Wenn du ausgetrotzt hast, weißt du ja, wo es hinausgeht.« Hinter ihm schlug eine Tür.
    Er stand eine Weile am Fenster und blickte hinaus, ohne etwas von dem Blick über die Dächer der alten Kaiserstadt aufzunehmen. Sein Atem beruhigte sich und das Klopfen des Blutes in seinen Ohren verstummte. Endlich öffnete er die geballten Fäuste, wandte sich um und verließ die Küche.
    »Ashley«, rief er. »bitte lass uns nicht so auseinandergehen.«
    Er hörte sie hinter einer der Türen hin- und hergehen. Der Dielenboden knarrte unter ihren Schritten.
    »Ash«, sagte er und öffnete die Tür.
    Der große, weitläufige Raum mit den riesigen Fenstern im Dach war trotz des bedeckten Tages voller Licht. Ashley stand mit gesenktem Kopf
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