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Programmierung ausgeschlossen

Programmierung ausgeschlossen

Titel: Programmierung ausgeschlossen
Autoren: K. H. Scheer
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un­auf­hör­lich, sinn­los, al­les zer­stö­rend, was ih­nen in den Weg kam. Wir wuß­ten nicht, wo­her sie ka­men. Wir wuß­ten nicht, wie sie ab­zu­stel­len wa­ren. Wir stan­den hilf­los da­bei und sa­hen zu, wie über ei­nem Sechs­tel der Erd­ober­flä­che Wa­ren und Gü­ter im Wer­te von un­zäh­li­gen Bil­lio­nen Dol­lar her­ab­reg­ne­ten, mit de­nen wir nichts an­fan­gen konn­ten. Nur ei­nes war uns klar. Hier war ein Me­cha­nis­mus am Werk, den vor rund 187.000 Jah­ren die al­ten Mar­sia­ner ge­schaf­fen hat­ten, wäh­rend des Krie­ges ge­gen die De­ne­ber, als die Er­de, Oko­lar-drei ge­nannt, ein mar­sia­ni­scher Stütz­punkt war.
    »Un­se­re Ex­per­ten ha­ben er­mit­telt, daß die Um­dre­hung des Pla­ne­ten all­mäh­lich lang­sa­mer wird«, knurr­te Re­ling, oh­ne den Blick von der be­häl­ter­be­deck­ten Land­schaft tief un­ter uns zu wen­den. »Er­hal­tung des Dre­him­pul­ses, ver­ste­hen Sie? Die Er­de wird durch den stän­di­gen Zu­strom von Wa­ren im­mer ge­wich­ti­ger. Je schwe­rer sie wird, de­sto ge­rin­ger die Ro­ta­ti­ons­ge­schwin­dig­keit. Wir kön­nen es noch ein paar Mo­na­te aus­hal­ten, aber dann wird die La­ge all­mäh­lich un­er­träg­lich.«
    Ich spür­te die Un­ge­duld, die in ihm bro­del­te. Am liebs­ten hät­te er mich an­ge­fah­ren: Ver­dammt, Kon­nat, tun Sie et­was! Aber er wuß­te so gut wie ich, daß wir nicht ein­mal ei­ne va­ge Idee hat­ten, wie der ka­ta­stro­pha­le Wa­ren­zu­fluß ab­ge­stellt wer­den konn­te.
    »Ich woll­te, ich könn­te hel­fen«, sag­te Tan­ca­noc, und die Art, wie er es sag­te, be­wies, daß der Wunsch aus tie­fem Her­zen kam.
    Tan­ca­noc be­herrsch­te dank in­ten­si­ver Schu­lung das Eng­li­sche na­he­zu per­fekt. Er sprach es mit ei­nem merk­wür­di­gen Ak­zent, der die Lau­te sei­ner Mut­ter­spra­che wi­der­spie­gel­te. Er war ein ei­gen­ar­ti­ges We­sen – der ein­zi­ge, der ge­nau wuß­te, wo­her die un­auf­hör­li­chen Wa­ren­sen­dun­gen ka­men, oh­ne daß er es uns hät­te mit­tei­len kön­nen.
     
    Tan­ca­noc war knapp ein­me­ter­sech­zig groß, aber sei­ne Schul­tern ma­ßen an­nä­hernd einen Me­ter in der Brei­te. Er ging auf kur­z­en, säu­len­för­mi­gen Bei­nen und wirk­te wie ein ab­ge­bro­che­ner Rie­se. Er kam von ei­ner Welt, die er Ye­do­ce­kon nann­te, oh­ne zu wis­sen, wie weit sie von der Er­de ent­fernt war oder in wel­cher Rich­tung er sie zu su­chen hat­te. Denn er war auf die­sel­be Art und Wei­se nach Ter­ra ge­kom­men wie die Gü­ter, die den aus­tra­li­schen Kon­ti­nent be­deck­ten: per Trans­mit­ter. Wir hat­ten ihn und sei­ne Ge­nos­sen, die aus Neu­gier­de und dem an­ge­bo­re­nen Drang zu schüt­zen, zu er­hal­ten, über die Trans­mit­ter­stre­cke ge­kom­men wa­ren, in den Räu­men ei­ner ur­al­ten, mar­sia­ni­schen An­la­ge auf der Er­de ent­deckt. Die An­la­ge ent­hielt ein Re­chen­ge­hirn der Mar­sia­ner, das un­ter an­de­rem über ei­ne Ar­mee von Kampfro­bo­tern ver­füg­te. Es stuf­te uns, als wir in die un­ter­ir­di­schen Räu­me ein­dran­gen, zu­nächst als Fein­de ein. Es ge­lang uns je­doch, dem Ro­bot­ge­hirn zu be­wei­sen, daß sein Kol­le­ge NEW­TON, wie wir den Groß­rech­ner un­ter der Mar­s­stadt Top­thar ge­nannt hat­ten, uns – das heißt Ma­jor Utan und mich – als Er­ben der al­ten Mar­sia­ner an­er­kann­te. Schließ­lich er­schie­nen Tan­ca­noc und sei­ne heim­lich ein­ge­reis­ten Ye­do­ce­ko­ner auf der Bild­flä­che. Sie sa­hen, daß wir nicht mar­sia­ni­schen Ur­sprungs wa­ren, und grif­fen so­fort an. Das mitt­ler­wei­le um­ge­stimm­te Ro­bot­ge­hirn rea­gier­te dar­auf mit dem Ein­satz sei­ner Kampfro­bo­ter. Un­ter den Ye­do­ce­ko­nern hob ein fürch­ter­li­ches Ge­met­zel an. Sie wa­ren den un­mensch­li­chen Kampf­ma­schi­nen nicht ge­wach­sen und gin­gen al­le un­ter – bis auf Tan­ca­noc.
    Es hat­te lan­ge Zeit ge­dau­ert, bis Tan­ca­noc den Ver­lust sei­ner Ge­nos­sen über­wand … und noch län­ger, bis er be­griff, in wel­cher La­ge wir uns be­fan­den. Wir, das heißt die Be­woh­ner des Pla­ne­ten Ter­ra, Er­ben ei­ner ur­al­ten und un­ge­heu­er
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