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PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

Titel: PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht
Autoren: Oliver Plaschka
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180. Oder doch?«
    »Nein. Und diese Frage stellt sich uns auch nicht.«
    »Ach nein?«
    »Die Leere ist der Ort, an dem Sternengötter und Sternenteufel seit Anbeginn der Zeit miteinander ringen. Anetis hat uns Sterblichen eine Grenze gesetzt: bis hierher und nicht weiter. Wenn wir seine Warnung missachten und seinen Schutz ausschlagen, sind wir in der Leere auf uns allein gestellt, und die Endliche Nacht mag sich als eine Nacht ohne Morgen für uns erweisen.«
    »Das haben Sie hübsch gesagt.« Die Rudergängerin winkte mit dem Finger, und binnen weniger Sekunden hatte ihr Adjutant ihr einen Kristallkelch mit cremigem rosarotem Inhalt gereicht. »Aber sehen Sie: Ich bin bereits mit 178 Schiffen von Thantur-Lok nach Hela Ariela gelangt. Und jedes meiner Schmuckstücke ist noch am Platz, nicht wahr?« Sie wandte den Blick zu ihrem Adjutanten und hob lobend ihr Getränk. »Von daher ist das hier der einzige Kelch, der mich momentan interessiert.« Sie nippte, und der ältere Mann lächelte glücklich.
    »Nur weil es einmal gut ging, heißt das nicht, dass die Götter Ihnen weiter hold sein werden.«
    »Die Schiffe meines Trosses sind handverlesen, Thir'Ma'Khel oder wie immer Sie sich nennen. Verbreiten Sie Ihre schlechte Laune meinetwegen unter Ihresgleichen, aber hier schinden Sie keinen Eindruck damit. Das hier ist mein Schiff. Mein Tross. Und ich werde mit dem kompletten Tross fliegen, ob es Ihnen passt oder nicht.«
    Anra'Thir'Nom seufzte. Dieser Frau war mit Vernunft nicht beizukommen. »Dann werde ich Sie begleiten.«
    »Wie bitte?«
    »Wenn Sie nicht an die Sicherheit des Regenten und Ihrer Besatzung zu denken bereit sind, muss ich das tun. Ich persönlich werde Sie über den Abgrund geleiten.«
    »Ich finde den Weg nach Arkon auch sehr gut allein, besten Dank!«
    »Seien Sie nicht kindisch! Die imperialen Dekrete sind eindeutig! Keine Querung ohne Lotsen – und wer das ist, bestimmen wir. Oder möchten Sie morgen früh dem Regenten erklären, weshalb er gerade seine wichtigsten Verbündeten beiderseits der Endlichen Nacht verloren hat und seine Feldzüge künftig schon an der eigenen Haustür zu scheitern drohen? Das Imperium braucht die Lotsen, nicht umgekehrt. Wir kommen auch sehr gut allein zurecht. Möchten Sie das?«
    Die Rudergängerin schürzte die Lippen und trommelte ungehalten mit den Fingern auf den Kelch ein. Sie schäumte innerlich vor Wut, so viel war klar, doch Anra'Thir'Nom empfand keine Befriedigung dabei. Er wollte dieser Frau nur so schnell wie möglich entkommen und Zwiesprache mit Anetis halten. Ihn für ihren Hochmut um Verzeihung bitten und seinen Beistand beschwören.
    »In einer halben Tonta fliegen wir los«, flüsterte sie. »Ich möchte keine weitere Verzögerung. Suchen Sie sich einen Platz, wo Sie niemanden stören.«
    »Keine Sorge«, sagte Anra'Thir'Nom und breitete die Arme aus. »Ich reise mit leichtem Gepäck.«

4.
    Atlan
     
    Kurz nach dem ersten Sprung kam Rhodan zu mir in die Kabine. Er musste schon ein paarmal geklopft haben, ehe ich ihn hereinbat, denn er wirkte fast erleichtert, als er mich an dem kleinen Tisch gegenüber dem Bett in der schmalen Kammer sitzen sah.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er. Seine Sorge war gut gemeint, aber nicht willkommen. »Ich habe seit dem Sprung nichts mehr von Ihnen gehört.«
    »Eine Transition ist wie jede«, log ich und legte das altertümliche Buch beiseite, in dem ich gelesen hatte. Tatsächlich war mir der 500-Lichtjahre-Sprung gehörig in die alten Knochen gefahren, doch das brauchte er nicht zu wissen. »Ich nehme an, es lief alles nach Plan?«
    »Wir haben Hamtar-35 erreicht«, bestätigte er. »Es tut gut, endlich auf dem Weg zu sein.«
    »Nun werden Sie sich in Geduld üben müssen. Fünf Wochen sind eine lange Zeit.«
    »Beinahe wie damals, als die Menschen in die Neue Welt aufbrachen.«
    Die Abenteuerlust stand ihm ins Gesicht geschrieben. »Kolumbus brauchte gut zwei Monate, um den Atlantik zu überqueren.«
    »Der Weg war einmal kürzer«, merkte ich an, und er verstummte.
    Ich hatte nach wie vor die Vermutung, dass er damals in der ehemaligen Venuszuflucht – Terrania Orbital, wie die Menschen sie mittlerweile nannten – mehr von Kosol ter Niidar erfahren hatte, als er zugab. Die Art, wie er das Wort Atlantik aussprach, ja dass er es überhaupt erwähnte, da er doch sehr gut wissen musste, dass dieses Meer für mich immer mit der Erinnerung an den untergegangenen Kontinent behaftet sein würde, der einst meinen Namen
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