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PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht

Titel: PR NEO 0053 – Gestrandet in der Nacht
Autoren: Oliver Plaschka
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trat, musterte die Rudergängerin ihn knapp und erhob sich; sicherlich nicht als Geste der Höflichkeit, sondern weil die hochgewachsene Arkonidin ihn nun um mehr als einen Kopf überragte. Dem Hohen Lotsen war das gleich.
    »Khe'Mha'Rhil«, sagte sie. »Ich erwarte eine Erklärung!«
    »Und ich erwarte, dass Sie meinen Namen korrekt gebrauchen«, erwiderte Anra'Thir'Nom ungerührt.
    Ihr Gesicht versteinerte nur für den Bruchteil einer Sekunde. »Wie war das?«
    »Der Name, mit dem Sie mich anreden, lautet Khe'Rhil. Das ist mein Außenname, wenn ich mit Außenseitern verkehre – wie der Name schon sagt. Khe'Mha'Thir heißt ›Lotsen durch die Endliche Nacht‹. Sie müssen mich nicht mit meinem vollen Titel anreden, welcher demzufolge Khe'Mha'Thir Khe'Rhil lauten würde, und Sie müssen auch nicht so tun, als würde es Sie durcheinanderbringen. Wenn es das täte, sollten Sie diese Schiffe nicht führen.«
    »Wie können Sie es wagen?«, flüsterte die Rudergängerin und trat einen Schritt auf ihn zu. Der Schmuck an ihrem Hals und ihren Gelenken klimperte. »Mhir'Ta'Khil oder wie immer Sie sich nennen!« Das Lächeln auf dem Gesicht ihres Adjutanten tröpfelte wie eines der Rinnsale am Rande des Wasserfalls aus, wenn dieser seine Kraft davon abzog. »Wie können Sie es wagen, dem Tross des Regenten die Starterlaubnis zu verweigern? Sie kommen sich wahrscheinlich sehr bedeutsam vor mit Ihren albernen Namen, in Ihrem albernen Aufzug! Aber glauben Sie ernsthaft, Sie stünden über dem Regenten? Was erlauben Sie sich, ihn warten zu lassen?«
    »Es gäbe eine sehr einfache Möglichkeit, sein Warten zu verkürzen.« Der Hohe Lotse ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
    »Und die wäre?«
    »Reduzieren Sie die Zahl der Schiffe auf das korrekte Gwalontar.«
    »Das was bitte?«
    Da musste Anra'Thir'Nom sich dann doch arg zusammenreißen, um nicht ausfällig zu werden. Dass die Rudergängerin vorgab, dieses Wort nicht zu kennen, kam einer Beleidigung seiner Intelligenz gleich.
    »Die Kelchfüllung – die Zahl von 177 Schiffen, wie Anetis, der Gott der Leere, sie uns von alters her gegeben hat! Glauben Sie etwa, Sie stünden über Anetis?«
    »Wollen Sie wissen, was ich glaube? Ich glaube, Sie sind einer der Leute, die an der Füllung Ihres Kelches immer etwas auszusetzen haben«, murmelte Ihin da Achran, und ein Ausdruck des Triumphs stahl sich auf ihr Gesicht. »Für mich ist der Kelch immer halb voll.«
    »Sie kommen sich sicher sehr schlau vor, Rudergängerin. Gewitzt und mit allen Wassern gewaschen, wie man so sagt – der Geruch in diesem Raum spricht sicher dafür. Aber das Lachen wird Ihnen noch vergehen, sobald Sie sich auf dem Weg durch die Endliche Nacht allein mit Ihrem Hochmut wiederfinden! Wenn Ihr Konvoi nicht die geforderte Größe aufweist, wird Anetis Sie nicht beschützen.«
    Die Rudergängerin nahm wieder Platz, schmiegte sich in ihren Sitz wie eine Perle in die Muschel. »Ach so. Tja, das ist sehr schlimm. Nertan, sei ein Schatz und überprüfe noch einmal die Thermogeschütze. Die Torpedos lass besser auch noch polieren. Ich möchte, dass sie blitzblank sind! Es scheint, wir müssen uns ohne den Schutz von A-wem-auch-immer durch den bösen alten Weltraum wagen.«
    Ihr Adjutant trat geflissentlich beiseite, um ihre Befehle weiterzugeben, gegen jede Empfänglichkeit für den beißenden Spott seiner Kommandantin gefeit.
    Anra'Thir'Nom schloss die Augen und führte zur Beruhigung eine kurze fünfdimensionale Vektorberechnung durch, so, wie man es ihn als jungen Lotsen gelehrt hatte. Für dumm verkauft zu werden war eine Sache – in seinem Glauben beleidigt zu werden eine andere. Er wusste, dass solche Diskussionen stets sinnlos waren. Seine Verpflichtung galt den unschuldigen Seelen des Trosses. Die Rudergängerin stellte eine Gefahr für sie alle dar.
    »Sie müssen den Tross um zwei Schiffe reduzieren«, sagte er ruhig.
    »Nein.« Die Rudergängerin inspizierte ihre Fingernägel.
    »Wir wissen aus unseren Archiven, dass in der Vergangenheit viele Kommandanten dachten wie Sie. Und wir wissen auch, dass der Anteil an Fehltransitionen damals statistisch gesehen deutlich höher lag. Deshalb wurde das Limit eingeführt und die Khe'Mha'Thir mit der Wacht über den Abgrund betraut.«
    »Und dennoch haben Sie nie einen Beweis oder auch nur eine halbwegs plausible wissenschaftliche Begründung dafür vorlegen können, weshalb es sicherer sein sollte, den Korridor mit 177 Schiffen zu durchqueren statt mit 178 oder
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