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PR NEO 0042 – Welt aus Seide

PR NEO 0042 – Welt aus Seide

Titel: PR NEO 0042 – Welt aus Seide
Autoren: Oliver Plaschka
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würde furchtbar sein, wenn er herausfand, was Kor-Ach-Ett ihm in seiner letzten Botschaft anvertraut hatte: Das Ei war nur ein Gipsei. Immer schon. Vidaarm, der vor seiner Karriere als Sternenfahrer und Weltenvereiner ein nicht ungeschickter Handwerker gewesen sein musste, hatte es selbst hergestellt – zum Gedenken an die Goldenen und in dem Glauben, dass sie ihre Macht den eiförmigen Insignien verdankten, die sie um den Hals trugen. Auf jedem anderen Planeten der Galaxis hätte Quetain Oktor in Abrede gestellt, dass eine Zivilisation, die schlau genug war, Raumschiffe zu bauen, naiv genug sein konnte, an die Allmacht eines Gipseis zu glauben. Auf Trebola aber ergab dies zweifellos Sinn.
    Das Zepter war nur ein Schmuckstück. War nie mehr gewesen als das. Doch was wäre das Leben ohne etwas Schmuck?
    Selbstverständlich würde Sergh da Teffron glauben, dass Oktor ihn betrogen hatte – aber ein genauer Vergleich des Bildmaterials und der Sensorendaten, welche die Drohnen und zuvor Kaprisi vom Thronsaal, den Seidenresten auf dem Thron und dem Ei darin angefertigt hatten, würde ergeben, dass es sich um ein und denselben Gegenstand handelte. Selbst wenn er sämtliche Mitglieder des Rats der Acht verhören ließ, würde jeder Kor-Ach-Etts Aussage bestätigen. Natürlich würde dies die Hand des Regenten nicht daran hindern, trotzdem Oktors Kopf zu fordern – aber dann war er längst über alle Berge.
    Sergh da Teffrons Wut würde keine Grenzen kennen.
    Quetain Oktor musste lächeln. Trotz seiner Müdigkeit fühlte er sich seltsam befreit und steuerte seinen Gleiter schwungvoll unter Freiwegen und zwischen Türmen hindurch. Die bläuliche Sonne warf ihre eisigen Muster auf die Spitzen des Palasts und den Turm der Freundschaft, die ihren alten Wettstreit nun an das arkonidische Schlachtschiff verloren hatten, das Großteile des Raumhafens blockierte und alle Gebäude der Stadt weit überragte. Und wie Oktor da flog, fiel ihm auf, was für ein wunderschöner Tag es doch war.
    Er sandte den Bericht mit seiner Signatur ab, in der er die vorbildliche Zusammenarbeit mit den Trebolanern während seiner Amtszeit lobend hervorhob und davon abriet, die Erforschung trebolanischer Seide weiter voranzutreiben, da sie aus arkonidischer Sicht schlicht unwirtschaftlich war. In einer Randbemerkung erwähnte er außerdem, dass man die Forschungsanlagen auf Khebur endlich einer eingehenden Prüfung unterzogen und gleichermaßen als uninteressant verworfen hatte.
    Dann meldete er sich den Rest des Tages krank.
    Er parkte seinen Gleiter in der Garage des Turms und nahm den Fahrstuhl in den neunundfünfzigsten Stock. Kaprisi erwartete ihn bereits, neben ihr ein Koffer. Hätte sie ein richtiges Gesicht besessen, sie hätte wie eine ganz normale Touristin gewirkt. Außer ihr und ein paar Verladerobotern war niemand im Terminal.
    »Ich schätze, jetzt kommt der unangenehme Teil«, sagte Quetain Oktor.
    »Es ist alles bereit«, sagte sie.
    »Der Mehandor erwartet uns?«, vergewisserte sich Oktor.
    »Er wird uns persönlich verladen und in Empfang nehmen.«
    Der Kapitän der HETH-KAPERK, deren Schäden zur Stunde repariert wurden, war nicht gerade begeistert gewesen, als Oktor ihm vorgerechnet hatte, wie viele Jahre Haft man ihm dafür anhängen könnte, dass er einen der meistgesuchten Männer der Galaxis und seine Begleiter bis tief ins Große Imperium geschmuggelt hatte. Er hatte zu ausgesuchten Flüchen gegriffen und versucht, sich mit einer speziellen Klausel seiner Beförderungsverträge herauszureden, die ihn von jeder Verantwortung für die Taten seiner Passagiere entband. Da hatte Oktor ihm den Gegenwert des ursprünglichen Urteils in wahlweise Einzelhaft oder Lagerarbeit ausgerechnet, und darauf war der Kapitän seinem Vorschlag gegenüber sehr aufgeschlossen gewesen.
    Selbstverständlich war es notwendig gewesen, ihn auf die Existenz eines Archivs mit belastendem Material in einem mehrfach gesicherten Datenspeicher hinzuweisen – nur für den Fall, dass dem Fürsorger während seiner Reise unerwartet etwas zustieß. Dass dieses Material nicht existierte, ging nur ihn und Kaprisi etwas an.
    »Dann desaktiviere jetzt die Sicherheitssysteme«, sagte er.
    Alle Kameras, alle Roboter und Drohnen verharrten. Auf einmal war es sehr still im Terminal. Nur ein leichtes Singen des ins All gespannten Seidenstrangs schwang in den Wänden und der Decke und machte die Halle zum Resonanzkörper einer stählernen Sternenharfe.
    »Nach dir«, sagte
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