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PR NEO 0042 – Welt aus Seide

PR NEO 0042 – Welt aus Seide

Titel: PR NEO 0042 – Welt aus Seide
Autoren: Oliver Plaschka
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Qual wie Geheimnis, Verlockung wie Prüfung gewesen.
    Die Crew brachte die HIS-KEM-IR in einen Orbit. Ihren Gästen blieb nicht viel mehr, als zuzusehen – die meisten Steuerelemente des Schiffs waren für vier Arme ausgelegt und für die Zweibeiner zu niedrig angebracht. Auch Je-Ron-Tia gaben viele der Konsolen noch Rätsel auf. Dieses Schiff war größer und moderner als alle trebolanischen Schiffe, die er je gesehen hatte. Es verfügte über Schutzschirme, drei schwere Geschütze und insgesamt vier Beiboote.
    Hätte der Fürsorger je von diesem Schiff erfahren, er hätte es sofort vernichten lassen. Und die Tatsache, dass die Netzfürsten selbst, oder doch zumindest Teile des Rats, in aller Heimlichkeit jahrelang eine solche Entwicklung vorangetrieben hatten, wollte ihm immer noch nicht in den Kopf.
    Sie gingen tiefer, fielen nun durch die obersten Staubschichten. Die Schutzschirme flammten kurz auf. Der Hauptschirm wurde automatisch abgedunkelt, dennoch war die Oberfläche unter ihnen blendend hell. Die gelbweißen Wüsten, die keine scharfen Konturen kannten, rasten unter ihnen dahin. In diesen Wüsten war kein Leben möglich. Nur entlang des Terminators, der Tag-Nacht-Grenze, die sich bis ans Ende der Zeit nicht mehr verschieben würde, existierten in einem schmalen Gürtel warme Gewässer und einige sturmgepeitschte, von primitiven Flechten bewachsene Landstriche, denen der Planet seine dünne Atmosphäre verdankte. Die wenigen Lebensformen waren perfekt an ihre feindliche Umgebung angepasst. Die Priester sagten, die Goldenen hätten sie gesegnet – Je-Ron-Tia hatte das nie geglaubt. Auf ihn hatten diese kämpferischen Gewächse immer ebenso hässlich wie ehrenvoll gewirkt; ihr Überleben war ihr eigener Verdienst.
    Dann stießen sie auf die Nachtseite vor. Schlagartig wurde es dunkel auf dem Schirm, und die Beleuchtung in der Zentrale hochgeregelt. Nur ein leichtes, flaues Gefühl in seinem Unterleib, als die Andruckneutralisatoren mit minimaler Verzögerung das Gefühl des Fallens kompensierten, verriet ihm, dass sie weiter sanken.
    »Tiefer können wir nicht gehen«, sagte Ril-Omh-Er. »Die Schutzschirme arbeiten zwar zuverlässig, doch wir können dieses Schiff nicht landen.«
    »Die Besatzung der Basis funkt uns an«, meldete ein Trebolaner vom anderen Ende der Brücke.
    »Wird der Anblick der HIS-KEM-IR sie nicht beunruhigen?«, fragte Rhodan.
    »Keine Angst – die Forschungsstation ist nicht bewaffnet«, sagte Ril-Omh-Er. »Schicken Sie ihnen unsere Kennung, damit sie sich keine Sorgen machen!«
    »Da ist es«, sagte der Steuermann und vergrößerte den Bildausschnitt. »Halten Position.«
    Angestrahlt von Dutzenden großer Scheinwerfer, die ihr trübes Licht in die ewige Nacht sandten, kamen ein staubbedeckter Landeplatz mit blinkenden Positionslichtern und einige gedrungene Bauten in Sicht. Für trebolanische Verhältnisse sahen sie schmucklos aus, zweckgebunden und plump – doch unter der Schwerkraft der Wüstenwelt waren Trebolaner ebenso sehr an zwei Dimensionen gebunden wie Arkoniden oder Menschen. Hohe Türme und Freiwege kamen hier nicht in Betracht.
    Jenseits der Basis wölbte sich eine Kuppel über ein Areal von beinahe tausend Metern Durchmesser. Je-Ron-Tia kannte diese von Flutlichtmasten umstandene Kuppel nur zu gut; er hatte sie lange Monate jeden Tag vor Augen gehabt, und jede sorgsam geplante Expedition in ihr Inneres war ein Moment höchster Vollendung für ihn gewesen. Sie war eine der großen architektonischen Meisterleistungen seiner Kultur: Zwischen riesigen, frostbedeckten Trägern aus maschinengefertigtem Stahl, die wie die Rippen eines urzeitlichen Monsters in den schwarzen Himmel stachen, spannten sich schimmernde weiße Segel aus verstärkter Tarnseide, die jede Ortung dessen, was darunter lag, unmöglich machten. Hunderte der besten Trutz- und Lichtweber der Geschichte hatten ihr Leben der Arbeit an diesen Segeln gewidmet. Die Seide glitzerte im Licht der Scheinwerfer wie Blütenblätter unter Tau.
    Die Kuppel schützte das Vermächtnis der Goldenen – die wenigen Artefakte, die in den Trümmern ihres Schiffes noch die Geschichten von einst erzählten: von Vidaarm, seiner Erhebung und dem Geheimnis des ewigen Lebens.
    Je-Ron-Tia verschränkte ergriffen die Arme. Das dort unten war sein Lebenswerk. Die Heilige Zone – der Ort, an dem eine vergessene Zivilisation von Sternenreisenden ihr Schicksal gefunden und die Zukunft ihrer Welt begonnen hatte.
    Jedes Crewmitglied, das
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