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PR NEO 0042 – Welt aus Seide

PR NEO 0042 – Welt aus Seide

Titel: PR NEO 0042 – Welt aus Seide
Autoren: Oliver Plaschka
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beinahe stillzustehen, doch Rhodan wusste, dass das täuschte. Wenn er sich darauf konzentrierte, konnte er das leichte Vibrieren des Impulstriebwerks spüren. Voraus lag ein blauweißer Stern, der deutlich heller und größer schien als die Sterne in seiner Umgebung. Sie befanden sich also bereits innerhalb eines Systems.
    Er entdeckte Goratschin, Belinkhar und Crest mit ein paar Tellern und Bechern an einem runden Tisch nahe dem Fenster und gesellte sich zu ihnen. Die drei ungleichen Reisegefährten unterhielten sich angeregt. Nicht zum ersten Mal fragte sich Rhodan, wie es sich für Goratschin anfühlen musste, nach fast dreißig Jahren im Koma eine Welt kennenzulernen, die die kühnsten Träume seiner Jugend überstieg. Als Kind hatte er sich in dem für ihn fremden Amerika zurechtfinden müssen – nun war er wieder ein Einwanderer, nur diesmal unter Außerirdischen und Unsterblichen. Gleichzeitig hatte er eine schwere Last zu tragen: den Verlust seines Bruders und die gefährliche Gabe, die er mit ihm geteilt hatte. Doch das Leuchten in den Augen des hünenhaften Mannes verriet ihn: Er hatte sich entschieden, dieses Leben als ein großes Abenteuer zu sehen – und das war es ja auch.
    »Perry!«, rief er und hob seinen Becher. »Setz dich zu uns!«
    Belinkhar knuffte ihn mit dem Ellbogen, und im selben Moment tauchte Chabalh aus den Schatten hinter dem Tisch auf und knurrte verärgert. Goratschin verschluckte sich fast, als er erkannte, dass er gerade ihre Tarnung gefährdet hatte, doch keiner der anderen Passagiere kümmerte sich um sie. Rhodan winkte ab und zog sich einen freien Stuhl heran. »Was trinkt ihr da?«
    »Probier es einfach«, sagte Belinkhar und gab Chabalh einen Wink mit dem leeren Becher. »Sei so gut und organisiere uns noch eine Runde, ja?«
    Der Purrer wollte zu einer Erwiderung ansetzen, doch Belinkhar fixierte ihn mit breitem Lächeln – was der Katzenartige, wie Rhodan mittlerweile wusste, nicht sonderlich mochte. Er nickte ihm zu, und mit schwachem Grollen wandte Chabalh sich ab und schnürte davon.
    »Du solltest ihn vielleicht nicht provozieren«, sagte Rhodan. »Ohne deine Locken ...«
    Belinkhar fuhr sich mit spitzbübischem Lächeln durch ihr rotes Haar, das sie während ihrer letzten Reise noch lang getragen hatte. Die Farbe hatte eine gewisse beruhigende Wirkung auf den Purrer ausgeübt.
    »Keine Angst«, sagte sie. »Ich weiß schon mit ihm umzugehen.«
    »Selbst wenn ich im Moment kaum einen Leibwächter brauche – etwas sagt mir, dass er zu mehr gut ist als zum Kaffeeholen.«
    »Warte, bis du den K'amana probiert hast«, entgegnete die drahtige Mehandor.
    »Wie soll er ihn denn überhaupt tragen?«, fragte Goratschin.
    Rhodan verkniff sich ein Grinsen und bediente sich an dem abgedeckten Essen, das ihn an eine Art Rührei mit allerlei farbenfrohen Zutaten erinnerte. Es schmeckte sehr gut – echtes Essen war ein weiterer Bonus ihres Pakets. Offenbar sah auch Belinkhar keinen Anlass, alle Annehmlichkeiten ihres alten Lebens als Matriarchin von KE-MATLON hinter sich zu lassen.
    Und sie liebte es, das nachtschwarze Raubtier, das sie auf dem Weg nach Isinglass aus seiner Kapsel gerettet hatten, auf die Probe zu stellen.
    Rhodan konnte es ihr nicht verübeln. Chabalh war neben Goratschin und Atlan der Dritte im Bunde, der aus einer anderen Zeit stammte – sein letzter Herr hatte ihn vor zweitausend Jahren der Weite des Alls anvertraut, doch im relativistischen Flug waren für ihn nur Tage vergangen. Zumindest stellte der Purrer das so dar. Bislang war er Rhodan stets mit großer Ehrerbietung begegnet, er hatte ihm sogar das Leben gerettet. Aber es knüpften sich noch immer zahllose Fragen und Zweifel an seine Herkunft.
    »Sie sehen erholt aus«, sagte Rhodan zu Crest. Tatsächlich schien der Arkonide der Einzige am Tisch zu sein, dem die sechs Wochen künstlichen Schlafs nicht in den Knochen steckten. Er hatte sein Frühstück schon beendet und mit dem holografischen Interface des Tisches die Datenbank des Schiffes aufgerufen. Voller Ungeduld blätterte er durch die Dokumente.
    Er lächelte flüchtig. »Ich habe lange so gelebt, als ob jeder Tag mein letzter wäre. Ich schwor mir, jeden einzelnen davon zu nutzen – und ich werde nicht damit brechen, auch wenn mir viele Tage mehr geschenkt wurden.«
    Rhodan nickte. Das war der Crest, den er kannte – ein Derengar durch und durch, von Forschergeist und Tatendrang erfüllt.
    »In welchem System befinden wir uns?«
    Der Arkonide
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