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PR 2694 – Todeslabyrinth

PR 2694 – Todeslabyrinth

Titel: PR 2694 – Todeslabyrinth
Autoren: Susan Schwartz
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Distanz wahren. Als Mediker war es nicht nur seine Aufgabe, Leben zu retten, sondern er war auch verpflichtet, unheilbar Erkrankte auf einen würdigen Tod vorzubereiten. Sie zu begleiten. Darauf hatte Routh Anspruch.
    Er war erst vor wenigen Tagen in die Ralph-Artur-Klinik verlegt worden. In der Einrichtung, der sein Studienkollege Otorongo vorstand, hatte man nichts mehr für ihn tun können.
    Seither hatte der Mann, dessen Gehirnzellen schneller abstarben, als sie angemessen werden konnten, eine Menge Untersuchungen über sich ergehen lassen müssen. Aber auch die aufwendige Prozedur im Sextadim-Bereich hatte keinen Aufschluss ergeben, warum er sterben musste. Fakt war, der 63-Jährige war nach einem Drittel seiner durchschnittlichen Lebenserwartung zum Tode verurteilt. Trotz der modernen Medizin. Das Schlimmste dabei war – die Mediker wussten nicht, warum sie ihm nicht helfen konnten.
    Ialtek hatte den Ehrgeiz, nach einem Ausweg zu suchen, aber Routh konnte das nicht mehr lange durchhalten. Die Frage war, durfte er überhaupt derart beansprucht werden, dass es sein Ende womöglich beschleunigte? Oder hatte er nicht vielmehr ein Anrecht darauf, in Frieden gehen zu dürfen? Ein Gewissenskonflikt für Ialtek, der Routh die Entscheidung überließ, der wiederum am Morgen mit Ja antwortete und am Nachmittag mit Nein. Routh konnte es nicht mehr entscheiden, und Ialtek wollte es nicht.
    Angesichts des hilflos schluchzenden Patienten fühlte Ialtek sich versucht, zu ihm zu gehen und ihm die Hand auf die Schulter zu legen. Oder ihn sogar in den Arm zu nehmen. Aber das durfte er nicht, so weit war ihm bei aller Anteilnahme niemals erlaubt zu gehen. Und er wollte Shamsur, diese Entscheidung traf er nun, erst recht kein Beruhigungsmittel verabreichen, das würde seinen Verstand, der gerade einigermaßen funktionierte, nur noch mehr lähmen. Viele klare Momente blieben ihm wahrscheinlich ohnehin nicht mehr.
    »Trink etwas Kaffee«, riet er sanft, um seinen Patienten mit Worten zu beruhigen.
    Routh nahm die Aufforderung dankbar an, er nickte, fasste sich und nahm ein paar zaghafte Schlucke. Danach schien es ihm tatsächlich besser zu gehen, denn er trocknete seine Tränen.
    »Ich habe deinen Namen vergessen«, gestand er beschämt.
    »Ich bin Saram Ialtek. Nenn mich Saram.«
    »Shamsur. Aber nicht, dass wir uns verwechseln, so ähnlich, wie diese Namen sind.« Routh gelang ein schiefes Grinsen. »Saram. Müsste ich mir merken können. Ich vergesse so viel ...«
    »Kannst du dich erinnern, was zuletzt geschehen ist?«
    Der Blick des Journalisten schweifte ab, er konnte sich nicht mehr konzentrieren. Still trank er seinen Kaffee. Der Mediker wartete geduldig, und auf einmal redete Routh wieder.
    »Ich hatte eine Frau«, sagte er, und ein verträumter Ausdruck huschte über sein Gesicht. »Als ich sie das erste Mal traf, fiel mir auf, wie klein und zierlich sie war, doch ihr Geist war groß. Sie war ehrgeizig und zielstrebig. Und sehr hübsch, gar nicht so spröde, wie andere behaupteten.«
    »Kannst du dich an ihren Namen erinnern?«
    »Klar. Henrike Ybarri. Sie ... ist heute sehr wichtig. Erste Terranerin, richtig?« Er strahlte den Mediker an, zugleich ein wenig schüchtern und verlegen. »Eine tolle Frau. Sehr hoch aufgestiegen. Ich dagegen ...«
    »Wann habt ihr euch getrennt?«
    »Weiß nicht mehr. Der Ehevertrag lief aus, und irgendwie hatte keiner von uns Lust, ihn zu erneuern. Ich war dauernd unterwegs, und sie ... na ja, sie wollte Karriere machen. Wir hatten uns auseinandergelebt. So richtig zusammengelebt hatten wir sowieso nie. Aber wir sind Freunde geblieben, auf alle Fälle.«
    Ialtek lehnte sich zur Seite und stützte den Kopf auf die Hand. »Und eure Tochter?«
    »Anicee?« Dieser Name kam schnell und ohne zu zögern. Die Bindung an seine Tochter war immer noch so tief, dass sie nicht ins Vergessen abdriftete. »Sie ... sie ist das Beste, was mir je passiert ist. Ich habe ziemlich viel Mist in meinem Leben gebaut, aber sie ... ist etwas Besonderes. Obwohl sie ... Wie heißt das, was ihr passiert ist ...«
    Er winkte ab. »Aber sie ist auch ganz groß geworden wie ihre Mutter. Sprecherin des Umbrischen Rates und ... tja, Herrscherin des Solsystems, nicht wahr?«
    Ialtek sah keinen Grund, ihn zu korrigieren. Die neueste Entwicklung kannte Shamsur nicht, nach seiner Einlieferung hatte er keine aktuellen Nachrichten mehr mitbekommen. Falls doch, hatte er sie vergessen.
    Und warum auch sollte er die Wahrheit
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