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PR 2690 – Der fünfte Akt

PR 2690 – Der fünfte Akt

Titel: PR 2690 – Der fünfte Akt
Autoren: Marc A. Herren
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hatte nicht alle fünf Akte gesehen und durchlebt, aber zumindest bis zur Peripetie hatte er die Handlung verfolgen können.
    Im ersten Akt besuchte der Bote den Hof und unterbreitete sein Angebot.
    Im zweiten Akt entwickelten sich die Verstrickungen zwischen den Figuren. Sowohl der Kanzler als auch der Hofnarr machten ihre Gefühle für die Prinzessin offenkundig und legten ihre grundlegend unterschiedlichen Ansichten zum Kontrakt mit der höheren Macht auf den Tisch. Der Kanzler versuchte zudem, mit eigenen Argumenten den König von den Vorzügen eines Beitritts zur Allianz der Völker zu überzeugen.
    Im dritten Akt strebte die Geschichte dem ersten tragischen Höhepunkt entgegen. Während eines Maskenballs köderte der Bote den König mit dem Angebot des lebensverlängernden Nektars – und der Regent zeigte sich interessiert. Die mahnenden Worte des Narren verhallten.
    Während der Bote der Prinzessin bei einem Tanz näherkam, konfrontierte der Narr den Kanzler mit den Ergebnissen eigener Erkundigungen. Er hatte Bildmaterial von der Schlacht um TRYCLAU-3 gesammelt und präsentierte die furchtbaren Auswirkungen, die der immense Materialverschleiß auf die beteiligten Hilfsvölker gezeitigt hatte.
    An dieser Stelle hatte sich Saedelaere aus der tödlichen Intensität der Inszenierung befreien können. Alles hatte danach ausgesehen, dass der Kanzler den Narren umgebracht hatte, um zu verhindern, dass dieser das Beweismaterial dem König unterbreitete.
    Nemo Partijan erhob sich vorsichtig.
    Die Übelkeit war vollständig abgeklungen. Langsam fand er zu neuen Kräften. Der Hyperphysiker sah an sich hinunter. Das weiße Hemd und das braune Jackett saßen wie angegossen. Die Beine steckten in weit geschnittenen dunkelgrünen Hosen, und an den Füßen trug er weichledrige Schuhe.
    »Was schauet Ihr fortwährend in Richtung des Tores?«, erklang die giftige Stimme des Hofnarren. »Ihr gleicht einem Halunken, der sich anschickt, einem armen Bauern seine letzten Münzen zu entreißen.«
    »Geh einem anderen auf die Nerven, unleidiger Narr. Hier wird gleich Geschichte geschrieben«, hielt der Kanzler entgegen.
    Partijan sah wieder zu den beiden Gestalten, die in der Mitte der Bühne standen.
    »Geschichte wird auch dann geschrieben, wenn es nicht darum geht, Euren Geldbeutel zu füllen!«
    Der Terraner blinzelte. Beide Figuren achteten nicht auf ihn. Beide schienen sie voll in ihrem Element zu sein. Im Gegensatz zum Narren wirkte der Kanzler aber seltsam durchscheinend wie ein schlecht kalibriertes Holo.
    Sind die beiden echt?, fragte sich Nemo Partijan.
    Er fragte sich, was er eigentlich vor sich sah. Zwei Schauspieler, die ihre Rolle verkörperten, oder fand alles nur in seinem Kopf statt?
    War es gar eine Mischung aus beidem? Waren sie tatsächlich alle nur Avatare auf einer virtuellen Bühne, erschaffen durch die Peaner?
    Partijan sah sich um.
    Die Bühne stellte den Thronsaal des Schlosses Elicon nach, des Sitzes des Königs des Reichs der Harmonie. Die Wände erhoben sich nur gerade drei Meter in die Höhe und waren auf den ersten Blick als Kulissen erkennbar. Die vierte Wand des Saals fehlte und ermöglichte den Blick auf eine technoide Umgebung.
    Eine gewaltige, metallene Ebene erstreckte sich weiter, als das Auge zu blicken vermochte. Über ihr stand das Schwarz des Weltraums, der erst in der Höhe der Bühne in den tiefblauen Himmel mit der eigenwilligen Wolke und den beiden Kunstsonnen überging.
    Saedelaere hatte erzählt, dass es sich bei der eigentlichen Bühne des Mahnenden Schauspiels um eine gigantische Weltraumplattform von fünfzehn Kilometern Länge und neun Kilometern Breite handelte.
    Nemo Partijan fragte sich, ob die Peaner seinen Avatar tatsächlich in das System des Singenden Schwarzen Lochs versetzt hatten oder ob dies ebenfalls nur eine weitere Illusion war.
    Er schüttelte den Kopf. Das Wie und Wo war nebensächlich. Maßgeblich für ihn war einzig, dass er Gelegenheit hatte, direkt mit einem der vier Geisteswesen TANEDRARS zu interagieren.
    Aber wie sollte er vorgehen? Einfach auf sie zugehen und sie unterbrechen? Und welcher der beiden war der Avatar, sein Kontakt?
    Gommrich Dranat, der Hofnarr?
    Das Wort »Avatar« stammte, soviel er wusste, aus dem Sanskrit und bedeutete so viel wie »Abstieg«. Eine Gottheit, die in die niederen Sphären herabstieg ... Eine äußerst treffende Beschreibung der aktuellen Situation, wie Partijan fand.
    Der Terraner straffte sich ... und stockte.
    Zwei weitere
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