Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
PR 2679 – Der Herr der Gesichter

PR 2679 – Der Herr der Gesichter

Titel: PR 2679 – Der Herr der Gesichter
Autoren: Marc A. Herren
Vom Netzwerk:
ließ sie achtlos fallen. Leise zischend verdampfte sie auf dem Boden. Haguany hatte dafür gesorgt, seine Spuren zu verwischen. Sicherlich würde auch dem Boten kein langes Leben vergönnt sein.
    Nachdenklich schritt Mekaren über die feuchten, warmen Fliesen auf die Liegemulde zu, warf den Bademantel achtlos auf einen Kleiderständer und setzte sich auf den Vulkanstein. Unter der Hitze zog sich die Haut zusammen, begann zu brennen.
    Normalerweise hätte der Protektor keine Mühe gehabt, den Schmerz zu ignorieren, seinen Körper unter Kontrolle zu halten. Doch die Unruhe, die die Botschaft seines alten Weggefährten in ihm ausgelöst hatte, machte seine Selbstbeherrschung zunichte.
    Sein rechter Unterschenkel zuckte. Das linke Augenlid begann zu flattern. Zischend sog Mekaren die Luft ein. Sie roch nach verbranntem Fleisch und nach seiner Unentschlossenheit.
    Zornig ob der ungewohnten Niederlage des Geistes über den Körper erhob sich der Protektor und sprang in den Eisbrunnen. Die Temperatur lag nahe dem Gefrierpunkt, kleine Eisbrocken schwammen auf der Oberfläche. Umgehend machte sich eine wohltuende Ruhe in ihm breit und schärfte sein Denken. Nach exakt achtzehn Herzschlägen stieg Mekaren aus dem Becken.
    Er ging in das an seine Oase der Reinheit angrenzende Arbeitszimmer. Winzige, servile Maschinen umschwirrten ihn. Sie trockneten seine Haut und behandelten sie mit pflegender Lotion. Bevor Mekaren über die Schwelle trat, stieg er in seine Bordkombination und desaktivierte die Systeme der Oase.
    Vor seinem Arbeitsplatz, der aus einem zweckmäßigen Pult und einem Kontursessel bestand, blieb er stehen und dachte nach. Wie lange war es her, dass Haguany und er in diesem Etablissement beisammengesessen und zu viel getrunken hatten? Vier Jahre? Fünf? Sie waren bereits zu dieser Zeit Protektoren gewesen, und niemand, der sich in Hörweite aufgehalten hatte, lebte noch.
    Zu brisant war der Inhalt ihres Gesprächs, das sie mit vom Rausch gelockerten Zungen geführt hatten. Der Entrückung, der sie ein einziges Mal im Jahr frönten, wie es ihre Gesinnung gebot.
    »Reinheit«, flüsterte Mekaren. »Reinheit durch Disziplin. Körperbeherrschung. Und Entsagung.«
    Haguany und er waren Anhänger der Gus-Bruderschaft. Seit ihrer Geburt hatte man sie die Lehre der Reinheit von Körper und Geist und des Einklangs mit sich selbst und dem Kosmos gelehrt. QIN SHI war stets präsent gewesen, stets das Vorbild der Reinheit. Doch je länger die beiden Freunde in Diensten QIN SHIS standen, desto größer wurden die Zweifel.
    Gebot QIN SHI über Disziplin? Nach allem, was Mekaren und Haguany miterlebt und erfahren hatten, fraß er wild und ungehemmt. Ganze Planeten, ganze Sternenreiche fielen ihm zum Opfer. Besatzungen von ungezählten Zapfenraumern waren von ihm verschlungen worden, weil QIN SHI sich nicht zügeln konnte, bis die vorgesehene Nahrung bereitstand.
    Selbstverständlich war dies jeweils nicht die offizielle Aussage im Flottenfunk. Wer in QIN SHI aufging, gewann die Unsterblichkeit, gab seinem Leben einen neuen Sinn. Mekaren wusste aber genau, dass dem Herrn der Gesichter nicht daran gelegen sein konnte, die Besatzungen von strategisch wichtigen Schiffen zu opfern, um ihrem Leben einen neuen Sinn zu verleihen.
    Gebot QIN SHI über Körperbeherrschung? Nun, sollte er einen wie auch immer gearteten Körper besitzen, beherrschte er ihn wohl kaum. Kaum hatte der Herr der Gesichter seinen Hunger gestillt, schlief er wieder für lange Zeit.
    Übte QIN SHI sich in Entsagung? Niemals. Wenn es ein Wort gab, das ihn beschrieb, dann dieses eine: Gier.
    Und das sollte der Herr der Xylthen sein? Das Vorbild der Gus-Bruderschaft?
    Wohl kaum. Das hatten die Freunde damals festgestellt, als sie mit düsteren Mienen in ihre Trinkbecher gestarrt hatten.
    Während Mekaren dort stand und nachdachte, schafften die servilen Maschinen ein Glas herbei. Aus einem Kelch füllten sie es mit bernsteinfarbenem Huzkus, den Mekaren stets nach seiner Meditation trank. Der Wurzelbrand regte den Geist an wie kaum ein anderes Getränk.
    Unvermittelt veränderte sich etwas. Der ins Glas fließende Huzkus fror ein. Als hätte man ihn schockgefroren, verharrte er vor Mekarens Augen. Einzelne Tropfen schimmerten im Licht der indirekten Beleuchtung. Dann wurde es dunkel. Und kalt.
    Mekarens Instinkte schlugen an. Er fühlte, dass ihn jemand beobachtete.
    Ein Ding der Unmöglichkeit! Niemand konnte ohne seine Erlaubnis diesen heiligsten aller Räume
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher