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PR 2679 – Der Herr der Gesichter

PR 2679 – Der Herr der Gesichter

Titel: PR 2679 – Der Herr der Gesichter
Autoren: Marc A. Herren
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zweimal, ein halbes Dutzend Mal, bis der letzte Zweifel und die Angst aus den Mienen der Sprösslinge verschwunden waren.
    »Und nun wollen wir ein kleines Experiment wagen«, sagte sie. »Wir werden nun ganz nahe zusammenkommen, so nah, dass sich unser Schaumhaar berührt. Dann werden wir versuchen, unsere Blasen zu einer gemeinsamen Gedankentraube zusammenzufügen. Wollen wir dies tun?«
    Die Sprösslinge stimmten begeistert zu. Auf Herans Anweisung verschoben sie ihre Sitzkissen und rückten eng zueinander. Dann beugten sie ihre Köpfe vor, bis sich die Spitzen ihres Schaumhaars verbanden.
    Fasziniert beobachtete Heran, wie bereits nach wenigen Atemzügen Gleichmäßigkeit in die Wellenbewegungen des Schaumhaars kam. Aus dem Blubbern stiegen kleine, vorsichtige Denkblasen auf, ungeordnet, aber gefüllt mit Symbolen der Zuversicht.
    »Ich will, dass ihr an den besten Moment in eurem Leben denkt!«, flüsterte sie. »Denkt an den Augenblick, in den ihr gerne zurückgehen würdet. Dann geht dorthin zurück. In euren Gedanken.«
    Das Blubbern verstärkte sich. Größere Blasen stiegen auf. Darin las sie von gemeinsamen Momenten mit den Eltern, von Lob, von Freundschaften, von vorsichtigen ersten sexuellen Erfahrungen.
    Heran lächelte, als sie sah, wie die zwei ersten Gedankenblasen miteinander verschmolzen. Blubbernd stieg eine weitere Blase auf und koppelte sich an die anderen beiden. Weitere kamen hinzu, formten eine Traube aus glücklichen Gedankenbildern.
    Ein Geräusch brachte Heran dazu, den Kopf zu wenden.
    Und da stand er.
    Maran Dana Fogga.
    Der Schock ließ sie erstarren. Er war zurückgekehrt. Maran! Ihr körpereigenes Kind. Sein Schaumhaar bewegte sich sanft blubbernd.
    »Maran ...«, flüsterte sie.
    Sie wollte sich erheben, aber die Beine und Arme gehorchten Heran nicht. Mit weit aufgesperrten Augen betrachtete sie ihren Sprössling.
    Wie hatte er es geschafft zurückzukehren? Ihr Abschied damals war für immer gewesen. Alle hatten es gewusst, als sie Maran in die Kapsel geschmuggelt hatten, die ins Robot-Werk fliegen würde.
    Eine Rückkehr war schon deshalb ausgeschlossen gewesen, weil sie ihren Planeten und den großen Plan gefährdet hätte.
    Und nun stand er da, blickte sie stumm an. Sie streckte eine Hand nach ihm aus.
    Seine Schaumhaare wellten, türmten sich auf, und ihnen entstieg eine mächtige Gedankenblase. Größer und gehaltvoller als jede Gedankenblase, die Heran je in ihrem Leben gesehen hatte.
    Darin erblickte sie milliardenfaches, unendliches Leben.
    Und den Tod.
    »Nein!«, flüsterte sie. »Nein, bitte nicht!«
    Sie riss sich von dem albtraumhaften Anblick los, als sie hörte, wie die Sprösslinge plötzlich ächzten und stöhnten. Die Gedankentraube löste sich von den Sprösslingen und stieg empor.
    Ihr Schaumhaar geriet in blubbernde Aufregung. In schneller Folge stiegen weitere Gedankenblasen auf, dutzendfach bildeten sie sich.
    Ihnen allen war etwas gemeinsam: Sie waren leer.
    »Nein!«, wiederholte sie.
    In panischer Hast blickte sie zurück zu ihrem Sprössling. »Bist du das?«, fragte sie. »Weshalb sind ihre Gedankenblasen leer?«
    »Weil sie nicht mehr da sind«, gab das Wesen zur Antwort, das nicht ihr Sohn, nicht Maran Dana Fogga war.
    »Wo ...«
    »Sie sind jetzt in mir«, sagte QIN SHI.

2.
    Von einem, der fraß
    Doppelgalaxis Chalkada
     
    Nachdem er mit letzter Kraft den Planeten Belagua erreicht und sich an seinen Bewohnern satt gefressen hatte, war er in einen Schlaf gefallen, aus dem er beinahe nicht mehr erwacht wäre. Ein todesartiger Schlaf.
    Als es ihm schließlich gelang, hörte QIN SHI die Schreie der Gesichter in sich. Ihnen fehlte Energie. Sie hungerten, wie auch er gewaltigen Hunger verspürte.
    Er musste lange suchen, bis er einen besiedelten Planeten fand. QIN SHI tauchte in die Atmosphäre ein, ließ sich darin treiben.
    Leben. So viel Leben.
    Eine Wasserwelt. Die intelligenten Bewohner hatten sich aus Schlingpflanzen entwickelt, die auf dem Meeresboden zusammen einen riesigen Organismus bildeten.
    Eine Weile beobachtete QIN SHI das Treiben der Morr'ani, hörte ihnen zu, wie sie über den Sinn ihres Seins philosophierten. Dann wurde der Drang übermächtig.
    Der Herr der Gesichter kostete das Leben in einem der mächtigen Wurzelriffe. Es schmeckte ausgezeichnet. QIN SHI fraß sich von Riff zu Riff.
    Die Kunde seiner Anwesenheit breitete sich gedankenschnell über den gesamten Planeten aus. Aber die Morr'ani, die Spitze der Nahrungspyramide dieser
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