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PR 2679 – Der Herr der Gesichter

PR 2679 – Der Herr der Gesichter

Titel: PR 2679 – Der Herr der Gesichter
Autoren: Marc A. Herren
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genügend Restenergie zu haben, um zu fressen.
    Und der Herr der Gesichter schlief.
     
     
    Intermezzo
    Planet Belagua
     
    Sie saßen im Kreis.
    »Schließt die Augen, schließt und entspannt euch ganz. Stellt euch vor, ihr liegt abends auf eurem Kissen und bereitet euch auf den Schlaf vor.«
    Die Sprösslinge ließen die Köpfe sinken. Einige schmatzten leise, wie sie es wohl ebenfalls taten, kurz bevor sie einschliefen.
    Amüsiert betrachtete Heran Sana Fogga die Kleinen. Wieder einmal verblüffte sie das Vertrauen, das ihr der Nachwuchs entgegenbrachte. Auf einer Welt der Unterdrückung, des Hasses der Ememthener auf die Kuippri waren die Lernstunden mit den Kleinen ein Hort des Friedens und der Zuversicht.
    »Nun will ich, dass ihr euch auf eure Schaumhaare konzentriert. Sie sind ein Teil von euch wie eine Hand oder ein Bein. Fühlt sie. Fühlt, wie sie sich im Strom eurer Gedanken kräuseln. Lauscht dem leisen Blubbern, wenn sich neue Gedankenblasen bilden.«
    Heran betrachtete fasziniert die ausdrucksstarken Gesichter der Kleinen. Der Zynismus der Erwachsenenwelt hatte noch nicht von ihnen Besitz ergriffen. Sie waren wie ein Blatt, das sich langsam mit Schriftzeichen füllte, eine Gedankenblase, die sich gerade erst bildete.
    Das fröhliche Blubbern in der engen Höhle verstärkte sich. Heran Sana Fogga erhob sich vorsichtig und ging langsam von Kind zu Kind. Sie waren zwischen drei und fünf Jahren alt.
    Bald würden sie zu Guerillakriegern herangezogen werden. Es war wichtig, dass die Entwicklung ihrer Gedankenlandschaften frühzeitig initiiert wurde. Ein Erwachsener, der nur schadhafte Gedankenblasen schuf, war für die Gemeinschaft und für sich selbst wertlos.
    Sie beugte sich hinab, berührte sanft den Hinterkopf des kleinen Omin Sana. »Fühl die Wellen, die durch dein Schaumhaar gehen!«, flüsterte sie. »Versuch sie nicht zu kontrollieren. Lass die Gedanken geschehen.«
    Omin Sana brabbelte etwas Undeutliches, aber sein Schaumhaar beruhigte sich sofort. Eine winzige Gedankenblase stieg auf. Darin lag ein toter Ememthener, über den zwei Kuippri krochen.
    Heran Sana Fogga zog die Hand ruckartig zurück, als hätte sie sie an einer Feuerschale verbrannt.
    Die Kinder ...
    Omin Sana wandte sich um. Angst lag in seinem Blick. Schnell griff er sich in das Schaumhaar und brachte die Blase zum Platzen. »Ich ... ich wollte nicht«, stammelte er.
    Die anderen Kinder drehten die Köpfe. Auch in ihren Gesichtern und Gedankenblasen las Heran von der Angst, die von Omin Sana auf sie übergesprungen war.
    Sie ergriff die schmalen Schultern des Jungen. »Du hast nichts Falsches getan«, sagte sie mit fester Stimme, während sie tief in seine Kinderaugen sah.
    Die Mentorin richtete sich auf, blickte in die Runde. »Habt ihr dies alle gehört?«, fragte sie. »Omin Sana hat nichts Falsches getan! Im Gegenteil: Er hat eine perfekte Blase geschaffen. Darin eingeschlossen war ein Gedanke, der kraft seiner Imagination entstanden ist.«
    Die Kindergesichter blickten sie an. Heran sah, dass sich die Angst langsam in Erleichterung wandelte. Nicht alle Sprösslinge hatten ihre Worte verstanden, den Sinn dahinter allerdings schon.
    Sie nahm ihren Platz im Kreis ein. »Merkt euch eines, Kinder: Im Leben werdet ihr euch häufig in Situationen wiederfinden, in denen ihr etwas tun müsst, was die Allgemeinheit von euch verlangt. Ihr werdet kämpfen müssen. Widerstand leisten gegen die Oppressoren. Familie und Freunde zurücklassen.« Sie blickte jedem der Kinder in das Gesicht, während sich ihre Schaumhaare sträubten und haufenweise grauschwarze Gedankenblasen ausstießen. »Ihr werdet töten müssen.«
    Schadhafte Gedankenblasen stiegen auf, zerplatzten mit einem hässlichen Geräusch. Ein schneidend metallischer Geruch breitete sich aus.
    »Aber lasst euch eines gesagt sein«, fuhr sie fort. »Der Krieg macht es erforderlich, dass die Gemeinschaft Dinge von euch verlangen wird, die ihr nicht tun wollt, die ihr aber für das Gemeinschaftswohl tun müsst. Was allerdings weder der Krieg noch die Gemeinschaft, noch eure Liebsten von euch verlangen können, ist, dass ihr die Gedankenblasen so gestaltet, wie sie es wollen. Eure Taten mögen die Taten der anderen sein, aber eure Gedanken gehören euch. Die Gedankenblasen sind frei!«
    Die Sprösslinge blickten sie aus großen Augen an.
    »Die Gedankenblasen sind frei«, wiederholte Heran Sana Fogga. »Wiederholt die Worte mit mir.«
    Sie sprachen die Worte gemeinsam. Einmal,
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