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PR 2671 – Das Weltenschiff

PR 2671 – Das Weltenschiff

Titel: PR 2671 – Das Weltenschiff
Autoren: Christian Montillon
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Schmerz dieses Verlustes nicht, wie ihn Organische fühlen würden. Aber ich dokumentiere ihn. Jede Millisekunde und jeder Zugang zu meinen Memosektoren beweist mir, dass ich nun minderwertig bin. Das ist nicht akzeptabel.
    Die Wahrscheinlichkeit, dass es während meiner Existenz und unter den Umständen meiner Entwicklung so weit hat kommen können, beträgt 0,97 Prozent. Mein Schöpfer hätte es in seiner typisch biologischen Beschränkung nicht für möglich gehalten. Dennoch ist genau dieser Fall eingetreten.
    Ich muss es ändern, denn es hinzunehmen ist ebenfalls nicht akzeptabel. Meine Programmierung steckt in einer Schleife, die immer wieder mit bohrender Unausweichlichkeit zu diesem Ergebnis führt.
    Es lähmt mich, und es fordert zu viel von den Resten meiner einstigen Genialität. Mein schöpferischer Funke ist erloschen. Als die Hyperimpedanz anstieg, eine grundlegende Konstante des Universums, verlor ich mein Selbst. Ich wurde reduziert auf das, was ich nun bin:
    Ein Nichts.
    Eine Positronik wie Milliarden andere. Nur eins unterscheidet mich noch. Meine Erinnerungen; mein Speicherinhalt. Die bereits abgeschlossenen Projekte, die ich an vielen Orten im Kosmos vollbrachte und die von meiner Genialität zeugen.
    Aber nun hat sich alles verändert. Ich muss neue Variablen in die quälend langsamen Rechenprozesse einbringen.
    Denn drei Wesen waren in meine Prozessorbasis eingedrungen und bis zu meinem Thron gekommen, ehe ich sie mit einer Transmitterschaltung versetzt habe. Ich muss die beiden Überlebenden in eine Neuberechnung der voraussichtlichen weiteren Entwicklung der Dinge einbeziehen.
    Eine dieser Kreaturen kannte ich; inzwischen ist sie mit einer Wahrscheinlichkeit von 98,54 Prozent tot. Damit habe ich meinem ehemaligen Piloten Nikomus Neuntau einen letzten Wunsch erfüllt. Er wird es wohl als sentimentale Anwandlung aufgefasst haben. Mit dieser Einschätzung täuschte er sich. Wie so oft. Ich handelte aus reiner Logik heraus, denn dieser lästige Zwergandroide hätte mir und meinen Plänen gefährlich werden können. Er hat seine nützlichen Tage weit hinter sich gelassen.
    Die zweite Person ist Neuntau ähnlich, ein Kunstgeschöpf wie er, von gleichem Äußeren. Schon deshalb schätze ich ihn als nicht vertrauenswürdig ein. Ein Sklave der Kosmokraten. Was soll man von ihm erwarten? Berechne ich alles ein, was die Vergangenheit mich lehrte, so spricht das Ergebnis gegen ihn. Es ist sogar möglich, dass er sich als Agent der Hohen Mächte entpuppen wird.
    Am interessantesten ist das dritte Wesen, eine humanoide Erscheinung, die sämtlichen Bewertungsmaßstäben nach nicht aus Escalian stammt, obwohl es eine Maske über dem Gesicht trägt. Er hat mich nach der Frau Samburi Yura gefragt; um sie zu finden, ist er gekommen. Ein großes Ziel, doch es entspricht seiner Natur, wie ich sie erkannt habe.
    Er sieht sich als kosmisches Lebewesen, und in der Tat ist er kein gewöhnlicher Sterblicher, was schon eine erste Abtastung seiner Biodaten und ein Scan seiner höherdimensionalen Bewusstseinskomponenten ergeben haben. Er ist ein komplexes Individuum, das von vielen höherwertigen Entitäten berührt worden ist. Ein Wesen voller Widersprüche.
    Dieser Mann ist gefährlich. Aber womöglich kann er mir helfen. Ich habe Erfahrung mit biologischen Lebensformen dieses Niveaus. Man muss sie mit Vorsicht behandeln, aber wenn man es richtig angeht, können sie nützlich sein.
    Diese Besucher haben die Situation verändert. Sie zwingen mich, die Parameter der Wahrscheinlichkeitsberechnungen der unmittelbaren Zukunft neu zu bestimmen.
    Ich werde die Fremden für meine Zwecke benutzen. Es dauert lange, den korrekten Weg mit den größten Erfolgsaussichten zu finden. Damals, als ich noch ein kreativer, schöpferischer Konstrukteur war, hätte es weniger als einen Lidschlag in Anspruch genommen.
    Aber es kann wieder so sein.
    Bald.

2.
     
    Alaska Saedelaere zog die Trage weiter, den Hügel hinauf und näher zu Sholoubwas Energiekuppel.
    Der Zwergandroide kannte ihn inzwischen gut genug, um ihn seinen Gedanken zu überlassen und ihn nicht zu stören. Die Begegnung mit Julisch hatte in dem Terraner nicht nur Mitleid entfacht und den Wunsch zu helfen, sondern auch bodenlosen Zorn, in einem Maß, wie er ihn sonst nicht empfand.
    Ist es der Splitter?, fragte er sich bange. Beeinflusste ihn TANEDRARS winziges Bruchstück auf einer fast unterbewussten Ebene, indem es seine Gefühle manipulierte?
    Er hatte bereits vorher
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