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PR 2657 – Geheimbefehl Winterstille

PR 2657 – Geheimbefehl Winterstille

Titel: PR 2657 – Geheimbefehl Winterstille
Autoren: Leo Lukas
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auch noch das Licht der Kunstsonnen gedämpft wurde. Weil es zu grell war für die empfindlich gewordenen Augen der zurückgekehrten Neuformatierten, die sich nun Sayterraner nennen.
    Sie gehen davon aus, dass sich mittelfristig sämtliche terranischen Jugendlichen derselben Gehirnwäsche unterziehen. Freiwillig, versteht sich.
    Den Übrigen soll kein Leid zugefügt werden. Diejenigen, die sich das Hirn nicht umformatieren lassen oder zu alt dafür sind oder ungeeigneten Fremdvölkern angehören, dürfen wohlbehütet, in Ruhe und Harmonie, ganz gemütlich aussterben.
    Ist das nicht ungeheuer großzügig? Sind sie nicht tolle Typen, Anicee und ihre dauergrinsenden Meister?
    Ich kann nicht begreifen, dass sie damit durchkommen. Findest du, Papa, es wirklich erstrebenswert, in ewiger Dämmerung dahinzuvegetieren bis ans Ende deiner Tage?
    Oh, ich vergaß: Du hast ja deine Werkstatt und die heiß geliebte Schriftensammlung. Wenn du dich darin versenkst, brauchst du sowieso kein Tageslicht.
    Aber ich kann leider die Realität nicht so leicht ausblenden wie du und viele andere. Nutzlose Antiquitäten horten oder handgeschnitzte Kugelbahnen bauen oder im Netz über Sport debattieren oder Kochrezepte und Veranstaltungstipps austauschen oder »Kristallimperator XII« spielen, bis die Birne raucht ...
    Nichts dagegen, versteh mich nicht falsch, jeder soll sich entspannen, wie es ihm gefällt. »Muße ist ein Menschenrecht«, sagst du gerne. Da stimme ich dir hundertprozentig zu.
    Allerdings hast du uns auch beigebracht, dass aus Muße nicht Müßiggang werden sollte. »Man muss stets die Grenze zu Bequemlichkeit und Tagedieberei im Auge behalten«, waren deine Worte.
    Soso. Und was ist mit der Grenze zwischen stoischer Gelassenheit und kleinmütiger Tatenlosigkeit?
     
    *
     
    Lieber Vater, ich werfe dir nicht Feigheit vor. Du bist gewiss weder Feigling noch Egoist. Ich weiß, dass du dich, wenn nötig, für jeden von uns ohne Zögern opfern würdest.
    Der Vorwurf, den ich dir nicht ersparen kann, lautet: Du übernimmst zwar für deine Familie Verantwortung, nicht aber für deine Stadt, deinen Planeten, dein Sonnensystem. Dazu fühlst du dich nicht berufen.
    »Was soll ein unbedeutender Typograf schon groß ausrichten?« – Gib's zu, diese Entgegnung liegt dir soeben auf der Zunge.
    Sie war nicht schwer zu erraten. Du wäschst dich so gut wie immer mit derselben Ausrede rein.
    In deiner Generation bist du bei Weitem nicht der Einzige, der keinen Gedanken darauf verschwendet, die Initiative zu ergreifen, selbst aktiv zu werden und sich zu wehren. Vielleicht haben euch die zahlreichen Bedrohungen der Vergangenheit abgestumpft; vielleicht war es die Erfahrung, dass letztlich Perry Rhodan und seine uralten Freunde noch immer die Kastanien aus dem Feuer geholt haben, ob mit oder ohne euer Zutun.
    Diesmal jedoch ist die Sachlage eine andere, und nicht nur wegen der Abwesenheit der meisten Aktivatorträger.
    Die Invasoren sind mit einer relativ kleinen Flotte gekommen und angeblich in Frieden. Bis zum heutigen Tag streiten sie ab, dass es sich überhaupt um eine Invasion handelt. Sie unterbreiten uns bloß ein freundschaftliches Angebot und helfen mit sanftem Druck nach, dass wir nicht den dummen Fehler begehen, es auszuschlagen.
    Ha! Weißt du, woran mich das erinnert?
    Du kennst doch sicherlich das Beispiel vom Frosch, der sofort heraushüpft, wenn er in heißes Wasser geworfen wird. Ist das Wasser hingegen lauwarm, und man erhitzt es langsam, bleibt er hocken und kriegt erst mit, was passiert, wenn es zu spät und er schon so gut wie gar gekocht ist.
    So ähnlich, fürchte ich, werden uns die Sayporaner übertölpeln.
     
    *
     
    Sie wenden eine ziemlich raffinierte Salami-Taktik an. Scheibchenweise beschneiden sie unsere Freiheit.
    Zuerst haben sie die demokratisch gewählte Regierung entmachtet, indem den Residenz-Ministern »Assistenten« zur Seite gestellt wurden – die in Wahrheit bestimmen, wo's langgeht.
    Vor knapp einer Woche hat Anicee Ybarri die Katze ein Stück weiter aus dem Sack gelassen: Als Sprecherin des Umbrischen Rates hat sie die »Republik Formatiertes Terra Umbra« proklamiert.
    Merkst du was? FTU statt LFT, was bekanntlich für Liga Freier Terraner steht ... Während Umbra oder Sepiabraun, wie ich herausgefunden habe, eine Erdfarbe bezeichnet, und zwar eine recht stumpfe, düstere, kraftlose.
    Übrigens heißt auch eine Gattung der Hundsfische so. Diese kleineren Verwandten der Hechte sind sozusagen
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