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PR 2640 – Splitter der Superintelligenz

PR 2640 – Splitter der Superintelligenz

Titel: PR 2640 – Splitter der Superintelligenz
Autoren: Christian Montillon
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gequältes Ächzen in der Luft – Saedelaere schloss daraus, dass keine Zeit vergangen war, während er die Puppe gesehen und mit ihr gesprochen hatte.
    Das Holo entstand nicht wieder. Stattdessen ertönte eine neue, unbekannte Stimme aus dem Funkempfänger.
    »Kapituliert!«, forderte der Fremde, der sich nicht durch ein Bild zu erkennen gab. »Ihr habt keine Chance.«
    Im nächsten Moment wechselte die Stimmlage, weg von dem militärisch harten, gewohnten Befehlston, hin zu einem Tonfall, den Saedelaere nicht recht einzuordnen vermochte. War es Spott? Oder sogar so etwas wie Wärme? Doch dazu klang zu viel Verachtung darin mit.
    »Übrigens weiß ich genau, wer du bist, Carmydea Yukk! Gib auf!«
    Überrascht drehte sich Saedelaere zu der jungen Frau, die zu seiner Begleiterin in der Zeit der Not geworden war.
    Ihr ganzer Körper schien zu erstarren; nur die Arme hob sie in einer hilflosen Geste, die Hände zitterten.
    »Carmydea?«, tönte es aus dem Funkempfänger.
    Sie wankte einen Schritt zurück und flüsterte vier fassungslose Worte, die nur Saedelaere hören konnte, weil er dicht neben ihr stand: »Nein, nicht ... nicht du.«
     
     
    Carmydea Yukk
     
    Als ob alles nicht schrecklich genug wäre. Nun auch noch das.
    Ausgerechnet er.
    Carmydea Yukk fragte sich, ob es nicht weitaus angenehmer gewesen wäre, in der Anomalie zu bleiben und zu sterben. War nicht alles besser, als gerade ihm in die Hände zu fallen?
    »Wer ist es?« Das war Alaska Saedelaere; er sprach leise und beugte sich zu ihr. Sie wandte sich um und sah das leichte Irrlichtern hinter den Augenschlitzen, das einen verwirrten, ja ... verloren wirkenden Eindruck bei ihr hinterließ.
    Dieser Lichteffekt umschwirrte auch den Hinterkopf, wo die Maske ebenfalls nicht völlig geschlossen war. Sie wirkte wie Porzellan, bestand aber aus weicher, technoider Nanoseide, die die Form des Gesichts betonte und sogar ein wenig Mimik erahnen ließ, wenn man wie Carmydea ein geübter Beobachter war.
    Und wenn man – ebenfalls wie Carmydea in diesen Augenblicken – verzweifelt versuchte, sich abzulenken, um an etwas anderes denken zu können. An irgendetwas anderes. In Saedelaeres Fall ließ sich eine eigenartige Gesichtsform erahnen, weil etwas auf seinen Zügen saß und sie verfälschte. Etwas, das das Irrlichtern ausstrahlte.
    Nicht nur ein Rätsel umgab diesen Mann, das Carmydea zu gerne gelöst hätte. Aber dazu blieb ihr keine Zeit, nachdem sie ausgerechnet ihm in die Hände gefallen war. – Und da war er erneut, der unausweichliche Gedanke an die Realität, dem sie gerade einmal zwei oder drei Sekunden lang hatte entfliehen können, ehe er sie wieder erreichte.
    »Wer ist es?«, wiederholte Saedelaere, diesmal drängender.
    Sie antwortete ihm nicht, sondern drehte sich zu Rizinze Baro um. »Wir müssen weg von hier. Tu etwas!«
    Ein höhnisches Lachen aus dem Holo. »Carmydea, du sitzt fest.«
    »Stell das ab!«, herrschte sie Baro an. Sie rammte Saedelaere beide Hände gegen die Brust, sodass dieser zur Seite taumelte und ihr notgedrungen Platz machte, und stellte sich neben den Kommandanten. Dort versuchte sie, Zugriff auf die Systeme zu erlangen.
    Ob sie tatsächlich eine Chance hatten, zu entkommen, war ihr völlig gleichgültig. Sie musste nur irgendetwas tun. Sie dachte nicht mehr logisch, und das wusste sie auch. Angst und Abscheu überwältigten sie und spülten jeden klaren Gedanken beiseite.
    »Carmydea, du machst dich lächerlich!« Parallel mit diesen Worten entstand das Holo neu und zeigte den Sprecher.
    Sie brauchte nicht hinzusehen.
    Sie kannte die blaue Maske, über die nicht nur holografisch simulierte, sondern teilweise auch echte Flammen züngelten. Der Träger dieser Maske vermochte die Lohen zu steuern und sie im Nahkampf gezielt als wirksame Waffen einzusetzen; im Normalzustand hingegen waren sie flüchtig und kühlten sofort nach ihrem Entstehen aus.
    Sie kannte den Mann, der zweifellos der gesamten gegnerischen Flotte vorstand. Er hatte sich nie mit weniger als dem Maximalen zufrieden gegeben. Er hatte schon immer das bekommen, was Carmydea verwehrt worden war ...
    Sie schüttelte die Verwirrung und das Entsetzen ab. Den Zorn.
    »Du hast recht«, sagte sie. »Wir kapitulieren.«
    Die roten Flammen auf der blauen Maske züngelten ein wenig höher. »Der Traktorstrahl wird deine RHYLINE in meine DRUSALAI ziehen. Ich erwarte dich.« Eine kleine Pause. »Und deine Begleiter ebenfalls.«
    Das Holo löste sich auf.
    »Carmydea!«,
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