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PR 2620 – Fremde in der Harmonie

PR 2620 – Fremde in der Harmonie

Titel: PR 2620 – Fremde in der Harmonie
Autoren: Christian Montillon
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bildete sich als wabernder Schlauch; sie verband den Palast mit dem Stern.
    Auch ohne weitere Erklärungen oder Informationen war Saedelaere sofort klar, was diese Darstellung bedeutete – das Schiff zapfte Energie aus der Sonne.
    Eroin Blitzer zog sich kommentarlos zurück, kam kurz darauf wieder, als der Aktivatorträger noch immer nachdenklich das Bild beobachtete und versuchte, sich über seine nächsten Schritte klar zu werden. Er durfte keinen Fehler begehen, wollte die Konsequenzen seines Handelns möglichst exakt vorausberechnen.
    »Ganze Roboterheerscharen versorgen sich nun mit Energie und treiben die Reparatur voran«, berichtete Blitzer. »Erste Prognosen und Hochrechnungen gehen davon aus, dass dieser Zwischenstopp nur drei Tage in Anspruch nehmen wird. Danach will man die Reise ins Reich der Harmonie fortsetzen.«
    Drei Tage – Zeit genug, um einige Erkundungen einzuholen.
    Zwar hatte Saedelaere die Anweisung erhalten, seine Suite nicht zu verlassen, aber das sollte ihn nicht hindern, tätig zu werden. Das Beispiel des Zwergandroiden zeigte deutlich, dass dies sehr wohl im Bereich des Möglichen lag, wenn man nur kreativ genug vorging.
    Zwar lagen Saedelaeres Stärken eher in der Logik, aber er hatte gelernt, sich seinen Umständen anzupassen. Die Bewohner des Palastes, allen voran die Herzogin, schienen auf ihn weniger logisch als vielmehr instinktiv ablehnend zu reagieren.
    Er versuchte eine Funkverbindung zur Herzogin aufzubauen, doch sie antwortete nicht. Saedelaere fühlte einen gewissen Ärger, mehr noch Zorn – schließlich hatte er unter Einsatz seines eigenen Lebens dafür gesorgt, dass sich der Palast aus der Anomalie befreien konnte.
    Ohne ihn wäre der Palast noch immer gefangen. Und die LEUCHTKRAFT nicht zerstört oder verschollen, ergänzte er in Gedanken.
    Dennoch vertraute die Herzogin ihm nicht und auch niemand sonst an Bord. Möglicherweise mit Ausnahme von Gardeleutnant Pridon. Dieser war allerdings schwer verletzt worden, und Saedelaere wusste immer noch nicht, wie es ihm ging.
    Geschweige denn, ob Pridon ihm tatsächlich volles Vertrauen schenkte. Zuletzt hatte es ganz und gar nicht den Eindruck erweckt, aber die Situation war auch in vielerlei Hinsicht extrem gewesen.
    Unter der Einwirkung der Strahlung des Cappinfragments waren die Escalianer an Bord förmlich Amok gelaufen, hatten Halluzinationen und Schmerzen erlitten. Saedelaere hatte ein absolutes Chaos, in dem sie alle gestorben wären, nur knapp verhindern können.
    Wie sollte es nun weitergehen?
    »Eroin?«
    »Ja, Alraska?«
    »Ich habe einen Auftrag für dich.«
     
     
    Gardeleutnant Pridon
     
    Er träumte.
    »Pridon, nicht!«, hörte er in diesem Traum. Während er schlief, erlebte er wieder diesen alles verzehrenden Hass, dieses Bewusstsein, dass er den Träger jener läppisch geflickten Maske töten musste.
    Ja, musste, und wenn es das Letzte war, was er in seinem Leben tat. Denn Saedelaere trug an allem die Schuld!
    Er allein!
    Deshalb band sich Gardeleutnant Pridon, im Traum wie vor Kurzem in der Realität, erneut auf den Rücken des spinnenbeinigen Roboters Sholoubwa, um den Fremden Alaska Saedelaere zu töten.
    Wieder wimmelten schwarze Käfer durch sein Sichtfeld.
    Wieder hörte er jene Stimme, die vielleicht Fura'chur gehörte: »Wir haben es beinah geschafft!«
    Wieder drückte er den Abzug des Strahlers.
    Und wieder bemerkte er das schwarze, seltsam fellige Seil viel zu spät, das sich um sein rechtes Handgelenk wickelte.
    Pridon warf sich auf seiner Schlafstätte umher, verschwitzt, die Muskeln verkrampft, doch es änderte nichts an den unerbittlichen Bildern aus dem Traum, aus der Vergangenheit:
    Der ultraheiße Thermostrahl aus der Waffe fauchte schräg vor ihm in die Tiefe. Große Hitze breitete sich aus. Verbrannte die Welt um ihn und seine Maske.
    Pridon riss den Mund auf, keuchte, und als er aus dem Traum schreckte, glaubte er noch einmal diese entsetzliche Hitze zu schmecken. Der Sauerstoff brannte in seiner Lunge, verkohlte ihn innerlich und ließ seine Maske auf der Haut schmelzen ...
    Sein Herz raste.
    Er riss die Augen weit auf, und sie verdrehten sich so sehr, dass er nichts mehr sah, weil die Pupillen in die Augenhöhlen rutschten.
    Pridon atmete durch die Nase ein oder den verbrannten schwarzen Klumpen, der davon übrig geblieben war oder ... oder ... Er wusste nicht, wie er inzwischen aussah.
    Er erinnerte sich nicht.
    Und schlief wieder ein.
     
    *
     
    War es wieder ein Traum? Oder
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