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Port Vila Blues

Port Vila Blues

Titel: Port Vila Blues
Autoren: Gary Disher
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Schmerztabletten oder das Nelkenöl von Nutzen waren. Zumindest verschlimmerten sie die Sache nicht, das musste man beidem zugute halten.
    Wyatt blendete den Schmerz aus und konzentrierte sich auf den Polizeifunk. Es war gut, allein zu arbeiten, der Reiz von Planung und Ausführung — und, wenn er ehrlich war, der Reiz der zu erwartenden und der tatsächlichen Gefahr. Er dachte einen Moment lang über diese Jobs nach, die Jardine für ihn auftat. Vor drei Monaten zum Beispiel hatte ein Millionär sie beide angeheuert, um das Silber zurückzubekommen, das er im Rahmen seiner Scheidung an seine Frau hatte abtreten müssen. In einem anderen Fall hatte eine Finanzierungsgesellschaft dafür bezahlt, dass ein bankrotter Bauunternehmer, der mit zwei Millionen Dollar in der Kreide stand, um zwei nicht deklarierte Nolans und einen Renoir erleichtert wurde.
    Das Radio knackte. Der Streifenwagen meldete sich: »Falscher Alarm.«
    »Erklären Sie das bitte«, sagte der Wachhabende.
    Die Stimme klang, als zitiere sie aus einem offiziellen Bericht. »Constable Wright und ich haben uns dem Gebäude genähert und festgestellt, dass ein Fenster, das zur Straße hinausgeht, eingeschlagen wurde. Nach genauerer Untersuchung haben wir auf dem Boden unterhalb des Fensters eine zusammengerollte Zeitung entdeckt. Constable Wright hat sich durch das zerbrochene Fenster Zutritt zum Gebäude verschafft. Das Gebäude ist möbliert, aber leer und unversehrt. Wir erwarten weitere Instruktionen.«
    Der Sergeant meldete sich. »Reden Sie nicht lange drum herum, meinen Sie, dass der Zeitungsjunge etwas rigoros war?«
    »Sieht so aus, Sarge.«
    »Okay, geht wieder rein, schaltet den Alarm aus und dann ab zum Highway. Dort gibt’s einen Stau.«
    »In Ordnung, Sarge.«
    »Ich werde inzwischen die Sicherheitsfirma anrufen, damit sie jemanden schicken, der sich um das Fenster kümmert.«
    »In Ordnung, Sarge.«
    Wyatt wartete. Als er den Streifenwagen die Carlyle Street entlangfahren sah, fuhr er rückwärts in eine Seitengasse, stieg aus und überklebte den Rapido-Schriftzug mit einem HomeSecure-Aufkleber. Anschließend zog er einen Overall an, auf dem der Name HomeSecure mit Hilfe einer Schablone angebracht worden war, und fuhr um die Ecke zu Nr. 29, um mit überzeugend gespielter Eile in die Auffahrt einzubiegen. Er hielt vor der Eingangstür, stieg aus, entfernte mit der behandschuhten Hand die restlichen Glasscherben aus dem Fensterrahmen und kletterte über das Fensterbrett ins Haus.
    Er ging direkt in das Schlafzimmer. Es war ein merkwürdig flach möblierter Raum: ein Futonbettgestell samt Futon in Knöchelhöhe, eine niedrige Kommode, in einer Ecke ein ebenso niedriger Rattanstuhl, ein Wandschrank, keine Bilder an den Wänden. Einzig die Vorhänge befanden sich über Taillenhöhe und sorgten dafür, dass das Morgenlicht gedämpft auf das Bett fiel. Es war zudem ein asexueller Raum, als gälte Wintergreens Leidenschaft ausschließlich dem Zustandekommen irgendwelcher Deals, aus denen nicht nur sie Profit schlagen konnte, sondern auch jene, die eines Tages ihrer Karriere förderlich sein könnten.
    Der Safe verbarg sich unter einem schweren nepalesischen Läufer am Fußende des Bettes. Wyatt hob das Dielenbrett hoch, gab die Zahlenkombination ein und vernahm ein Summen, als das elektronische Schloss sich öffnete.
    Er zog die Tür auf und blickte in einen Innenraum von der Größe eines kleinen Fernsehers. Dort befanden sich Stapel von Papieren und Akten, aber nicht die fünfzig Riesen, die Jardine ihm versprochen hatte. Wyatt räumte den Safe aus und klopfte mit den Knöcheln gegen die Seitenwände und den Boden. Er schnaubte. Es war ein doppelter Boden.
    Wyatt stieß probeweise gegen die Ecken. Bei der Arretierung des Bodens handelte es sich um einen einfachen Federmechanismus. Wyatt drückte und klappte die Bodenplatte auf.
    Die fünfzig Riesen waren tatsächlich da, gebündelt in Zwanzigern, Fünfzigern und Hundertern. Wyatt stopfte sie in die Reißverschlusstaschen im Innenfutter seines Overalls. Fünfundzwanzig für Jardine, fünfundzwanzig für sich.
    Er hielt inne. Da lag noch etwas, eine kleine Tasche aus schwarzem Samt. Wyatt griff danach und holte sie heraus.
    Der Gegenstand, der jetzt auf seine Handfläche fiel, funkelte sanft im Licht der Taschenlampe. Es war eine Art-déco-Brosche aus den dreißiger Jahren, ein Schmetterling mit acht Zentimeter Spannweite. In Gold gefasste Diamanten von ungefähr zwei Karat bildeten den Körper.
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