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Pommes rot-weiß

Pommes rot-weiß

Titel: Pommes rot-weiß
Autoren: Christoph Güsken
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mir nie würde leisten können. Ein wild gemustertes Seidenhemd, jede Menge Parfüm und ein Goldkettchen um den Hals. Dazu eine schwarze Sonnenbrille. Robert de Niro in seiner Rolle als Mann der ›ehrenwerten Gesellschaft‹.
    »Voß!«, sagte er fast höflich. »Wo ist er?«
    Er hatte tatsächlich einen italienischen Akzent und sagte ›Voß‹ mit angehängtem ›E‹. Offenbar lag ihm viel daran, als Sizilianer durchzugehen.
    Nach Luft ringend, schüttelte ich den Kopf. »Was…«
    »Besser, wenn du’s ihm sagst«, riet mir der andere in meinem Nacken. Dann stieß er mich quer durch den Raum gegen den umgekippten Schreibtisch. »Also los!«
    »Kittel«, beschwerte ich mich. »Ich bin Kittel, nicht…«
    »Aber das hier ist Voß!«, stellte der Parfümierte klar und zeigte auf den Papierkorb. Er wollte mir wohl zu verstehen geben, dass wir uns hier in Voß’ Büro befanden.
    »Kittel & Voß. Er ist mein Partner.«
    Der mit dem Stahlarm kam langsam auf mich zu. Er sah mich an, als sei ich eine Fliege, die er schon dreimal von seinem Kuchen verjagt hatte und die die Dreistigkeit besaß, zum vierten Mal zu landen.
    »Dann weißt du, wo Voß ist.«
    »Nein! Keine Ahnung, ehrlich. Klar, dass ihr jetzt denken müsst, ich wollte es euch verheimlichen. Aber das stimmt nicht. Er ist verreist, hat aber nicht gesagt, wohin.«
    Der Duftende grinste breit und ausgiebig. Dann stieß er ein paar einzelne Lacher aus, was sich anhörte wie ein startender Wagen, dessen Batterie so gut wie verbraucht ist.
    »Klar. Verreist. Willst uns verscheißern, was?«
    »Nein, will ich nicht. Es ist nur, wir arbeiten nicht an demselben Fall.«
    Das Regal links neben dem Fenster hatten sie vergessen umzuwerfen. Auf dem oberen Brett stand eine harmlose Keksdose, von der nur Henk und ich wussten, dass sie das Geheimversteck unserer Zweitkanone war. Für Fälle wie diesen.
    »Milano will ihn sprechen«, verriet mir zischend das Bunthemd.
    »Also ich«, erklärte ich, vorsichtig in Richtung Keksdose manövrierend, »weiß nicht mal, ob er in Italien ist. Und wenn, dann glaub ich eher, dass er sich irgendwo in Neapel herumtreibt. Ich meine natürlich, Napoli.«
    »Der scheint ein richtiger Clown zu sein«, spottete der Mann mit dem Stahlarm böse. Er zündete sich eine Zigarette an und der Qualm vermischte sich mit dem süßlichen Eau de Toilette, mit dem sein Kumpel versuchte, wie ein Italiener zu duften. »Aber vergiss nicht, dass ein Witz nur dann komisch ist, wenn wir darüber lachen.«
    Er kam wieder näher. Im Vorbeigehen knickte er Henks Schreibtischlampe wie einen Grashalm.
    »Gut! Ich werd’s mir merken«, versicherte ich eilig.
    Ich wich zurück, bis ich das Regal in meinem Rücken spürte. »Also schön! Warum sollte ich mich mit euch anlegen? Ich werde Henk ausrichten, dass…«
    »Bah!«, fuhr mir der Schönling über den Mund. »Wenn Milano einen sprechen will, dann richtet man nichts aus. Man geht zum Friedhof und sucht sich schon mal einen Platz aus, capisce?«
    Offenbar dachte er, ich zitterte vor ihm, weil er mit italienischen Ausdrücken um sich warf und mir den Mafioso vorspielte. Dabei war das gar nicht der Fall. Ich zitterte vor ihm, weil sein Kollege brutal war und gefühllos wie ein Android. Außerdem zertrümmerte er Henks schöne Büroeinrichtung.
    »Okay«, sagte ich. »Bevor wir uns auf Spanisch beschimpfen, sollten wir vernünftig reden. Ich schlage euch ein Geschäft vor.«
    »Ich hör wohl nicht recht«, lachte die Kampfmaschine.
    »Was für ein Geschäft?«, wollte sein Kumpel wissen. Entsprechend der üblichen Rollenaufteilung war er in dem Gespann wohl derjenige, dem das Denken überlassen blieb.
    »Ihr sagt mir, was ihr von Henk Voß wollt.«
    Er lachte auf. »Nicht viel. Bloß seinen Kopf.«
    Der Rambo stupste mit seinem Kampfarm gegen meine Brust. »Jetzt du.«
    Meine Hand hatte endlich die Keksdose gefunden. Sie schlüpfte hinein, wühlte in den Krümeln und förderte einen Gegenstand zu Tage. Ein kaltes, glattes Ding, das mir ein gutes Gefühl gab. Jetzt war ich am Zug. »Mein Vorschlag lautet, dass wir das lächerliche Kasperltheater jetzt beenden.«
    Meine Hand tauchte aus der Dose und zielte mit der Waffe auf den Schönling. »Ihr habt euer Bestes gegeben, aber jetzt ist Schluss.« Ich grinste. »Capisce?«
    Für ein paar lange Augenblicke trat Stille ein. Niemand rührte sich. Der Schlägertyp glotzte mich mit blödem Gesicht an. Dann wandte er sich an seinen Kollegen, den Denker. »Was will der
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