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Polterabend

Polterabend

Titel: Polterabend
Autoren: Alfred Komarek
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einzige, was ich mir anschau im Fernsehen.«
    »Ja, und heute früh, als Sie ins Preßhaus vorangegangen sind..., ist Ihnen irgend etwas aufgefallen?«
    »Nein. Aber es hätte schon was Besonderes sein müssen. Ich war ja auf die Arbeit konzentriert. Naja, einen Moment war der Eindruck da, als wär der Geruch irgendwie anders.«
     »Wie anders?«
    »Kann ich nicht sagen.«
    »Geht der Martin eigentlich ins Preßhaus, dann und wann?«
    »So gut wie nie und schon gar nicht im Winter. Am Weinbau hat er kein Interesse. Und das Trinken macht ihm in der Disco mehr Spaß. Außerdem kann er nur mit mir ins Preßhaus, weil er noch keinen eigenen Schlüssel hat. Den bekommt mein Herr Sohn erst, wenn er trocken ist hinter den Ohren.«
    »Er weiß aber, wo er hängt, der Schlüssel?«
    »Klar.«
    »Und könnt er ihn nicht einmal nehmen, einfach so?«
    »Ja. Einmal und das letzte Mal.«
    »Wo war er gestern abend?«
    »Sie sollten fragen, wie er war, Herr Polt. Gegen neun hat jemand geklopft. Ich hab das Hoftor aufgemacht, und der Martin ist mir in die Arme gefallen. Stehen hat er nicht mehr können. Und seine feinen Freunde, die ihn bei mir abgegeben haben, waren schon weg. Der schläft noch immer, wenn er nicht grad über der Klomuschel hängt.«
    »Passiert das öfter?«
    »So arg war’s noch selten.«
    »Da fällt mir was ein, Herr Fürnkranz. Als wir den Preßkorb gefüllt haben...«
    »Was soll da gewesen sein?«
    »Nichts. Aber haben Sie sich nicht gewundert, daß weniger drin Platz hat als sonst?«
    »Jetzt haben Sie mich erwischt, Herr Polt. Ich war tatsächlich ein paar Augenblicke lang unsicher. Aber Eiswein habe ich schon seit vielen Jahren nicht mehr gepreßt. Und die gefrorenen Trauben liegen natürlich lockerer im Korb. Und dann habe ich mir überlegt, daß ihr drei wahrscheinlich wie die Wilden geschaufelt habt, weil euch so kalt war.«
    »Was anderes. An dem Abend vorher: Haben Sie da in den Preßkorb hineingeschaut?«
    »Natürlich. Ich wollt ja überprüfen, ob alles sauber ist. Und Sie können mir glauben, Herr Polt, ein Mensch wär mir aufgefallen, sogar eine tote Maus. Logisch ist also nur eins: Ich selbst habe jemand hineingestopft und ihm am nächsten Morgen in aller Ruhe den Hengst gegeben.«
    »Das erzählen Sie Ihrer Urgroßmutter.«
    »Geht nicht mehr, die liegt schon draußen. Aber Sie haben recht, hat immer gern gelacht, die Rosi.«
    »Da gibt es nichts zu lachen. Wie geht’s denn mit Ihnen als Weinbauer weiter, Herr Fürnkranz?«
    »Wahrscheinlich gar nicht. Die Baumpresse ist hin, und das neumodische Zeug will ich nicht, wenn’s noch so viele Vorteile bringt.«
    »Aber das Holz kriegt man doch wieder sauber?«
    »Blut bekommen Sie weg, Herr Polt, aber nicht die Schuld.«
    »Ich versteh nicht ganz.«
    »Das kommt schon noch. Und wir haben Besuch.«
    Jetzt hörte auch Polt Schritte. Kratky spähte durch die Kellertür nach unten. »Ah, ja! Kollege Polt im Kreuzverhör mit Weinfässern! Ans Licht, meine Herren!«
    Im Preßhaus bereiteten sich die Männer der Tatortgruppe auf ihre Arbeit vor, der Gemeindearzt Dr. Eichhorn redete mit einem Kollegen.
    Kratky zeigte auf den Preßkorb: »Da drin?«
    Polt nickte. »Alles zusammengefroren, wahrscheinlich.«
    »Wem gehört das Preßhaus?«
    Wortlos trat Karl Fürnkranz vor.
    »Was dagegen, wenn wir Gewalt anwenden müssen? Ich meine, die Presse beschädigen? War nur eine rhetorische Frage. Wir tun’s ohnedies.«
    »Na dann. Brauchen Sie mich noch?«
    »Und wie! Sie sind ja sozusagen der Hauptdarsteller. Neben der Leiche, meine ich. Warten Sie bitte draußen.«
    Ruhig wandte sich Fürnkranz ab und ging durch die weit geöffnete Preßhaustür ins blasse, aber grelle Licht der Wintersonne.

 

Katerfrühstück
     
    Erst gegen Mittag kam Polt nach Hause. Er war froh, den Höllenbauern, bei dem er wohnte, nicht zu sehen. Er wollte in Ruhe gelassen werden, das galt auch für Freunde. Aber da war noch sein Kater. Er hörte sein forderndes Maunzen durch die geschlossene Tür, sperrte auf, griff wortlos zum Futternapf und füllte ihn. »Truthahn«, murmelte er, »40 Prozent weniger Fett, wird dir gut tun, Dicker.«
    Minuten später hatte Polt geduscht, stand nackt im Badezimmer und schaute nachdenklich an sich hinunter. Dann zog er bequeme Sachen an und ging zum Kühlschrank. Sein spätes Frühstück bestand aus zwei Scheiben Knäckebrot mit magerem Topfen und Gartenkresse. Dazu trank er schwarzen Kaffee. Er war zur Überzeugung gelangt, daß weniger Polt für
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