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Poison (German Edition)

Poison (German Edition)

Titel: Poison (German Edition)
Autoren: Wolfram Alster
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Mann zurück. Seine Hände, die gewiss sehr, sehr zärtlich sein können, seine Augen, in denen ich mich gerne verlieren würde und deren Glanz der Lust ich gerne in meinen spiegeln würde, sein Körper, vielleicht ein bisschen zu mager, erregt mich total, und ich verfluche mich, weil ich nicht zumindest versucht habe, ihn anzusprechen und wenigstens herauszufinden, ob er wirklich hetero ist – oder mich furchtbar zu blamieren, was das Naheliegendere ist. Und größer als ich, merde, ich zerschmelze schier bei dem Gedanken an diesen Mann. Wie automatisch gleitet meine rechte Hand zwischen meine Schenkel, die sich fast unbewusst leicht spreizen, damit ich zwischen sie gleiten und die interessanten Stellen stimulieren kann. Bei der ersten leichten Berührung öffnet sich meine Rosette wie das Auge eines Rehs und stülpt sich neugierig nach außen, um meinen Fingern den Eintritt zu gewähren, den sie fordern, und mit der anderen Hand sanft, sehr sanft meinen Freudenspender zu massieren. Bevor es allerdings ernst wird, stoppe ich die Bewegung meiner Hände und sitze wie erstarrt in der Badewanne.
    »Was mache ich hier eigentlich gerade?«, frage ich mich. Fassungslos über mich selbst steige ich aus der Badewanne und halte den Kopf am Waschbecken unter kaltes Wasser. Na ja, es schreckt schon ab, aber es verdrängt den Gedanken nur mehr ins Reich der Naivitäten. Und Naivitäten kann ich mir nicht leisten, weder in meinem Job noch in meinem zukünftigen Leben.
    Ich weiß, ich hätte mir schon längst einen Job suchen müssen. Aber erstens ist Berlin ein verführerischer Moloch, besonders für Jungs wie mich, und zweitens hab’ ich es eigentlich noch gar nicht soo eilig mit der Promotion. Promotion? Ach, ich sollte es vielleicht erwähnen – ich habe Physik und Mathematik studiert. In Heidelberg. Bin gerade fertig geworden damit. Mit 25! Da kann ich mir für den Doktor ruhig noch etwas Zeit lassen, und vor allem noch mal Geld verdienen, bevor ich ins bürgerliche Leben eintauche.
    Doch jetzt style ich mich erst einmal richtig, damit ich bestehen kann in der Nacht der Nächte – es ist Freitag, es ist Berlin, und ich will tanzen, Spaß haben und vielleicht auch mal Sex mit einem Typen, der mich anmacht und vielleicht sogar »meinem« kleinen Hetero ein bisschen ähnlich sieht. Und dazu muss ich einfach perfekt aussehen, ich muss noch unwiderstehlicher sein als sonst, und – vor allem – ich muss endlich einen klaren Kopf bekommen. Also schmeiße ich mich in Schale, und style meinen Körper so, dass wirklich alles makellos ist – »So lege ich sogar den Kaiser von China flach«, weiß ich insgeheim – und verlasse einige Stunden später so aufgedonnert das Haus, fahre mit dem Taxi – so in der U-Bahn? Nein! – nach Schöneberg in die Westszene, und laufe im »Pinocchio« auf, einer edleren Bar, in der ich ganz gern verkehre. Denjenigen Jungs, die mich kennen, scheinen schier die Augen aus dem Kopf zu fallen.
    »Cool«, denke ich, »so wollte ich es haben.« Und genau so ist es auch, jeder, wirklich jeder, versucht einen Blick von mir zu erhaschen und sich meine Aufmerksamkeit zu verdienen – aber nicht mit mir, sie haben nicht mit Shahin El Houssaine, der Diva, gerechnet – keinen Blick widme ich ihnen. Das Spiel kann beginnen.
    Zwei, drei Tassen Kaffee – ich trinke so gut wie nie Alkohol – und der Dümmste unter den Anwesenden hat begriffen, dass keiner von ihnen der Grund meiner Anwesenheit ist. Sogar Hans, der Barkeeper, behält seine zickigen Kommentare für sich und scheint zu hoffen, dass ich mir andere Opfer suche – nicht, dass ich als Gast nicht willkommen wäre, aber es ist frustrierend für die anderen Gäste, wenn sie so offenkundig völlig unwichtig sind wie in meinem Fall.
    Es ist herrlich, den Tucken zuzusehen, wie sie sich beinahe überschlagen, zunächst vor Höflichkeit, um Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, dann vor angeblichem Interesse, um ihre Möglichkeiten abzuchecken und letztendlich vor vorgeblichem Desinteresse, weil sie checken, dass nichts laufen wird, und sie deshalb frustriert sind ohne Ende.
    Ich genieße das Spiel noch ein paar Minuten, ohne die Situation zu überreizen, und ziehe mich gerade noch rechtzeitig zurück, bevor die Stimmung umschlägt, laufe die paar Meter in die »Blue Boy Bar«, ein Laden, in dem Freier und Stricher zusammentreffen und ihre geschäftlichen Dinge regeln, bevor sie sich in eines der umliegenden billigen Hotels zurückziehen. Auch hier spiele ich
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