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Ploetzlich Liebe

Ploetzlich Liebe

Titel: Ploetzlich Liebe
Autoren: Abby McDonald
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ein paar Seiten zurück zum Anfang seiner Notizen und greift alles an, was Carrie eben gesagt hat. »…Und letztlich wird der intrinsische Wert der Demokratie als Mittel von ihr völlig überbewertet.«
    »Aber selbstverständlich hat das einen Wert!«, platzt Carrie heraus. »Willst du damit sagen, wir sollten kein Mitspracherecht in unserer Regierung haben?«
    »Natürlich nicht.« Edwin seufzt. Er ist groß und sieht aristokratisch aus wie viele Jungs hier, mit rötlich angehauchten Wangen und einem zart besaiteten Ausdruck, wie ein temperamentvoller klassischer Komponist oder so was. »Doch wenn man dem lexikalisch Priorität gibt, riskiert man, andere wichtige Faktoren aus den Augen zu verlieren.«

    »Was meinen Sie dazu, Natasha?«, unterbricht Elliot die beiden und starrt mich mit ihren bohrenden blauen Augen an.
    Von »lexikalischer Priorität« hab ich noch nie was gehört, aber es gibt keinen Ausweg.
    »Welchen Standpunkt haben Sie in Ihrem Essay eingenommen? «
    Wäre dies eine dieser romantischen Komödien, mit denen ich mich in meinem Studium beschäftigt habe, dann würde ich jetzt einen tiefschürfenden Kommentar anbringen, mit dem ich alle auf meiner Seite hätte und unter Beweis stellen könnte, dass meine harte Arbeit und Plackerei sich gelohnt haben.
    Aber so ist das nicht.
    »Äh.« Ich werfe einen hastigen Blick auf meinen Essay. »Irgendwie hab ich dem zustimmen können, was in dem Davies-Buch stand. Über die unterschiedlichen Gesichter der Macht?« Ich halte inne, guck mich um und suche nach Hinweisen darauf, dass ich auf dem falschen Dampfer bin. Nichts, deshalb stolpere ich weiter. »Irgendwie so, wie echte Macht alle dazu kriegt, das zu tun, was man will, ohne dass sie es merken?«
    Carrie seufzt, sie hat sich das Haar mit einem wild gemusterten grünen Schal zurückgebunden. »Es ist reine Spekulation, ob einer dieser Faktoren wirklich relevant ist oder inwieweit das zutreffen könnte oder …«
    Und so macht sie weiter, Punkt für Punkt rattert sie eine lange Liste runter, in der sie aufführt, wo ich falsch liege. Indessen rutsche ich tiefer in meinen Sessel und merke, wie ich rot werde. Mir hat es noch nie was ausgemacht, im
Unterricht blamiert zu werden, aber hier ist es irgendwie anders, der kleine Raum, wie die mich ansehen. Carrie und Edwin wirken völlig genervt, so als würden sie jetzt den Friedensplan für den Mittleren Osten auf den Tisch legen, wenn ich nicht wäre.
    »… Wirklich, Lancing deckt all das in den ersten Kapiteln ab.« Ungeduldig sieht Carrie mich an. »Hattest du etwa keine Gelegenheit, ihn zu lesen?«
    »Ich … nein«, gestehe ich ein. Schon um die wichtigsten Texte auf der Liste zu lesen, hatte ich mich von morgens bis abends abrackern müssen. Ich hatte nur zum Schlafen und Essen die Bibliothek verlassen. Und ja, ich war immer noch auf Nudelsuppendiät. »Tut mir leid«, füge ich hinzu und hasse mich schon, als mir diese Worte über die Lippen kommen.
    Carrie wechselt einen Blick mit Edwin.
    »Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, Natasha«, sagt Professor Elliot ruhig. »Davies Argumente sind hier durchaus relevant. Eigentlich könnte man sogar sagen, dass er, selbst wenn man Lancings Einwände in Betracht zieht, den besten Ansatz zu diesem Thema liefert.«
    Mich schüttelt’s. Noch schlimmer, als als Vollidiot rüberzukommen, ist es, wenn der Lehrer versucht einem den Rücken zu stärken.
    »So, Carrie, können wir einfach noch mal auf Ihr erstes Argument zurückkommen …«
     
    Zum Glück darf ich für den Rest des Kurses schweigen, ab und zu werfe ich mal ein zustimmendes Murmeln oder besorgtes Stirnrunzeln ein, kommt ganz drauf an, ob die anderen
zustimmen oder nicht. Doch die haben genug damit zu tun, sich gegenseitig die Butter vom Brot zu nehmen, um das zu bemerken. Ehrlich, wenn ich Carrie nicht schon als Lesbe abgestempelt hätte, dann würde ich Geld drauf wetten, dass sie und Edwin bald zusammenkommen: die Art, wie die sich die Thesen um die Ohren hauen, schreit praktisch ›ungelöste sexuelle Spannungen‹. Aber egal, wenigstens sind sie so damit beschäftigt, sich gegenseitig zu zerfleischen, dass sie sich um mich nicht kümmern können – und dann ist die Stunde auch bald vorbei und ich darf wieder in mein Zimmer flüchten und mich damit trösten, dass die nächste Foltersitzung erst in vier Tagen stattfindet. Das ist das Gute an Oxford, würde ich sagen, wegen des komischen Studiensystems hier habe ich nur zwei von diesen brutalen
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