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Platzkarte zur Hölle Kommissar Morry

Platzkarte zur Hölle Kommissar Morry

Titel: Platzkarte zur Hölle Kommissar Morry
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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mißtrauisch aussehender Mann mit einer grauen, an Packpapier erinnernden Haut.
    „Entschuldigen Sie, bitte", sagte Stuart. „Ich wollte nur hören, wer in diesem Haus wohnt...“
    „Können Sie nicht lesen?" fragte der Hausmeister brummig. „Die Firmen haben ihre Namensschilder neben der Tür . . ."
    „Mich interessieren nicht die Büros", meinte Stuart. „Ich möchte wissen, wer hier lebt?"
    „Und weshalb möchten Sie das erfahren?"
    Stuart seufzte und holte ein paar Dollar aus der Tasche, die er dem Alten in die bereitwillig ausgestreckte Hand drückte.
    „Außer mir wohnt bloß noch Chreston hier."
    „Chreston?"
    „Ja, Charly Chreston; er hat die Atelierwohnung in der Mansarde."
    „Was ist das für ein Mensch?"
    „Künstler. Irgend so ein Verrückter, der eigentlich nach Greenwich Village gehört. Malt, schreibt Bücher ... tut alles mögliche, aber kaum etwas, um im Leben auf vernünftige Weise voranzukommen. Ich hätte ihn schon längst auf die Straße gesetzt, wenn er nicht seine Miete stets pünktlich bezahlt hätte . . ."
    „Wie alt ist dieser Chreston?"
    „Achtundzwanzig, dreißig. Genau kann ich's Ihnen nicht sagen."
    „Seit wann wohnt er hier?"
    „Lassen Sie mich mal nachdenken. Zwei Jahre... vielleicht auch ein paar Monate darüber."
    „Wer sind seine Freunde?"
    „Die Tauben, Er hat ein paar Brieftauben, wissen Sie."
    „Sehr interessant. Aber das meine ich nicht. Ich wollte wissen, mit wem er verkehrt . . ."
    „Mit niemand. Ist 'n Einzelgänger."
    „Freundinnen?"
    „Ich sage Ihnen ja, daß er 'n Einzelgänger ist. Habe noch nie ein Mädchen bei ihm gesehen..."
    „Auch nicht in der vergangenen Nacht?"
    „Nein."
    „Wovon lebt er?"
    „Keine Ahnung. Manchmal schleppt er eines seiner modernen Bilder aus dem Haus . . . wahrscheinlich verkauft er diese Schinken irgendwo. Mir müßten Sie etwas dazu geben, wenn ich eines davon in meiner Wohnung aufhängen sollte."
    „Geht er oft weg?"
    „O ja, er ist selten zu Hause. Fragen Sie mich nicht, wo er sich aufhält. Ich weiß es nicht."
    „Na, ich werde mal mit ihm sprechen..."
    „Hoffentlich haben Sie Glück. Er meidet die Menschen. An seiner Tür finden Sie weder eine Klingel noch ein Namensschild. Sie müssen mit der Faust dagegen hämmern . . ."
    „Ich werde mich schon bemerkbar machen", sagte Stuart und verließ die Wohnung des Hausmeisters.
    Kurz darauf stand er vor der weiß lackierten Mansardentür. Er lauschte ein paar Sekunden auf Geräusche aus dem Inneren der Wohnung. Als er nichts vernahm, klopfte er kräftig gegen die Tür. Nichts regte sich. Er wiederholte den Versuch, diesmal etwas stärker, aber wiederum blieben seine Bemühungen ohne Erfolg. Vielleicht war Chreston weggegamgen. Stuart trat ans Fenster des Treppenflurs und öffnete es, um hinaus zu schauen. Er entdeckte, daß ein ziemlich breiter Sims rings um das Haus lief. Stuart beugte sich weiter hinaus und sah, daß ein Fenster, das offenbar zu Chrestons Wohnung gehörte, offen stand. Es konnte nicht schwer sein, es zu erreichen . . . vorausgesetzt, daß man schwindelfrei war und sich keinen Fehltritt leistete.
    Er ging zurück zu der Tür der Mansardenwohnung und hämmerte dagegen. Niemand meldete sich. Dann trat er wieder an das Fenster und blickte nach unten. Fünf Stockwerke tiefer pulsierte das Leben der Straße. Stuart musterte den Sims; er war gut zwanzig Zentimeter breit, aber stellenweise war der Putz abgebröckelt und Stuart fragte sich, ob der Mauervorsprung kräftig genug war, die Last eines ausgewachsenen Menschen zu tragen. Nach kurzem überlegen schwang er sich hinaus und tastete sich entlang des Simses bis zu dem offenen Fenster.
    Er atmete auf, als er im Innern des Zimmers stand; es war ein rechteckiger Raum von etwa zwanzig Quadratmetern. Die Einrichtung war guter Durchschnitt; das Zimmer machte einen aufgeräumten, sauberen Eindruck. Es war ganz anders, als er es sich vorgestellt hatte. Stuart hatte die geniale Unordnung erwartet, mit der sich Künstler gern umgeben. Statt dessen fand er ein bürgerlich anmutendes Wohnzimmer vor.
    Er ging auf eine der Türen zu und öffnete sie. Die Tür führte ins Atelier. Auch hier herrschte peinliche Ordnung. Auf der Staffelei stand ein unvollendetes Gemälde — ein leicht abstrahiertes Stilleben.
    Vor der Staffelei entdeckte Stuart etwas, was sich mit der in der Wohnung herrschenden Ordnung durchaus nicht vertrug.
    Auf dem Boden lag ein Mann.
    Der Mann hatte das Gesicht dem Boden zugewandt und ein Knie
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