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Philadelphia Blues

Philadelphia Blues

Titel: Philadelphia Blues
Autoren: Mathilda Grace
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Klamotten und einem Rucksack scheint er abgebrannt zu sein. Ich verstehe das einfach nicht.“
    „Hm“, machte Devin nachdenklich. „Hatte Gwen Probleme? Ich meine, warum schickt sie Kilian zu dir? Warum schreibt sie deswegen sogar ein Testament, um sicher zu stellen, dass der Junge zu dir kommt? Vielleicht ging es um Geld oder sie hatte sich mittlerweile auch mit euren Eltern überworfen.“
    „Ich weiß es nicht“, seufzte Colin und schämte sich sofort dafür, aber es war nun mal nicht daran zu rütteln, dass er aus dem Leben seiner kleinen Schwester nicht viel wusste. Genau so hatte er es damals gewollt und Gwen hatte ihm deswegen auch nie einen Vorwurf gemacht. „Hoffentlich kann Kilian mir morgen mehr dazu sagen.“
    Colin hoffte es nicht nur, er betete förmlich darum. Nicht, dass er sonderlich gläubig war, aber im Moment war die ganze Geschichte noch so voller Löcher, dass er einfach keinen roten Faden fand. Es musste einen Grund geben, warum Gwen ausgerechnet ihn als Vormund für Kilian haben wollte und er musste wissen, warum seine Eltern ihren eigenen Enkel mit einem verdammten Stück Papier aus ihrem Leben verbannt hatten.
    „Was ist eigentlich mit seinem Vater?“, fragte Devin nachdenklich und riss ihn damit aus seinen Überlegungen.
    Colin verdrehte schnaubend die Augen. „Vergiss es. Der wollte vor fünfzehn Jahren nichts von Kilian wissen und das war es. Sie mit siebzehn zu schwängern, das hatte er drauf, aber sich um sein Kind zu kümmern nicht. Bei dem Arsch bleibt Kilian bestimmt nicht.“
    „Unterhalt?“, wollte Devin wissen.
    „Hat er nie gezahlt und Gwen hat auch nicht darauf bestanden. Wir haben deswegen sogar gestritten, aber sie meinte, lieber hätte sie drei Jobs, als auf die Almosen eines Geschäftsmannes angewiesen zu sein, der als Vater sowieso ein Versager wäre.“
    „Okay, das kann ich sogar verstehen“, gab Devin zu und seufzte am anderen Ende. „Das soll man begreifen. Die Behörden schicken einen Teenager über den großen Teich, in der Hoffnung, dass du ihn zu dir nimmst?“, sprach Devin danach aus, was er dachte. „Ich meine, Hallo? Warum hat denn niemand Kilian zu dir begleitet? Wieso hat sich kein Mensch bei dir gemeldet? Gwen wird ja kaum erst gestern gestorben sein.“ Devin schnaubte. „In was für einer Welt leben wir eigentlich, wenn ein fünfzehnjähriger Junge mir nichts dir nichts in ein Flugzeug gesteckt wird? Wer hat ihn da reingesetzt? Er wird sich das Ticket ja wohl kaum selbst gekauft haben.“
    Genau die Fragen hatte sich Colin schon alle gestellt, aber der Einzige, der sie ihm beantworten konnte, lag derzeit ein Stockwerk höher im Bett. „Ich lasse ihn erstmal schlafen und versuche morgen früh, ein paar Informationen aus ihm rauszukriegen.“ Colin sah auf die Uhr. „Heute bringt das alles nichts mehr. Ich schätze mal, ich sollte mir einen Anwalt suchen. Das Jugendamt wird vermutlich bald vor meiner Tür stehen. Weißt du Adrians Nummer?“
    „Nein, aber Dom wird sie haben.“ Devin raschelte kurz herum. „Ich schicke ihm eine SMS. Mal sehen, wann er sich meldet.“
    Colin lächelte unwillkürlich. Auf Devin war einfach immer und zu jeder Zeit Verlass. „Danke.“
    „Nicht dafür.“ Devin lachte leise. „Hast du dir mal überlegt, wie das ablaufen wird, wenn du ihn bei dir behältst? Ein Teenager. Das grausamste Alter überhaupt, frag Mum. Und wenn Kilian genauso gern in die Schule geht wie du, hast du noch einiges vor dir.“
    Colin musste lachen. „So schlimm war ich gar nicht.“
    „Von wegen. Du erinnerst dich bloß nicht mehr daran“, hielt Devin hörbar grinsend dagegen. „Reiner Selbstschutz.“
    „Pfft“, machte Colin, obwohl Devin nicht Unrecht hatte. Als er in Kilians Alter gewesen war, hatte er ständig irgendwelchen Blödsinn ausgeheckt oder Entschuldigungen gefälscht, wenn er keine Lust auf die Schule gehabt hatte.
    „Colin? Willst du ihn überhaupt zu dir nehmen?“
    Diese Frage hatte kommen müssen und für Colin gab es darauf nur eine einzige Antwort. „Er ist mein Neffe. Denkst du ernsthaft, ich sehe tatenlos dabei zu, wie er in ein Heim gesteckt wird?“
    Dieses Schicksal würde er Kilian nie im Leben aufbürden. Ihm war zwar klar, dass es auch glückliche Heimkinder gab, Devin bewies es ihm schließlich jeden Tag, aber Devins Eltern waren ohnehin etwas Besonderes. Menschen wie diese gab es nur äußerst selten und Colin hatte nicht vor, im Bezug auf Kilian das Glück herauszufordern. Er würde seinen
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