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Pharmakon

Pharmakon

Titel: Pharmakon
Autoren: Robin Cook
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eingehen, den Wecker abzustellen, weil er Angst hatte, er könne sich verschlafen. Aber so aufgeputscht, wie er sich an diesem Morgen fühlte, war das wohl nicht möglich.
    Nachdem er sich auf die linke Seite gewälzt hatte, schmiegte er sich an die schlafende Gestalt Jennifers, seiner dreiundzwanzigjährigen Frau, die er vor anderthalb Jahren geheiratet hatte. Er spürte das rhythmische Auf und Ab ihrer Brust. Er griff nach unten und ließ seine Hand leicht ihre Schenkel hinaufwandern, die aufgrund ihres täglichen Tanztrainings schlank und fest waren. Ihre Haut war weich und bemerkenswert glatt, fast ohne den geringsten Fleck, der ihre Oberfläche beeinträchtigt hätte. Sie hatte einen delikaten olivenfarbenen Ton, der auf eine südeuropäische Abstammung hinwies, was allerdings nicht der Fall war. Jennifer bestand darauf, daß ihre Genealogie auf väterlicher Seite englisch und irisch sei und deutsch und polnisch in der mütterlichen Linie.
    Jennifer streckte ihre Beine aus, seufzte und wälzte sich auf den Rücken, wodurch sie Adam zwang, ihr Platz zu machen. Er lächelte; selbst noch im Schlaf hatte sie eine starke Persönlichkeit. Auch wenn ihr starker Charakter sich Adam manchmal als frustrierender Eigensinn darstellen konnte, war das doch einer der Gründe, weshalb Adam sie so sehr liebte.
    Nachdem er einen weiteren Blick auf den Wecker geworfen hatte, der jetzt 4.58 h anzeigte, zwang sich Adam dazu aufzustehen. Als er durch das Zimmer zur Dusche ging, stieß er mit einem Zeh an eine alte Pullman-Truhe, die Jennifer mit einer Decke überzogen hatte, damit sie als Tisch dienen könne. Er knirschte mit den Zähnen, um nicht laut aufzuschreien, und humpelte zur Kante der Badewanne, auf die er sich setzte, um den entstandenen Schaden zu begutachten. Er hatte eine bemerkenswert niedrige Schmerzgrenze.
    Adam hatte das zum erstenmal während seiner verheerend kurzen Football-Karriere auf der Hochschule erkannt. Da er einer der größeren Jungen war, hatte jedermann, einschließlich Adam selbst, erwartet, er würde in das Team aufgenommen werden, insbesondere da David, Adams verstorbener älterer Bruder, einer der Stars der Stadt gewesen war. Das war aber nicht der Fall gewesen. Alles war gut gelaufen, bis man Adam den Ball und die Order gegeben hatte, einen Spielzug durchzuführen, den er pflichtbewußt auswendig kannte. In dem Augenblick, als er angegriffen wurde, hatte er Schmerzen empfunden, und bis zu dem Augenblick, als alle anderen wieder auf ihren Beinen standen, hatte sich Adam entschieden, das sei ein weiteres Gebiet, in dem er nicht mit dem Ruf seines Bruders konkurrieren könne.
    Adam schüttelte die Erinnerung ab, duschte sich schnell, rasierte sich - er hatte einen starken Bartwuchs, der sein Gesicht bereits um fünf Uhr nachmittags wieder dunkel erscheinen ließ - und kämmte sein dichtes, schwarzes Haar. Er bürstete schnell über seine Kleider, warf jedoch kaum einen Blick in den Spiegel, denn er maß seinem dunklen attraktiven Aussehen wenig Bedeutung bei.
    Weniger als zehn Minuten, nachdem er aus dem Bett aufgestanden war, stand er in der zwei-mal-vier Meter großen Küche und kochte Kaffee. Er ließ seinen Blick über das enge, schlecht möblierte Apartment schweifen und schwor wieder, er werde für Jennifer augenblicklich eine anständige Wohnung suchen, sobald er das Medizinstudium beendet habe. Dann ging er zum Schreibtisch im Wohnzimmer und blickte auf das Material, an dem er am vorigen Abend gearbeitet hatte.
    Eine Welle der Unruhe wogte durch seinen Körper. In weniger als vier Stunden würde er vor dem einschüchternden Dr. Thayer Norton stehen, dem Chef der Internistischen Abteilung. Die restlichen Studenten im dritten Studienjahr, die gegenwärtig zusammen mit Adam in der Internistischen Abteilung turnusmäßig abwechselten, würden in einer Gruppe zusammenstehen. Ein paar der Studenten, wie Charles Hanson, würden ihm vielleicht Mut machen. Der ganze Rest würde jedoch mehr oder weniger hoffen, er würde sich zum Narren machen, was eine ausgesprochen gegebene Möglichkeit war. Adam hatte nie gut vor einer Gruppe abgeschnitten, was eine weitere Enttäuschung für seinen Vater darstellte, der selbst ein anerkannter und sehr umworbener Redner war. Zu Beginn des Rotationsverfahrens hatte Adam mitten in der Vorstellung eines Falles einen völligen Blackout gehabt, und Dr. Norton hatte ihn das nie vergessen lassen. Konsequenterweise hatte Adam seine wichtigste Fallvorstellung bis zum Ende der
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