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Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall

Titel: Pfeilgift: Katinka Palfys Siebter Fall
Autoren: Friederike Schmöe
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Katinka, kannst du…?«
    Zum Teufel, ich bin kein Kindermädchen, wollte Katinka sagen. Verkniff es sich. Nahm Witterung auf. Paula sah nervös aus, und sie tat Katinka leid, wie sie frierend unter den halb entblätterten Bäumen stand.
    »Warte.« Katinka ging zu den anderen zurück und warf Norbert ihren Autoschlüssel zu. »Fahr du. Und bring ihn mir unversehrt zurück.«
    Zwei Minuten später dirigierte sie Paula zurück ins Hotel und die Treppe hinauf.
    »Zieh dir was drüber und überleg dir währenddessen, wo dein Mann stecken könnte. Welche Klamotten hat er an?«
    Paula schloss ihre Tür auf. Abgestandener, alkoholschwangerer Dunst nahm Katinka den Atem. Sie riss das Fenster auf.
    »Seine Turnschuhe sind nicht da«, sagte Paula.
    »Schlafanzug?«
    »Was?«
    Katinka hätte am liebsten laut geschrien, beherrschte sich jedoch.
    »Ist sein Schlafanzug hier?«
    Paula wühlte im Bett.
    »Ja, da liegt er.«
    »Also hat er sich angezogen, seine Turnschuhe geschnürt und ist los.«
    »Was meinst du damit?«
    »Es bedeutet erst mal nur, dass er nicht in Panik aus dem Zimmer geflüchtet ist. Er hatte Zeit, sich anzuziehen.«
    Paula hielt sich den Kopf, während sie den Samsonite-Koffer inspizierte, der neben Hagens Bett stand.
    »Seine Jeans sind da.«
    »Schau, ob seine Sportsachen im Koffer sind.« Katinka sah in den Schrank. Gähnende Leere. Sie selbst hatte auch nichts ausgepackt. »Er hat sie doch mit, oder?«
    »Die Trainingshose fehlt.«
    »T-Shirt? Pulli?«
    Paula stöhnte.
    »Ehrlich gesagt, ich weiß gar nicht, was er alles eingepackt hat.«
    »Schon gut. Die wahrscheinlichste Lösung ist, dass er joggen wollte. Wie lange dreht er üblicherweise seine Runde?«
    »Höchstens eine Stunde. Meistens kürzer. Fünfzig Minuten.«
    »Wann bist du aufgewacht?«
    »Gegen halb neun. Da war sein Bett leer. Er ist Frühaufsteher, länger als bis acht hält es ihn nie in den Federn.«
    Katinka sah auf die Uhr. Kurz nach neun. Hagen war also circa sechzig Minuten unterwegs. Ungewöhnlich, wenn man Paula glauben durfte, aber noch keinesfalls ein Alarmzeichen.
    »Wenn man irgendwo läuft, wo man sich nicht gut auskennt, schätzt man die Zeit oft nicht realistisch ein«, beruhigte sie Paula und überprüfte Hagens Nachtschränkchen. »Ist das sein Portemonnaie?« Sie hielt eine braune Lederbrieftasche hoch.
    Paula nickte, hockte sich aufs Bett und ließ den Kopf gegen die Wand sinken. Mit ihrer Hilfe war nicht zu rechnen. Was mache ich hier, dachte Katinka. Ich habe eine Woche frei, ich wollte Abstand, mich besinnen, den Job vergessen. Stattdessen durchwühle ich die Klamotten eines fremden Menschen.
    Katinka angelte eine Jeans und eine schwarze Anzughose aus Hagens Koffer und checkte die Taschen durch. Eine Herrenlederjacke hing über einem Stuhl. Kaugummi, ein Stofftaschentuch, ein Block mit Haftnotizzetteln, ganz neu, noch eingeschweißt und mit Werbelogo verziert. Mesoltech . Nie gehört, dachte Katinka. Wie hatte Hagen sich am ersten Abend im Kurs vorgestellt? Er führte ein Import-Export-Geschäft. Irgend so was.
    »Kein Autoschlüssel, kein Handy. Er hat doch ein Handy?«
    »Sicher.«
    Katinka ging flott die Brieftasche durch. Ausweis, Führerschein und zweitausend Euro in Hundert- und Zweihundert-Euro-Scheinen, dazu ein paar Fünfer und Kleingeld. Ziemlich viel Knete, wenn man eine Woche auf dem Land Bogen schießt, dachte Katinka. Schon spürte sie, wie sich ein Gefühl für Hagen einstellte. Die übliche Routine ergriff von ihr Besitz, aus einer eigenen, nicht zu unterdrückenden Kraft heraus.
    »Bist du eigentlich mal auf die Idee gekommen, ihn anzurufen?«
    »Klar. Aber sein Handy ist aus. Es ist immer aus, wenn ich ihn brauche«, erwiderte Paula weinerlich.
    »Von unserer Gruppe hat ihn keiner gesehen. Fragen wir an der Rezeption und bei den anderen Gästen nach. Sofern bei dem herrlichen Wetter noch jemand im Haus ist«, schlug Katinka vor.
    Paula blieb sitzen.
    »Hast du ein Aspirin?«
    »Ich bin Privatdetektivin, keine Apotheke«, sagte Katinka.
    »Mein Hirn platzt!«
    »Geh unter die Dusche. Ich frage im Haus rum. Dann komme ich rauf und sage dir Bescheid.« Als Katinka das Zimmer verließ, hockte Paula immer noch mit verschwommenem Blick auf dem Bett.
    Katinka hastete die Treppe hinunter. Im Frühstücksraum war niemand. Sie ging zur Rezeption und hieb auf die Klingel. Locker bleiben, befahl sie sich. Keinesfalls durfte sie ihren Grimm an Unbeteiligten auslassen. Ich bin selbst schuld, dachte sie. Ich
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