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Pestmond (German Edition)

Pestmond (German Edition)

Titel: Pestmond (German Edition)
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sich, der niemals zu einem Körper gehört hatte.
    Irgendwie schaffte er es, sich halb aufzusetzen und ein kleines Stück zurückzukriechen von dem tobenden Etwas, zu dem Abu Dun geworden war, doch der brüllende Dämon folgte ihm und zerrte ihn erneut zu Boden.
    Andrej wollte ihm die Hände vor die Brust stoßen, doch er konnte nur die linke Hand benutzen, seine Rechte war dabei, sich aufzulösen, zerschmolz zu schwarzen teerigen Fäden, die zu Boden tropften. Er schrie, doch sein Schrei wurde schon nach dem ersten Ton von einer gewaltigen schwarzen Pranke erstickt, die sich ihm auf Mund und Nase presste.
    Er riss den unversehrten Arm los und haute nach der Hand, die ihn ersticken wollte, aber es war, als hätte er gegen Stein geschlagen. Lediglich ein unwilliges Grunzen erklang, dann wurde er gepackt und mit solcher Wucht erneut auf den steinernen Boden geschmettert, dass er Sterne sah und auch noch das letzte bisschen Luft aus seinen Lungen gepresst worden wäre, hätte ihm die riesige Hand nicht noch immer Mund und Nase zugehalten. Instinktiv versuchte er die Beine an den Körper zu ziehen, um Abu Dun von sich zu stoßen, doch ihm war, als wäre er unter einen einstürzenden Berg geraten.
    Die Atemnot drohte nun Panik in ihm auszulösen, sodass er wild und unkontrolliert auf seinen riesigen Gegner einzuschlagen begann, damit aber nicht mehr erreichte, als noch härter gegen den Boden gepresst zu werden. Seine Rippen knackten, und in seinem Rücken begann etwas nachzugeben. »Es ist deine Schuld!«, brüllte Abu Dun. »Sie ist nur deinetwegen hier! Du hast sie hergelockt! Deinetwegen hat sie mir das angetan!«
    Er rammte Andrej den blutigen Armstumpf ins Gesicht. Schreiend bäumte sich Andrej auf, und diesmal gelang es ihm, den Nubier von sich herunterzustoßen, wenn auch um den Preis, dass sie beide wieder nebeneinander auf den Rücken fielen. Die Instinkte des Kriegers ließen seinen Ellbogen zur Seite und nach Abu Duns Kehle schnellen, doch auch der Nubier reagierte blitzartig und warf sich herum, sodass Andrejs Ellbogen gegen den harten Stein prallte. Warmes Blut lief an seinem Arm hinab. Dieses Mal versuchte Andrej nicht, gegen den grässlichen Schmerz anzukämpfen, sondern griff danach, wandelte ihn in Zorn und diesen wiederum in Kraft, um dann herumzurollen, auf Abu Dun, und ihm die Faust ins Gesicht zu rammen.
    Es war nicht das erste Mal, dass Abu Dun – oder er – so aus dem Reich jenseits des Lebens zurückkehrte. Manchmal waren sie in einem Zustand der Verwirrung oder brachten etwas mit, etwas Fremdartiges, Beängstigendes, aber dieser Schrecken verging schnell, zumindest wenn der eine da war, um dem anderen den Weg zurück in diese Welt zu erleichtern. Gewiss würde Abu Dun wieder einmal behaupten, dass er den Moment seiner Wehrlosigkeit nur ausgenutzt hatte, um ihn ungestraft schlagen zu können, aber das war ihm immer noch lieber, als –
    Andrej begriff seinen Irrtum gerade noch im allerletzten Moment. Er warf sich herum, und statt Hameds Schädel zu zertrümmern, prallte seine Faust mit einem dumpfen Laut gegen den steinernen Sims, auf dem Abu Dun lag.
    Mit weit aufgerissenen Augen starrte Hamed ihn an und schien etwas sagen zu wollen, doch seine Lippen bewegten sich nur lautlos, wie die eines Fisches auf dem Trockenen, und in seinen Augen flammte reine Todesangst auf. Dennoch blieb Andrej auf seiner Brust hocken und sah verständnislos auf ihn hinab. Erst nach einem Moment begriff er, dass er mit seinem Gewicht dem alten Mann den Atem nahm. Hastig rollte er von ihm herunter und half Hamed eilig in eine sitzende Position auf, damit er sich gegen seine Knie lehnen konnte.
    »Das tut mir entsetzlich leid!«, versicherte er. »Habe ich dich verletzt? Ich hoffe, es …«
    »Es ist … schon … gut«, japste Hamed, doch seine Stimme zitterte. Andrej erschrak, als er das schreckliche nasse Rascheln hörte, das seine Atemzüge begleitete. »Mir ist … nichts passiert. Es war … meine Schuld.«
    Andrej machte sich nicht die Mühe auf diese so offensichtlich falsche Behauptung zu antworten, sondern lauschte in den alten Mann hinein. Er spürte Schmerz und eine vage nagende Furcht (die seinem schlechten Gewissen noch mehr Nahrung gab), aber immerhin schien er ihn nicht wirklich schwer verletzt zu haben. Dennoch fühlte er sich für einen Moment nur noch schlechter.
    »Was machst du überhaupt hier?«, fragte er.
    »Du warst … lange weg«, brachte Hamed stockend heraus. »Ich habe mir … Sorgen
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