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Persilschein

Persilschein

Titel: Persilschein
Autoren: Jan Zweyer
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Firma.«
    »Stimmt. Aber es könnten mehr sein.«
    Trasse seufzte. Nach einer Weile fragte er: »Dreißig?«
    »Ich sehe, wir verstehen uns«, antwortete Saborski kalt.
    4
     
    Montag, 25. September 1950
     
    Die Anweisung Saborskis war eindeutig und Schönberger hatte die Wette gewonnen: Goldstein behielt den Fall und war um einen Kasten Bier ärmer.
    Die Ritze lag etwa zweihundert Meter südlich des Herner Bahnhofs in einer Nebenstraße. Als Peter Goldstein am frühen Nachmittag den Laden betrat, schlugen ihm Tabakrauch und der Geruch billigen Parfüms entgegen. In der Kneipe verkehrten Nutten mit ihren Luden, Freier, Schieber aller Größenordnungen und britische Soldaten auf der Suche nach dem schnellen Glück. Nur selten verirrten sich biedere Herner Bürger in den Schuppen. Und wenn, verließen sie ihn meistens eilig wieder.
    Die Fenster der Ritze waren mit blickdichten, speckigen Vorhängen bedeckt. Runde Holztische gruppierten sich im Halbkreis um eine kleine Bühne, auf der nicht mehr als drei spärlich bekleidete Damen tanzen konnten. Pin-ups aus amerikanischen Herrenmagazinen, eingerahmt hinter Glas, dienten als Wandschmuck. Die kleine Theke rechts neben der Bühne wurde von tief hängenden Lampen beleuchtet.
    Am Morgen hatten die Berichte von Spurensicherung und Obduktion auf Goldsteins Schreibtisch gelegen. Wie befürchtet, hatten seine Kollegen nicht viel mehr gefunden als das, was sie ihm am Tatort schon mitgeteilt hatten. Lediglich zwei Fußspuren, die nicht den Beamten oder dem Toten zuzuordnen waren, konnten sie sicherstellen. Es handelte sich um einen Schuh mit Absatz, Größe siebenunddreißig, der sich in den weichen Boden gedrückt hatte, wahrscheinlich getragen von einer Frau oder einem Mädchen. Die andere Spur stammte von einem Herrenschuh der Größe fünfundvierzig. Die Fingerabdrücke des Toten befanden sich nicht in ihrer Kartei, der Mann war also im Raum Bochum noch nicht erkennungsdienstlich erfasst worden. Die Tat wurde zweifellos mit dem Messer, das sie in der Nähe der Leiche gefunden hatten, verübt.
    Gerber wiederholte in seinem Bericht im Wesentlichen schon Bekanntes. Neu war jedoch, dass der Tote eine Narbe in der rechten Brust hatte. Ein Lungendurchschuss, vermutete der Mediziner. Der Mann hatte derzeit ziemliches Glück gehabt, diese Verletzung zu überleben. Außerdem hatte er an Leberzirrhose im Endstadium gelitten. Er hätte ohnehin nur noch drei Monate zu leben gehabt. Der Mörder hätte sich die Tat demnach sparen können und hätte nur abwarten müssen. Den Todeszeitpunkt konnte Gerber etwas konkreter fassen: zwischen Mittwochabend und Donnerstagmorgen.
    Das war alles in allem ziemlich dürftig.
    In einer Ecke der Ritze hockten einige Männer, die ihr Gespräch bei Goldsteins Eintreten sofort beendeten, ihn für einen Moment neugierig musterten, tuschelten, sich dann besorgt anschauten, um anschließend wortlos in ihre Gläser zu starren. Goldstein kannte einen der Kerle. Er hatte ihn vor drei Jahren mehrmals wegen Schwarzhandels verhaftet. Ein notorischer Schieber.
    Der Polizist ging zur Theke, wo ein gelangweilter Barkellner, der auf den Spitznamen Hering hörte, bereits auf ihn wartete.
    »Herr Kommissar«, krächzte der Hering zur Begrüßung. »Privat oder dienstlich?«
    Goldstein zog das Foto des Toten aus der Tasche. »Natürlich dienstlich.« Er streckte dem Kneipier das Bild entgegen. »Kennen Sie den Mann?«
    »Tot?«
    »Sieht ganz so aus, würde ich sagen.«
    Der Barmann kratzte sich am Kinn. »Da müsste ich nachdenken.«
    »Tun Sie das. Aber nicht zu lange.«
    Hering wiegte den Kopf hin und her. »Ich bin mir nicht sicher.«
    Goldstein lächelte müde. »Lassen wir die Spielchen. Sie wissen, bei mir ist nichts zu holen. Ich zahle grundsätzlich nie für Informationen.«
    »Das ist sehr schade, Herr Kommissar. Manchmal hilft ein Heiermann beim Erinnern.«
    »Ach, da gibt es andere, weit wirkungsvollere Methoden, finde ich. Habe ich schon erwähnt, dass meine Kollegen und ich gerade heute Abend bei Ihnen einkehren wollten?« Er machte eine Pause. »Was ist nun mit Ihrem Erinnerungsvermögen?«
    Sein Gesprächspartner gab sich geschlagen. »Der Mann war einige Male hier. Hat immer auf Großkotz gemacht. Lokalrunden gegeben, auf den Putz gehauen. War aber kein Stammgast. Er wurde von seinen Freunden Uwe genannt.«
    »Uwe? Und weiter?«
    »Keine Ahnung. Nur Uwe.«
    »Wer waren diese Freunde?«
    Der Barmann begann zu schwitzen. »Weiß nicht.«
    Goldstein beugte
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