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Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)

Titel: Perfekt! Der überlegene Weg zum Erfolg (German Edition)
Autoren: Robert Greene
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imitieren. Bei Schimpansen geht das so weit, dass sie die Absichten und Handlungen eines Rivalen vorausahnen können. Es ist zu vermuten, dass sich derartige Neuronen nur aufgrund des Gemeinschaftslebens der Primaten entwickeln konnten.
    Auch beim Menschen konnten kürzlich derartige Neuronen nachgewiesen werden, allerdings in weiterentwickelter Form. Ein Affe oder Primate kann eine Handlung vom Standpunkt des Ausübenden wahrnehmen und daraus auf dessen Absichten schließen. Wir dagegen brauchen keinerlei visuelle Hinweise und können uns in die Gedanken einer anderen Person hineinversetzen und uns vorstellen, was diese denkt, ohne dass irgendjemand eine Handlung vornimmt.
    Unsere Vorfahren konnten mithilfe der Spiegelneuronen schon aus leisesten Anzeichen die Wünsche ihrer Artgenossen ablesen und so ihre so-zialen Fertigkeiten verbessern. Auch für die Herstellung von Werkzeugen waren die Neuronen wichtig – konnte man sich doch die Fertigkeit durch Imitation der Handgriffe eines Experten selbst aneignen. Bedeutsamer war aber wahrscheinlich die Möglichkeit, sich in alles in der Umgebung hineinzudenken . Nach jahrelanger Beobachtung bestimmter Tiere konnten sich frühe Jäger mit diesen identifizieren, wie diese denken, ihre Verhaltensmuster vorausahnen und so ihre eigene Fähigkeit beim Aufspüren und Töten von Beutetieren perfektionieren. Das Hineindenken schloss die unbelebte Umwelt natürlich ein. Beim Formen eines Steinwerkzeugs wurde der erfahrene Werkzeugmacher eins mit seinen Gerätschaften. Stein oder Holz, das zur Bearbeitung diente, war eine Verlängerung der Hand und fühlte sich an wie ein Teil des eigenen Körpers. Das kam der präzisen Kontrolle des Werkzeugs zugute, sowohl bei der Herstellung als auch bei der Benutzung. Diese geistige Fähigkeit erschloss sich aber erst durch jahrelange Übung. Wurde eine bestimmte Fähigkeit erst einmal beherrscht – das Aufspüren von Beute, das Formen eines Werkzeugs – dann war sie automatisiert, und man musste sich bei ihrer Ausübung nicht mehr auf einzelne Handlungen besinnen, sondern konnte die Gedanken auf etwas Höheres richten – was das Beutetier wohl dachte, oder wie das Werkzeug fast zu einem Teil der Hand geworden war. Dieses Hineindenken ist gewissermaßen ein präverbale Version der Intelligenz der dritten Stufe – eine primitive Entsprechung von Leonardo da Vincis intuitivem Verständnis von Anatomie und Landschaften oder Michael Faradays Gespür für Elektromagnetismus. Diese Stufe der Meisterschaft versetzte unsere Vorfahren in die Lage, rasch und wirkungsvoll Entscheidungen zu treffen, da sie über ein umfassendes Verständnis für ihre Umgebung und ihre Beute verfügten. Ohne die Entwicklung dieser Fähigkeit wären die Gehirne unserer Vorfahren von den für eine erfolgreiche Jagd zu verarbeitenden Informationen nur allzu leicht überfordert worden. Sie hatten diese Intuition jedoch schon Hunderttausende von Jahren vor der Erfindung der Sprache entwickelt, weswegen uns diese Art von Intelligenz präverbal erscheint, eine Macht, die sich nicht in Worte fassen lässt.
    Aber vergessen wir nicht: Dieser lange Zeitraum spielt in unserer geistigen Entwicklung eine entscheidende Rolle. Er hat unser Verhältnis zur Zeit grundlegend verändert. Den Tieren ist die Zeit der größte Feind. Wer sich als potenzielles Beutetier zu lange an einem Ort aufhält, kann das schnell mit dem Leben bezahlen. Zögert dagegen ein Räuber zu lange, dann wird ihm die Beute entkommen. Für Räuber bedeutet Zeit außerdem körperlichen Verfall. Unsere jagenden Vorfahren dagegen wendeten dieses Prinzip zu ihrem Vorteil. Je länger sie etwas beobachteten, desto größer ihre Vertrautheit damit und desto stärker ihre Bindung an die Realität. Mit der gesteigerten Erfahrung verbesserte sich natürlich ihre Jagdfertigkeit. Und durch fortgesetztes Üben schufen sie immer wirkungsvollere Werkzeuge. Dann mochte der Körper zwar verfallen, aber der Geist brachte weiter seine Leistung beim Lernen und Anpassen. Eine derartige Nutzung der Zeit ist der entscheidende Bestandteil der Meisterschaft.
    In der Tat können wir feststellen, dass diese revolutionäre Beziehung zur Zeit den menschlichen Geist grundlegend verändert und ihm eine besondere Eigenheit, eine Maserung oder einen Schliff, verliehen hat. Wenn wir uns zur Konzentration wirklich Zeit nehmen, wenn wir darauf vertrauen, dass uns ein Weg, der Monate – vielleicht Jahre – in Anspruch nimmt, zur Meisterschaft
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