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Perdido Street Station 02 - Der Weber

Perdido Street Station 02 - Der Weber

Titel: Perdido Street Station 02 - Der Weber
Autoren: China Miéville
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zurückwandern. »Ich hörte Rudgutter draußen, der ihm etwas zurief. Hörte sich an, als wäre er gar nicht so erstaunt über sein Auftauchen – ich glaube, er versuchte ihn zu kaufen. Möglicherweise hat der verdammte Idiot ihn vor seinen Karren spannen wollen … Wo sind überhaupt die anderen?«
    Isaac schaute sich suchend um. In der Nische gab es kein Versteck, doch gegenüber befand sich das genaue Gegenstück, angefüllt mit Schatten. Wer oder was immer darin hockte, wäre in der Schwärze unsichtbar gewesen.
    »Wir sind alle hier zu uns gekommen«, berichtete Derkhan. »Und wir alle, außer Lemuel, hatten diese verrückten Klamotten an. Yagharek …«
    Sie berührte vorsichtig die Wunde; ihr Mund zuckte schmerzlich. »Yagharek hatte man als Lumpenpuppe ausstaffiert. Als wir aufwachten, fanden wir Petroleumlampen griffbereit neben uns stehen, schon angezündet. Lemuel und Yagharek erzählten mir, was sich abgespielt hatte. Yagharek – er wirkte irgendwie entrückt und faselte dauernd von einem Netz …«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Kann ich verstehen.« Isaac horchte in sich hinein und fühlte, wie sein Verstand furchtsam vor seinen eigenen vagen Erinnerungen zurückschrak. »Du warst nicht bei Bewusstsein, als der Weber sich mit uns davonmachte. Du konntest nicht sehen, was wir gesehen haben – wohin er uns brachte …«
    Derkhan verzog das Gesicht, in ihren Augen standen Tränen. »Das verfluchte Ohr tut so weh«, sagte sie. Isaac knetete ihr unbeholfen die Schulter, bis sie weitererzählte. »Wie auch immer, du sahst nicht aus, als würdest du demnächst zu dir kommen, deshalb machte Lemuel sich auf den Weg und nahm Yagharek mit.«
    »Wie?«, fuhr Isaac auf, aber Derkhan winkte beschwichtigend ab.
    »Du kennst Lemuel, du weißt, auf welchem Gebiet er, nun ja, tätig ist. Wie sich herausgestellt hat, kennt er sich in der Kanalisation bestens aus. Offenbar ist sie ein gutes Versteck. Er unternahm einen kurzen Erkundungsgang in die Tunnel, und als er zurückkam, wusste er tatsächlich, wo wir sind.«
    »Und?«
    »Murkside. Er ging los, und Yagharek bestand darauf, ihn zu begleiten. Sie haben fest versprochen, nach spätestens drei Stunden wieder hier zu sein. Sie wollen Proviant besorgen, Kleider für mich und Yagharek und natürlich sich ein Bild von der Lage machen. Sie sind seit über einer Stunde weg.«
    »Dann gehen wir hinterher!«
    Derkhan schüttelte den Kopf. »Denk nach, Isaac«, sagte sie. Ihre Stimme klang müde. »Wir können es nicht riskieren, getrennt zu werden. Lemuel kennt die Kanalisation – es ist gefährlich hier unten. Er hat gesagt, wir sollen uns nicht von der Stelle rühren. In den Tunneln lauert alles mögliche Viechzeug – Ghule, Trolle, wer weiß was. Deshalb bin ich bei dir geblieben, während du geschlummert hast. Wir müssen hier auf sie warten.
    Und davon abgesehen, du bist wahrscheinlich die zur Zeit meistgesuchte Person in New Crobuzon. Lemuel ist ein ausgefuchster Gauner, er weiß, wie man sich ungesehen bewegt. Für ihn ist das Risiko erheblich geringer als für dich.«
    »Und Yag? Fällt der etwa nicht auf wie ein bunter Hund?«
    »Lemuel hat ihm seinen Umhang gegeben. Mit der Kapuze über dem Kopf und die Füße mit Lumpen umwickelt, sah er aus wie irgendein wunderlicher alter Mann. Beruhige dich, sie werden bald wieder hier sein. Uns bleibt nichts anderes übrig, als auf sie zu warten. Wir müssen gemeinsam besprechen, was wir als Nächstes tun. Und du musst zuhören.«
    Er schaute sie besorgt an. Ihre Stimme klang so elend, dass er nicht weiterprotestierte.
    »Warum hat er uns hierher gebracht?«, fragte sie. Die Schmerzen kerbten Falten um ihren Mund. »Warum hat er uns verstümmelt, mit diesen albernen Kleidern ausstaffiert …
    Warum hat er meine Wunde nicht geheilt?« Sie wischte sich mit einer ärgerlichen Bewegung die Tränen von den Wangen.
    »Derkhan«, sagte Isaac sanft, »ich weiß es auch nicht.«
    »Sieh dir das hier an.« Aufschnupfend reichte sie ihm ein zerknülltes und stinkendes Zeitungsblatt. Er nahm es mit spitzen Fingern und angeekelter Miene entgegen.
    »Was ist das?« Er faltete es auseinander.
    »Als wir zu uns kamen, verwirrt, und nicht wussten, wo wir waren, kam es zu einem kleinen Boot gefaltet aus einem der Tunnel da geschwommen.« Sie musterte ihn schräg. »Gegen die Strömung. Wir haben es herausgefischt.«
    Isaac betrachtete den Fund. Es waren die Mittelseiten des Blickwinkels, eins von New Crobuzons Wochenblättern. Am Datum in der
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