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Pellkartoffeln und Popcorn

Pellkartoffeln und Popcorn

Titel: Pellkartoffeln und Popcorn
Autoren: Evelyn Sanders
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Monologs, und nun das…
    Quasi brachte mein Aufsatzheft, rückte den Sonnenschirm gerade, erkundigte sich besorgt, ob mich eventuell die Hitze störe (mir war sowieso schon heiß genug, auf ein paar Grad mehr oder weniger kam es nun auch nicht mehr an), und nachdem sie alles ihr notwendig Erscheinende für mein Wohlergehen getan hatte, verschwand sie.
    Da hockte ich nun, kaute am Bleistift herum und malte Männchen auf das Konzeptpapier. Später entdeckte ich, daß die meisten an einer Art Galgen hingen, was Sigmund Freud sicherlich zu tiefsinnigen Rückschlüssen veranlaßt haben würde…
    Nach ungefähr einer Stunde hatte ich außer der Überschrift und ein paar durchgestrichenen Worten nichts Nennenswertes zu Papier gebracht. Quasi erschien, ignorierte meinen weidwunden Blick, stellte etwas kühles Trinkbares auf den Tisch, enteilte.
    Langsam hatte ich das Gefühl, nun wohl doch mal anfangen zu müssen, aber was schreibt man bloß über Luftballons und Seifenblasen? Beide zerplatzten über kurz oder lang, und genauso würde mein Traum zerplatzen, im nächsten Zeugnis den traditionellen Mathe-Vierer durch die bisher übliche Zwei in Deutsch ausbügeln zu können. Moment mal, damit ließe sich ja sogar etwas anfangen! Träume zerplatzen auch, manchmal schillern sie sogar wie Seifenblasen, bevor sie sich in Luft auflösen. Und plötzlich fiel mir eine ganze Menge ein. Rückblickend vermute ich zwar, daß ich eine ganze Reihe schwülstiger Phrasen gedroschen habe, aber anscheinend waren auch vernünftige Gedanken darunter.
    Jedenfalls behielt ich meine Zwei.
    Nach dreieinhalb Stunden wurde ich in Gnaden und mit einem versöhnlichen »War es denn nun wirklich so schlimm!« entlassen. An der nächsten Straßenecke empfing mich die ganze Clique. Sie interessierte sich weniger für meinen Aufsatz, obwohl Gina behauptete, das Thema sei ›eine Gemeinheit und allenfalls etwas für Chemiestudenten‹ gewesen. Die Mädchen verlangten von mir Auskunft über Wohnungseinrichtung, bibliothekarische Bestände und mögliche bisher noch nicht bekannte ›Attitüden‹ meiner Kerkermeisterin.
    Nun hatte ich zwar beim Durchqueren des Zimmers im Unterbewußtsein einen riesigen Bücherschrank wahrgenommen, aber sonst wußte ich nur zu berichten, daß die Tischdecke blau gewesen war. Immerhin hatte ich lange genug draufgestarrt! Aber bereits bei der Beschreibung des Sonnenschirms ließ mich mein Gedächtnis im Stich, und mit Auskünften über Art und Beschaffenheit von Polstermöbeln konnte ich nun wirklich nicht dienen.
    »Du bist vielleicht eine trübe Tasse!« stellte Gerda schließlich fest.
    Zu dieser Ansicht kamen dann auch die anderen, deren massiven Fragen ich mich am nächsten Morgen stellen mußte. Meine Beteuerungen, ich hätte auf dem Balkon ohnedies strategisch sehr ungünstig gesessen, weil mir durch Sonneneinstrahlung und überhaupt der Blick ins Innere der Wohnung verwehrt gewesen sei, wischte Evchen beiseite. »Du hättest ja wenigstens mal aufs Klo gehen können!«
    Das war allerdings eine nicht zu verzeihende Unterlassungssünde!
    Von Mami kamen begeisterte Briefe. Düsseldorf sei eine Stadt, in der man durchaus leben könnte, und wenn es auch noch mindestens ebenso viele Ruinen gäbe wie intakte Gebäude, so könne man trotzdem feststellen, daß es mal eine sehr schöne Stadt gewesen war – beziehungsweise in ferner Zukunft wieder sein würde: Unsere neue Wohnung habe zwar nur anderthalb Zimmer – ›aber mehr hatten wir in den letzten Jahren ja auch nicht zur Verfügung‹ –, läge aber etwas außerhalb und direkt am Grafenberger Forst. ›Das ist so eine Art Ersatz-Grunewald, Kiefern gibt es zwar nicht, aber dafür liegen Tannenzapfen herum, die kein Mensch aufsammelt. Ich ertappe mich jedesmal dabei, wie ich welche in die Manteltasche stecke!‹
    Dann teilte sie mir noch mit, daß PW in 2 bis 3 Wochen wieder nach Berlin käme und mich dann mitnehmen würde. Die Ferien würden leider erst etwas später beginnen, aber die paar Tage seien ja wohl nicht mehr ausschlaggebend.
    Als ich mich an meinem letzten Schultag von Quasi verabschiedete, wollte sie wissen, ob ich schon irgendwelche Zukunftspläne hätte. Nun hatte ich eben ›Vom Winde verweht‹ ausgelesen, war maßlos beeindruckt von dem Buch und trug mich mit der Absicht, ein ähnliches umfangreiches Werk zu verfassen. Den Titel hatte ich schon: Das Schicksal der Corinna Caroly. Über die Handlung war ich mir noch nicht ganz im klaren, hauptsächlich, weil
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