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Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten

Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten

Titel: Pelbar 5 Ein Hinterhalt der Schatten
Autoren: Paul Williams
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Plötzlich grinste er, schlug Dailith auf die Schulter und fügte hinzu: »Wir fangen mit dem Entlastungsventil an.«
    Bis zum Spätnachmittag war die ganze Arbeit entweder getan oder soweit geplant, daß Stel weggehen konnte. Außerdem waren die Anstreicher mit ihren stark riechenden Farben in der Hauptkajüte, und Stel würgte in der schlechten Luft.
    So nahm er seine alte Flöte unter einen Arm und balancierte über die Planke ans Ufer, wo Raydi, die schon ihren Unterricht hinter sich hatte, im Staub hockte und ein Zählspiel mit Steinen spielte. Stel blickte zu ihr hin. Sie schien ganz vertieft. Er blinzelte zu seinem Häuschen hoch oben auf den Felsen hinauf. Ahroe war wohl noch mit dem Rat von Pelbarigan im Gerichtssaal. Dann suchte er sich den Weg zum Flußeingang der Stadt und ging durch hohe, dunkle Steinkorridore zum alten Tempel, dessen gro-
    ßes, zentrales Auditorium einen Fußboden aus riesigen Steinplatten hatte, auf dem die Betenden standen; in den gewölbten Seiten boten drei übereinanderlie-gende Bankreihen Platz für Zuhörer und Musiker.
    Der Tempel war leer.
    Stel näherte sich der erhöhten vorderen Bühne des Saales, wo sonst immer die Geistlichen Avens standen und aus den Rollen Pells vorlasen oder von Aven, der Mutter aller Dinge, der Beschützerin und Pflegerin predigten. Stel war auf diesem Podium getraut worden, so viele Jahre war es jetzt her, auf den Knien liegend, so daß Ahroe nach Pelbar-Sitte ihren Fuß auf seinen Rücken stellen konnte; er hatte die Geste widerspruchslos akzeptiert, bereitwillig, eifrig sogar. Aber das war kurz vor ihren anfänglichen, gro-
    ßen Schwierigkeiten gewesen, die ihn weit über die westlichen Ebenen und die Berge getrieben – und die dann ihn und Ahroe für so lange Zeit so nahe zusammengeführt hatten.* Stel rieb die Flöte an seinem Ärmel.
    Er sah den späten Strahlen der Frühlingssonne zu, wie sie sich im obersten Lichtgaden des Saales fingen und verstrickten, dann ging er zum nächsten Tempel an der Ostseite und setzte sich, um auf seiner Flöte zu spielen, wie er es so oft bei kleinen und großen An-lässen mit den anderen Musikern getan hatte.
    Die Hymnen der Pelbar hatten ihn nach einiger Zeit immer getröstet, und er suchte seinen Geist nun wieder damit zu beruhigen. Er begann mit dem langsamen, großen Präludium an Aven, die Wahre Protektorin, die ihre Mauern ausbreitete. Während er spielte, merkte er nicht, wie Raydi durch den Haupt-eingang schlüpfte, sich an die dunkle Mauer setzte und zuhörte, und dabei ihre Kiesel von einer Hand in die andere warf.
    Stel fuhr fort zu spielen, obwohl die Sonne unter-gegangen war und der Saal langsam von immer tieferer Dunkelheit überflutet wurde. Die Assistentin der Geistlichen kam und stellte die beiden Abendlampen auf, dann stahl sie sich wieder fort. Raydi gähnte und legte sich hin. Da bemerkte sie, daß ihr Vater sein
    * Siehe »Die Enden des Kreises«, 2. Roman des Pelbar-Zyklus, HEYNE SCIENCE FICTION & FANTASY, Band 06/4152.
    Spiel beendet hatte. Sie rollte sich herum und sah ihn im schwachen Schein der Lampen vor der Bühne stehen. Aus der Haltung und den Bewegungen seiner Schultern glaubte sie zu erkennen, daß er weinte.
    Konnte das sein? Nein. Sie hörte ein Schlurfen und sah ihren Bruder neben sich eintreten. Sie sah, wie er zu Stel hinschaute und schrie sofort: »Garet!«
    Er schrak zusammen und fuhr herum. »Du Gör.
    Wann bekommst du endlich genug davon, dich zu verstecken und die Leute zu erschrecken?«
    »Wenn du genug davon bekommst, heimlich herumzuschleichen.«
    Garet schüttelte den Kopf. »Ich bin dienstlich hier«, sagte er, drehte sich um und rief: »Vater!«
    Stel stand jetzt aufrecht und still da, drehte sich aber nicht um. Garet ging zögernd auf ihn zu. »Vater«, wiederholte er. »Man braucht dich. Ich habe dich überall gesucht. Warum mußt du ...«
    »Was ist, wenn das alles gar nicht wahr ist, Garet?«
    fragte Stel mit merkwürdiger Stimme.
    »Was ›alles‹?«
    »Das alles hier. Die ganze Pelbar-Theologie über Aven. Es ist mir alles entglitten wie Nebel, durch die vielen Veränderungen.«
    Garet trat unbehaglich von einem Fuß auf den anderen und machte ein skeptisches Gesicht. »Was wäre dir lieber? Der Sertine der Shumai? Hör zu! Mutter hat mich geschickt. Sie braucht dich.«
    »Nicht gerade Sertine. Etwas Umfassenderes als Aven. Etwas, wo man einen Platz findet.«
    »Einen Platz? Was meinst du damit? Schau, Mutter braucht dich. Hast du geweint? Was bei Avens
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