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Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Pelbar 2 Die Enden des Kreises

Titel: Pelbar 2 Die Enden des Kreises
Autoren: Paul Williams
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dich dazu entschließen, nach Nordwall zu gehen und die Protektorin dort um Hilfe zu bitten. Ich weiß, daß das ein verzweifelter Entschluß ist, aber ich habe Angst um dich, und wir sind alle übereingekommen, diese Schande auf uns zu nehmen. Wegen Ahroe mach dir keine Gedanken. Sie gehört zu ihnen, und wir sind überzeugt, daß sie deinem Tod zugestimmt hat, obwohl wir uns möglicherweise täuschen. Aber diese Beziehung soll deine Sache bleiben. Ich bin froh, daß es dir gelungen ist, über das dünne Eis zu kommen, und wir haben mit gro-
    ßer Erleichterung beobachtet, wie dein Feuer größer wurde. Rutch lachte, als er von weitem sah, wie du die Seitenwand des Schuppens herausgetreten hast. Er und ich grüßen dich in aller Liebe. Eine Entscheidung muß getroffen werden. Du hast den größten Teil der Nacht Zeit, um darüber nachzudenken – die ganze Nacht, falls du dich entschließen solltest, in die Stadt zurückzukommen. Ich möchte nicht auf dich verzichten, aber ich befürchte sehr, daß ich dich, solltest du hierbleiben, für immer verlieren würde. Wir versichern dich alle unserer Unterstützung, aber nachdem du eine Dahmen geheiratet hast, bis du jetzt selbst ein Dahmen. Die Ardena sagt, daß sie auf unserer Seite ist. Aber die Schande wird trotzdem nicht ausbleiben.
    Stel las den Brief mehrere Male und erwog ihn gründlich, während er Trockenfleisch und Trok-kenobst kaute und die Hälfte eines kleinen, zähen Brotlaibs aus dem Sack aß. Jetzt schaute er über den Fluß hinüber nach Pelbarigan, das schwarz und quadratisch aufragte, der Gagen-und der Rive-Turm sta-chen heraus wie zwei stumpfe Hörner, das kleine Licht auf jedem von ihnen schien zu viele Sterne auszulöschen. Er seufzte und rieb sich die Hände in den neuen Pelzfäustlingen, die er aus dem Sack gezogen hatte.
    Er war sicher, daß sich seine Mutter in bezug auf Ahroe irrte. Sie konnte unmöglich an einer Verschwörung gegen ihn beteiligt gewesen sein. Er war sicher, daß man ihn aus ihrem Bett, dann aus ihrem Zimmer, um im Gang zu schlafen – wenn man ihn überhaupt schlafen ließ –, nur deshalb verbannt hatte, weil das dem Wesen der Dahmens entsprach. Man würde ihr nicht gestatten, den Beschlüssen in bezug auf ihn zuwiderzuhandeln, und er sah, daß sie sie streng befolgte, aber mit grimmiger Miene. Er war sicher, daß sie darüber nicht glücklich war. Andererseits war ihr ganzes Verhalten rätselhaft für ihn.
    Er hatte sich geirrt. Wenn er an sie dachte, glaubte er, deutlich ihren Körper wieder in seinen Händen zu spüren. Er fühlte ihren weichen Atem und die Haarsträhnen, die sich gelöst hatten aus ihrer Frisur und ihr übers Gesicht flogen. Er spürte ihre Leidenschaft zu ihm und die aufsteigende, erstickende Kraft ihrer Liebe zueinander. Das war Grund genug, sich zu unterwerfen, aber jetzt begriff er zu seinem plötzlichen Erstaunen, daß die Unterwerfung, die er in sich verspürt hatte, ein Teil der Liebe zu Ahroe war, ganz und gar keine allgemeine Haltung. Er hatte nicht den Wunsch, den anderen Dahmenfrauen mehr als den üblichen Respekt zu bezeugen, den die Pelbarmänner gewohnheits-und vorschriftsmäßig allen Frauen er-wiesen.
    Jetzt sah er, daß ihre strengen Regeln, die etwas verlangten, was er als verächtliche, persönliche Unterwerfung empfand, ihn abgestoßen hatten, weil er darin ein sexuelles Element sah, das den Dahmens überhaupt nicht bewußt war. Er war in die Falle gegangen. Er dachte mit einem erschreckenden, neuen Verständnis über sein eigenes Gefühlsleben nach.
    Konnte er es ändern? Er sah nicht, wie. Er konnte sich nicht vorstellen, daß er vor dieser Bande von alten Weibern, strenggesichtigen Tyrannen und hochmütigen Mädchen knien und kriechen könnte, weder wirklich noch symbolisch. Vor Ahroe schon. Für sie würde er alles tun. Und doch, warum war sie nicht draußen auf dem Eis gewesen? Welche Rolle spielte sie bei dieser Sache?
    Stels Anschauungen in solchen Dingen waren gro-
    ßenteils immer noch von seiner Gesellschaft geformt, von den tausend Individuen in dieser einen, ummauerten Stadt mitten in einem gewaltigen Ödland und einer Wildnis, die nur von ein paar durchreisenden Shumai und Sentani bevölkert wurde, beides waren Nomadengruppen, die vorbeizogen, die Shumai mit ihren Familien, die Sentani gewöhnlich nur in Jagd-oder Handelsgruppen. Nach dem Kampf um Nordwall vor zwei Herbsten hatte sich alles geändert – nur hatte Pelbarigan nicht so viele Veränderungen akzeptiert wie die
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