Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pedro Juan Gutiérrez

Pedro Juan Gutiérrez

Titel: Pedro Juan Gutiérrez
Autoren: Schmutzige Havanna Trilogie
Vom Netzwerk:
Juan. Der Schlachter hat gestern Abend mit der 57 dreitausend Pesos gewonnen. Wie findest du das?« »Wie ich das finde? Ich finde, dass dieser Hurenbock mir immerhin die Reparatur der Karre schuldet. Eine Woche steht sie da, weil ich pleite bin.«
    »Mensch! Jeder macht Kohle mit deiner Karre, und du frisst Scheiße.«
    So ist es immer. Ich bin ein hoffnungsloser Fall, im Spiel und in vieler anderer Hinsicht auch.
    Als ich aus der Kneipe kam, in der Joséito sich reich zockte, hatte ich nur noch ein paar Münzen im Portemonnaie - gerade genug für den Bus zurück ins Zentrum. Aber erst brauchte ich unbedingt einen Schluck Rum. Ich war angepisst über das verlorene Geld und wurde langsam aggressiv. Ein Schluck Rum beruhigt mich immer. »Ich gehe auf einen Sprung zu Rene«, sagte ich mir. Rene (ich nenne ihn nur Rene, weil er ein alter Kumpel ist) war Pressefotograf. Wir arbeiteten viel zusammen. Jahrelang. Aber dann nahmen sie ihn hops, weil er ein paar Nacktaufnahmen geschossen hatte. Ganz einfache Fotos von wirklich hübschen, unbekleideten Mädchen. Keine Porno-aufnahmen oder wie sie schwarze Schwänze lutschten, nichts dergleichen. Nur ein paar Aktfotos von hübschen Mädchen. Na, jedenfalls war der Skandal perfekt. Sie schmissen ihn aus der Partei, er wurde seinen Job los und auch seine Mitgliedschaft im Journalistenverband. Der Gipfel war, als ihn auch noch seine Frau mit den Worten aus dem Haus warf, sie sei »enttäuscht« von ihm. Na, ja so war's halt. Kuba voll im Aufbau seines Sozialismus war von geradezu jungfräulicher Reinheit im al-lerfeinsten Inquisitionsstil. Und da wurde dem Mann plötzlich klar, dass alles zu Ende war; er wohnte in einem Loch in Mantilla, zusammen mit einem Herumtreiber von Sohn, der vom Marihuanaverkauf lebte, aber mehr Zeit im Knast als in dem Loch verbrachte, in dem er Pot verditschte, das er aus Baracoa holte. Von dort brachte er auch Kokosnussöl, Kaffee und Schokolade mit, um alles auf dem Schwarzmarkt zu verscherbeln, aber der Löwenanteil seiner Einkünfte wurde von dem Pot aus den Bergen bestritten, von dem er viel anschleppte, um es billig verkaufen zu können. Rene war jetzt allein. Sein kiffender Sohn war im August 94 beim Exodus auf einem Floß in Richtung Miami aufgebrochen, seitdem hatte er nichts von ihm gehört. »Keine Ahnung, wo er wohl steckt, ob er in Miami angekommen ist oder ob man ihn zum Marinestützpunkt Guantánamo gebracht hat, oder ob er jetzt in Panama ist. Keine Ahnung. Zum Teufel auch, Pedro Juan. Zum Teufel mit allen. Als er noch hier war, hat er mir den lieben langen Tag vorgehalten, dass ich ohne ihn jetzt auf der Straße stände. Meinetwegen sollen sie sich alle ins Knie ficken! Bei den vielen Arschtritten, die ich einstecken musste, können mir alle gestohlen bleiben.
    Er fing an zu flennen, schluchzte bitter. Ich hatte das Gefühl, er hatte was geraucht.
    »Hör zu, Rene, ich bin dein Freund. Reiß dich zusammen, Mann. Komm, wir besorgen uns ein bisschen Rum.« »In der Küche steht noch welcher. Hol ihn her.« Es war reinstes Rattengift. Eine halbe Flasche Kakerlakenvernichter. Ich trank einen Schluck.
    »Rene, verdammt, du bringst dich um mit diesem Schnaps. Woraus ist dieses Teufelszeug, meine Fresse?« »Aus Zucker, auch wenn du's nicht glaubst. Mein Nachbar brennt es. Ich weiß, es ist Scheiße, aber ich habe mich daran gewöhnt. Langsam finde ich es gar nicht mehr so schlecht. Ein Joint gefällig? In der Schublade liegen welche.« »Wieso redest du so gestochen? Seit wann bist du Spanier, Kumpel?«
    »Das habe ich von den Nutten, die hierher kommen. Die sind so blöde, dass sie schon genau wie diese Spanier reden, mit denen sie gehen. Sie sagen Dinge wie ›gibst du mir bitte Feuer‹, ›ein netter Bursche‹ oder ›wir müssen uns mal miteinander unterhaltene Die haben sie nicht mehr alle, genau wie ich. Ich habe sie auch nicht mehr alle und rede schon genauso wie diese Spanier mit ihren schwarzen Nutten.« Wir zündeten unsere Joints an und schwiegen. Ich schloss die Augen, um den Rauch auszukosten. Das Gras aus Baracoa hat ein unvergleichliches Aroma. Aber es ist stark. Ich inhalierte nicht tief. Mir ging durch den Kopf, dass ich nach Baracoa fahren und mir ein paar Pakete davon holen sollte. Renes Sohn hat immer noch Kokosnussöl, Kaffee und Schokolade mitgebracht, weil der Kaffeeduft den von Marihuana übertönt. Ich könnte dasselbe tun und mir ein paar Pesos verdienen. Das dachte ich gerade, als ich merke, wie Rene aufsteht, aus
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher