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Pech und Schwefel (German Edition)

Pech und Schwefel (German Edition)

Titel: Pech und Schwefel (German Edition)
Autoren: Madison Clark
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Boden. Beide umklammerten die Hand des anderen. Dabei wurde ihnen zum ersten Mal bewusst, dass auch ihre Kleidung sehr unter den Erlebnissen der vergangenen Nacht gelitten hatte. Ihre weißen Seidenhemden waren inzwischen grau und von kalter Asche verschmiert. Die dunkelblauen Tuniken, welche ihre Mutter mit viel Liebe für sie genäht hatte, waren mit Ruß und Erde verschmutzt und die Säume teilweise aufgerissen. Die schwarzen Hosen hatten überall Flecken, während ihre braunen Gesichter voller Rußspuren waren, die schulterlangen Haare waren strubbelig und fast schon schwarz.
    »Die wollen bestimmt die besten Stücke für sich behalten, Clay«, sagte der Kleinere ohne Hand und sah den Angesprochenen geheimnisvoll an.
    »Davon bin ich nicht ganz überzeugt, Nyn«, antwortete der andere und kam nun ebenfalls näher, während die Brüder immer weiter nach hinten ins Gestrüpp auswichen.
    »Ihr braucht doch keine Angst zu haben. Außer ihr wollt uns die Beute vor der Nase stehlen.« Clay lachte laut.
    »Ich glaube, die sind neu in der Stadt«, meldete sich nun der Dritte zu Wort, der bisher nur zugehört hatte.
    »Ja, das denke ich auch, Ayor«, meinte Clay. »Wo kommt ihr her?«, wandte er sich anschließend an die Zwillinge und ließ seine Finger beiläufig zur Speerspitze wandern.
    Die Geste zeigte Wirkung. Ronor  zitterte noch heftiger. Nur Nomaracs unmittelbare Nähe verlieh ihm den nötigen Mut und Schutz, den er zurzeit dringend benötigte. Sein Bruder starrte stattdessen Clay an und überlegte fieberhaft, was er antworten sollte. Dabei erinnerte er sich an die Worte seines Vaters, Fremden niemals zu trauen. Und weil er nicht wusste, ob die jungen Männer nun eine Gefahr für ihn und Ronor darstellten, entschied er sich kurzerhand zu lügen.
    »Wir kommen aus Sunlor.« Nomarac legte all seine Überzeugskraft in diese Erklärung.
    Aber kaum war sie ausgesprochen, zupfte Ronor an seinem Ärmel und flüsterte ihm ins Ohr: »Mama sagt immer, wir dürfen nicht lügen.«
    Nomarac kniff ihm unauffällig in den Arm und wisperte zurück: »Ich weiß. Aber wir dürfen ihnen nicht sagen, wer wir wirklich sind. Verstehst du? Wir kennen sie nicht. Vielleicht wollen die das Gleiche machen, wie die Männer gestern.«
    Das leuchtete Ronor ein und er überließ seinem Bruder das Reden.
    »Sunlor ist zwei Tagesmärsche von hier entfernt«, grübelte Clay. »Was macht ihr dann in Mayonta?«
    »Das geht dich nichts an«, rief Nomarac lauter als beabsichtigt und spürte eine nie gekannte Wut in sich aufsteigen. Er wollte, dass die jungen Männer verschwanden und Ronor und ihn in Ruhe ließen.
    »Schon gut.« Clay und hob beide Hände in einer versöhnlichen Geste. »Nur damit das klar ist … die Beute gehört uns! Denn wir sind die Jäger der Nacht . Die beste Diebesbande von ganz Mayonta.«
    Damit wandten er und seine Kameraden sich ab. Die Zwillinge schienen ihnen plötzlich egal zu sein. Umso mehr interessierte sie jetzt ihre mögliche Beute. Aufmerksam stapften sie durch Geröll und Aschehaufen und hielten dabei Ausschau nach Wertvollem. Die Zwillinge blieben mit gemischten Gefühlen zurück und beobachteten sie dabei.
    »Und was machen wir jetzt? Wie bist du auf Sunlor gekommen? Wir waren da noch nie«, fragte Ronor.
    »Papa hat von dem Dorf einmal gesprochen. Besser ist es, wenn wir nicht sagen, wo wir herkommen«, erklärte Nomarac. »Wir sagen es nur, wenn wir direkt gefragt werden.«
    Ronor nickte. »Ich habe Durst«, wechselte er das Thema. »Und ich habe Hunger.«
    »Dann gehen wir in die Stadt und fragen, ob uns jemand was zu Essen gibt«, antwortete Nomarac zuversichtlich, obwohl er nicht wirklich daran glaubte. Doch einen Versuch wäre es wert. Ansonsten wusste er nicht, wie sie etwas für ihre leeren Mägen bekommen sollten. Ihre Eltern waren tot und in der Nähe der Diebesbande sollten sie auch nicht bleiben.
    Nomarac half Ronor beim Aufstehen, und auf schwachen Beinen kamen sie hinter dem Holunderbusch zum Vorschein. Die Raukarii ignorierten sie geflissentlich. Froh darüber liefen die Zwillinge vorsichtig durch ihr zerstörtes Zuhause und erreichten daraufhin die Pflasterstraße. Diese führte direkt in Stadtzentrum, wie sie wussten. Die Straße und die teils in Trümmer gelegten Häuser waren verlassen. Kein Raukarii weit und breit, nur die verkohlten Überreste der Nachbarhäuser.
    »Das ist unheimlich«, flüsterte Ronor und umklammerte die Hand von Nomarac ganz fest, der es ihm gleichtat.
     
    Gemeinsam
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