Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pech und Schwefel (German Edition)

Pech und Schwefel (German Edition)

Titel: Pech und Schwefel (German Edition)
Autoren: Madison Clark
Vom Netzwerk:
gut« Rodas lächelte und winkte ab. »Du musst dich nicht entschuldigen. Wir haben alle eine schlaflose Nacht hinter uns. Vor wenigen Stunden mussten wir um unser Überleben kämpfen.«
    Malor nickte dankbar. Dennoch verdiente sein Gegenüber eine Erklärung. Er räusperte sich. »Vor über dreihundert Jahren, kurz nachdem ich meine Eltern verlor, landete ich auf der Straße. Von dort hat mich Josias mit seiner Güte in sein Haus aufgenommen und mich zu einem Soldaten ausbilden lassen. In meinem Herzen ist er so etwas wie ein Vater. Und jetzt muss ich sehen …« Mitten im Satz brach er ab, schluckte merklich und kämpfte gegen die Tränen an.
    Für einige Minuten schwiegen beide. Dazu gab es nichts mehr zu sagen.
    »Komm, lass uns gehen. Die Männer warten schon«, sagte Malor schließlich. Er sah zu den Soldaten hinüber, die inzwischen ihre grausame Arbeit beendet und die Überreste auf einen Pferdekarren verladen hatten. Sie waren für die traurige Prozession ins Stadtzentrum bereit. Die Leichen würden im Tempel aufbewahrt werden, bis der Hohepriester aus Zyrakar sie begutachtet hatte.
     
    In all der Zeit hatte niemand die zwei verängstigten Zwillingsbrüder in ihrem Versteck entdeckt. Sie hielten sich gegenseitig die Hände und versuchten sich so Trost zu spenden. Erst als die Stadtwachen verschwunden waren, löste sich Ronor aus seiner Starre, die ihn die ganze Zeit über gefangen genommen hatte.
    »Die nehmen Papa mit«, flüsterte er und presste dabei die Lippen fest aufeinander, um nicht laut au fzuschreien. »Das können sie nicht machen.«
    »Wir folgen ihnen«, sagte Nomarac und wollte bereits aufstehen, als Ronor ihn davon abhielt.
    »Und was ist, wenn sie uns auch wehtun?« Er zupfte heftig an Nomaracs zerrissener und verdreckter Tunika, damit er nicht das Versteck verließ.
    Nomarac blieb wo er war und dachte angestrengt über diese Möglichkeit nach. Sie könnten wirklich den Raukarii hinterher rennen, die ihre Eltern aus den Ruinen geborgen hatten. Aber was dann? Die Männer könnten auch die Uniformen der Stadtwachen gestohlen haben, und in Wahrheit grausame Diebe und Meuchelmörder sein. Obendrein ärgerte sich Nomarac, dass er das Gespräch zwischen den beiden Raukarii nicht hatte mithören können. Dafür waren er und Ronor zu weit weg gewesen. Aus diesem Grund stimmte er seinem jüngeren Bruder zu und schloss ihn liebevoll in die Arme. Sie beiden benötigten ihrer gegenseitige Wärme und den Trost des anderen.
    Ronor war schon immer der Feinfühligere von ihnen. Doch er stand in Sachen Tatendrang, Ideenreichtum und Stolz seinem Bruder Nomarac in nichts nach. Und sie teilen alles miteinander. Freud und Leid, Schmerz und Glück. Jeder wusste, was der andere dachte. Jeder konnte den Satz des anderen beenden.
    Die Zwillingsbrüder verharrten weiterhin in ihrem Versteck, ließen ihrer Trauer um die toten Eltern freien Lauf, weinten und versuchten zu verstehen, was plötzlich in einem Flammeninferno über sie gekommen war. Erst als die Sonne hoch im Zenit stand, legten sie sich eng aneinander geschlungen in den Schatten und schli efen ein.
     
    »Sieh mal Clay!«, ertönte plötzlich eine laute Stimme, die sich den Brüdern näherte.
    Nomarac öffnete die Augen und spürte sein Herz vor Angst schneller schlagen. Neben ihm lag Ronor, der am ganzen Körper zitterte und aufmerksam der Stimme lauschte.
    »Ja, dort drüben«, antwortete ein zweiter Unbekannter mit heiserem Unterton.
    Den Brüdern blieb keine Zeit mehr, sich tiefer unter den Zweigen in Sicherheit zu bringen, als auch schon drei junge Raukariimänner vor ihnen auftauchten. Sie trugen nicht die Uniformen der Stadtwache. Ihr äußerliches Erscheinungsbild war den Kindern fremd. Der Erste hatte lange schmierige Haare, die ein verschmutztes Gesicht einrahmten, und der sie mit einem merkwürdigen Lächeln beobachtete. Seine Kleidung bestand aus einer löchrigen Hose und einer ziemlich seltsamen Weste, die keine Arme hatte und vorne offen stand, sodass man seine nackte Brust erkennen konnte. Ansonsten trug er noch einen Gürtel. In diesem steckte eine verrostete Speerspitze. Die beiden anderen ähnelten ihm in ihrem Erscheinungsbild, wobei dem Kleinsten die rechte Hand fehlte. Der Armstumpf war mit einem dreckigen Verband abgebunden. Er fixierte Ronor mit einem stechenden Blick.
    »Wer seit ihr«, fragte der Raukarii ohne Hand und kam einen Schritt näher.
    Die Zwillinge zuckten zusammen, rissen sich jedoch zusammen und knieten sich auf den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher