Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paula geht

Paula geht

Titel: Paula geht
Autoren: Martina Nohl
Vom Netzwerk:
Stuhl nach hinten und schloss die Augen. Sofort sah sie eine große Blumenwiese, die weißen Laken flatterten im Wind. Sie selbst ritt auf einem rostroten Wallach auf das prächtige Gutshaus zu. Ein strammer Stallbursche eilte ihr entgegen und nahm ihr den Zügel ab.
    Als sie die Augen wieder öffnete, siegte ihr gesunder Menschenverstand, der ihr einflüsterte, dass im Haus doch vermutlich neunundneunzig Jahre nichts mehr gemacht worden war und sie wohl doch keine Lust habe, den Kampf mit vielen Quadratmetern Schimmel und Moder aufzunehmen. Pfff, das ist ja wohl nicht das Einzige, was ihr hier so zu bieten habt, dachte sie. War eh unter meinem Preisniveau mit nur 3.900 Euro.
    Und hier: ein Wohnboot, 30 x 5 Meter, hm, Liegeplatz nicht im Preis inbegriffen. Na, mit Grundstück wird das wohl zu teuer.
    Bauernhaus in Seeblick Wassersuppe im Havelland. Schöner Ortsname. Nur ein Bild dabei, die werden wohl nicht mehr zu zeigen haben, also weiter.
    Wintergarten aus Holz zum Selbstabbau, den könnte ich mir immerhin leisten. Aber wo stell‘ ich den auf?
    Bahnwärterhaus in Königsstein. Und als Titelbild gibt es das total verdreckte Klo, die haben Humor...
    Ehemaliges Bahnhofsgebäude in Helmbrechts, das sieht sehr gut aus und kostet nur 6.000 Euro. Aber wo ist der Haken? Bayern, mmh, aber ist ja sozusagen mittendrin in Deutschland, könnte man auch noch touristisch nutzen. Das kommt schon mal auf die Beobachtungsliste.
    Viele eBay- und Immosout-Seiten weiter konnte Paula nur noch unscharf sehen und ihr brummte der Kopf vor Bauernhäusern, Höfen, Gütern, Schlösschen, Zirkuswagen, Notverkäufen und vor allem einmaligen Gelegenheiten, die es „sofort!!!“ zu ergreifen galt. Gott sei Dank hatte ihr das Housesitting etwas Zeit verschafft, denn ihre Wohnung hatte sie definitiv zu schnell gekündigt. Tja, wenn sie wirklich etwas wollte, fackelte sie nicht lange. Es war schön, sich mal wieder lebendig zu fühlen. Und sie hatte die Frankfurter Mietskasernenatmosphäre wirklich nicht mehr ertragen können. Sie dürstete nach Luft und Weite und endlich auch nach einem Stückchen ganz persönlicher Paula-Freiheit, ganz genau, so war’s.
    Sie schaute zu ihrem Laptop. Sollte sie noch eine Runde weitermachen? Nein, ihr Magen grummelte fordernd, Herby musste raus und sie würde sich endlich mal wieder eine Maxi-Pizza gönnen beim Italiener, den sie neulich entdeckt hatte. Das würde sie auf andere Gedanken bringen.
     
    Während sie auf ihre Gorgonzola-Spinaci-Pizza wartete, zückte sie ihr neues Notizbuch, in das sie alles zum Projekt eigenes Haus reinschreiben wollte. Wenn jetzt die Fee käme und ich alles haben könnte, was ich wollte, was würde ich dann überhaupt wollen? Sie notierte:
    •          Ein Reetdachhaus mit mindestens vier Zimmern
    •          An der Ostsee mit eigenem Zugang zum Strand
    •          Eine Stadt in der Nähe zum Bummeln und für gelegentliche kulturelle Anwandlungen
    •          Auch einen süßen Herby
    •          Einen Mann. Das strich sie gleich wieder durch, das wäre ein Kapitel für die nächste Fee. Wobei, wenn die Fee schon mal da war. Also schrieb sie erneut hin: Einen Mann.
    •          Eine Arbeit, die mir ein gutes Leben erlaubt und die mir Spaß macht. Am liebsten von zuhause aus.
    Ihr Blick schweifte durch die Vorstadtpizzeria in Düsseldorf. Sie war wenig besucht, aber der Chefe am Holzofen trällerte gemütlich vor sich hin. Wäre das etwas für sie, selbständig zu sein, ohne Stress zu bekommen, wenn nur wenig Kunden kämen? Die freundliche Bedienung mit dem pickeligen Gesicht einer Vierzehnjährigen brachte ihr die dampfende Pizza.
    Paula klappte entschlossen ihr Notizbuch zu, und während sie der Pizza zu Leibe rückte, merkte sie, dass tatsächlich ihre Lebensgeister zurückkamen. Nach ihrer Kündigung hatte sie wirklich einige Wochen gebraucht, um überhaupt irgendetwas in Angriff zu nehmen. Jetzt hatte sie langsam wieder richtig Lust, etwas zu verändern. Und warum nicht ein Haus in Stand setzen, um dann dort später günstig leben zu können? Dann wäre die Sorge um die laufenden Kosten ihres Lebensunterhalts schon mal geringer. Das mit dem Job würde sich auch noch finden. Sie schmuggelte Herby ein Stück Pizza unter den Tisch, das er dankbar verspeiste.
     
    Als Paula und Herby zurück in ihre derzeitige Landhausidylle kamen, legte sich Herby zufrieden in seinen Korb. Sie stapfte die Treppe hoch ins Kinderzimmer, um die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher