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Patrick: Eine finstere Erzählung

Patrick: Eine finstere Erzählung

Titel: Patrick: Eine finstere Erzählung
Autoren: Christian Sidjani
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überraschend kommt. Das tut es immer.  
    Auch wenn die Geschichte mit einem Hoffnungsschimmer endet, so glaubt Patrizia, Michael blieb in diesem ersten Absatz stecken. Er wird sein Pech nicht los. Und wieder überkommt sie dieses Gefühl, dass sie ihn nie wieder sehen wird. Dann muss sie los.
    Patrizia kommt stets fünfzehn Minuten zu spät, aber sie wartet schon vor dem Termin in Daniels Wagen auf der gegenüberliegenden Seite des Restaurants. So kann sie ihren neuen Kunden beim Eintreten beobachten. Außerdem ist das die einzige Zeit, in der sie sich mit Daniel über die letzten Treffen austauschen kann. Und was sie noch braucht. MakeUp, Parfum, sogar Kleidung und Geld für den Friseur.
    Daniel ist kein Zuhälter, er ist ihr Arbeitgeber. Und in einer Stadt wie Hamburg ist sie als Prostituierte sogar krankenversichert. Um Punkt halb acht holt Daniel sie ab und fährt sie zum Ort, den sie stets als ersten Treffpunkt wählt: ein italienisches Restaurant in Eppendorf. Trotz der Gegend gute Parkmöglichkeiten, der Eingang ist leicht einsehbar und die Gegend ist zwar gut besucht aber nicht überfüllt.
    Patrizia erkennt ihn sofort, als er aus dem Taxi steigt. Patrick trägt unauffällige Kleidung, aber nicht so unauffällig, dass sie ihn als Stubenhocker oder Muttersöhnchen bezeichnen würde. Unter einem grauen Pullover trägt er ein weißes Hemd. Sein Haar ist kurz geschnitten und dezent gegelt, und er trägt eine schwarz-umrandete Brille, deren Gläser seine Augen etwas vergrößern, was ihm einen leicht debilen, aber freundlichen Blick verleiht. Harmlos ist das erste Wort, was ihr einfällt, und Daniel pflichtet ihr bei, als er sagt:
    „Das wird einfach für dich, oder? Dann kann ich mir den Rest des Abends freinehmen und mal wieder ins „King Cavalera“. Susi legt heute auf.“
    Patrizia nickt nur, küsst ihrem Boss auf die Wange und steigt aus dem Wagen. Es ist warm an diesem Abend, aber nicht schwül. Sie wartet, bis Daniel wegfährt, überquert dann die Straße und geht zum Eingang. Keine Zweifel mehr, die sowieso nie da waren, warum auch? Jetzt ist Showtime, denkt sie und sieht Patrick am reservierten Tisch, am Fenster, etwas separiert von den anderen.
     

III
     
    Als er sich erhebt, weil er sie zu erkennen meint, fallen Patrizia seine Lackschuhe auf, die sie vorhin nicht sehen konnte. Oder sie achtete nicht darauf, weil sie seine Statur beobachtete und wie er sich bewegte. Er kommt zwei Schritte auf sie zu, langsam, zurückhaltend, und sie küsst ihm zur Begrüßung auf die Wange. Kurz und unverbindlich, wie eine alte Bekannte.
    Die Lackschuhe bleiben der einzige Fauxpas. Seine Jeans scheinen, passend zum Rest, einfach geschnitten und sie sind nicht so ausgefranst mit erzwungenen Makeln, wie es zurzeit Mode ist. Patrick trägt kein Aftershave, jedenfalls keines, das ihr sofort in die Nase steigt. Und er pflegt seine Hände, vielleicht ist er einer von den Männern, die regelmäßig zur Maniküre gehen, vielleicht sogar zur Pediküre. Aber das wird sie später herausfinden. In dem schummrigen Licht des italienischen Restaurants wirken seine Augenbrauen gezupft. Er lächelt verlegen und schiebt ihr den Stuhl zurecht, damit sie sich setzen kann. Dann erst setzt er sich ihr gegenüber.
    „Weißt du, was ich komisch finde?“, sagt sie, als der Ober die Karte bringt. Und es sind die ersten Worte seit der Begrüßung.
    Patrick lächelt und schüttelt den Kopf.
    „Wie wir heißen. Patrick und Patrizia, wie in einem Märchen.“
    Wieder lacht er so jungenhaft, was ihr schon am Telefon auffiel.
    „Nenn’ mich Paddy“, sagt er.
    Nun, da sie sich persönlich gegenüber sitzen und eine vertrauliche Atmosphäre entsteht, mit einer brennenden Kerze auf dem Tisch und dem ersten Schluck Wein in ihren Mägen, ist das für ihn wohl der nächste, logische Schritt.
    Patrizia lächelt, und sie weiß, wie umwerfend es aussieht. Wenn ihre vollen Lippen sich ein wenig nach oben ziehen, dass sich an ihren Mundwinkeln Grübchen bilden, und ihre Augen in einem glühenden Blau erstrahlen. Wie oft schon vernahm sie das Kompliment vom Versinken in ihren meerblauen Augen ? Und dies ewige Wie sexy, dass du trotzdem so braun bist . Sie hofft, dass er es nicht sagt. 
    „Ich bin mir sicher, dass der Witz schon häufiger gemacht wurde, aber wenn ich dich Paddy nenne, dann denke ich immer gleich an...“
    „...Paddy Kelly, ist mir schon klar“, erwidert Patrick und lächelt, „Ich denke lieber an ,Paddy goes to Holywood’ oder
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