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Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen
Autoren: Langen Müller
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parkte er den Wagen an einer Tankstelle. Seiner Beifahrerin war nicht klar warum, der Benzinstandsanzeiger teilte den Grund nicht mit. »Scusi!«, sagte der Direttore und entschwand. Auf der Toilette rief er sein Hotel an, fragte den Kollegen, ob der das Nötige veranlasst hätte, dann atmete er tief durch.
    Zum Wagen kam er mit einem Espresso für die »Signora«.
    Plötzlich, bevor er wieder startete, schlug er sich mit der Hand aufs Hirn.
    »Ich bin ein Idiot!«, sagte er. »Ein Idiot!«
    »Warum, wenn ich fragen darf?«
    »Ich habe den Tag vertauscht. Der Nachtdreh ist erst morgen. Ich bin ein Idiot.«
    Er war so betroffen, dass ihn die Signora trösten musste. Das sei ja nicht so schlimm, man könne jetzt in aller Ruhe zurückfahren. Das fand der Direttore auch.
    Während des Tages hatte er einmal kurz die Gelegenheit, dem Conte zu sagen, ein »geplanter Nachtdreh« am nächsten Tag solle ihn nicht unvorbereitet treffen, der müsste eben um zwei Wochen verschoben worden sein.
    Das Ausmaß der Dankbarkeit des Conte muss nicht näher beschrieben werden.
    Er bekam die Gelegenheit zur Revanche. Die Serie ging in das zweite Jahr, als der Conte sich nach einem halbstündigen Erholungsschläfchen für einen abendlichen Ausgang anzuziehen begann. Da klopfte es an der Tür.
    »Conte, ich bin’s.«
    »Direttore, was gibt’s?«
    Der Conte öffnete, der Direttore kam – nahezu zitternd – herein.
    »Ich habe ein Problem. Ich trau mich gar nicht – es ist unverschämt …«
    »Also was?«
    Mit einiger Mühe erklärte der Direttore, er hätte ein bezauberndes, blondes Mädchen aufgerissen, die Serviererin vom Espresso vis-à-vis. Der Conte wisse ja, dass er das so gut wie nie mache, als verheirateter Mann mit wunderbaren Zwillingen, aber diesmal sei es eben passiert und sie sei so süß und so blond und in der Stadt seien zwei Messen und ein großer Kongress und sie wohne noch bei ihren Eltern und er habe alles angerufen, was möglich ist.
    »Keine Badewanne mehr frei, Conte, keine einzige Badewanne.«
    Der Conte zog sein Jackett an, drückte dem Direttore den Schlüssel zu Zimmer 87 in die Hand und sagte nur: »Um vier bin ich wieder da.«
    Fünfzehn Jahre danach erfuhr der Schauspieler, den der Direttore Conte genannt hatte, von einer Kollegin, das Hotel »Baselisk«, in dem die Branche doch so gerne gewohnt hätte, sei im Begriffe, in ein Wohn- und Geschäftshaus umgebaut zu werden.
    Sofort fasste der Conte den Entschluss, seinen Freund anzurufen. Und genauso rasch vergaß er den Entschluss im Zuge seiner Probenarbeit. Seine Fernsehprominenz war Vergangenheit. Er war, mit Bauchansatz und Lockenkopf nur noch neben den Ohren, zu einem ersten Charakterspieler im hohen Norden geworden. Er probte gerade den Jago. Diese Aufgabe blockierte ihn total.
    Zwei Wochen darauf bekam er ein kleines Päckchen.
    Er öffnete es und entnahm einen klassischen alten Hotelzimmerschlüssel »87«. Nur den. Ohne Kommentar.
    Er stand starr. Seine Frau, die fixe Freundin von einst, fragte ganz unbefangen:
    »Was ist denn das?«
    Er sagte: »Eine Reliquie.«
    Dann begann er rasch nachzudenken, wie er die Geschichte erzählen könnte, ohne Ärger zu kriegen.

Rodolfo und Mimi
    BEIM »ADDIO, SENZA RANCOR« drückte sie ganz fest seine Hand. Bei dieser winterlichen Trennungsszene musste sie danach greifen, denn so ein schmerzvolles Auseinandergehen darf uns nie passieren, dachte sie. Sie saßen auf einem billigen Rangplatz in der Oper, und Giacomo Puccinis »La Bohème« entsprach ihrer Gefühlswelt.
    Sie war eine Opernwahnsinnige von Kindesbeinen an. Ab dem Tag, als ihre Mutter sie in »Madame Butterfly« mitgenommen hatte und sie beim Abschied der Cho-Cho-San von ihrem Kind bitterlich weinte, war sie der italienischen Oper verfallen. Zu ihrer Ehre sei es gesagt, sie war auch sehr bald glühende Verdi-Verehrerin. Bei Wagner unterschied sie. Die Schicksale von Senta, Elsa und Isolde konnten sie in ihren Bann ziehen, was die Frauen in dem ihr todlangweiligen »Ring« erlebten, war ihr egal.
    Ihr eigenes musisches Talent lag mehr im bildnerischen Bereich. So war es zu erklären, dass dieses hübsche, musikverrückte Mädchen an der Akademie für Angewandte Kunst Design studierte.
    Ihre neue und, wie sie fest glaubte, »große« Liebe hatte sie auf einer Ausstellungseröffnung kennengelernt, einer aufregenden Zusammenstellung von Gemälden und Zeichnungen zum Thema »Krieg und Kunst« aus allen Epochen. Da war ihr ein junger Mann aufgefallen, der in
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