Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Paris ist eine Messe wert

Paris ist eine Messe wert

Titel: Paris ist eine Messe wert
Autoren: Merle Robert
Vom Netzwerk:
verstummte, indem er mich aus seinen scharfen blauen Augen fragend ansah. Offenbar wußte er schon, dachte ich – vielleicht durch Herrn von Rambouillet –, daß der König auch mich mit einem Friedensangebot und Guises Ring zu Navarra schickte.
    »Monsieur de Rosny«, sagte ich lächelnd, »sofern der König einwilligt, bin ich gern bereit, Euch auf meinen Paß mitzunehmen, wenn ich im Auftrag meines Herrn zu Navarra reise. Meine einzige Bedingung ist, daß ich an Euren Gesprächen mit dem König von Navarra teilnehmen darf, schließlich doppelt sich Eure Gesandtschaft mit meiner, ohne sie indes aufzuheben.«
    Ich sah, wie Rosny hierauf ein wenig zurückzuckte, denn natürlich wollte er allein den Ruhm einheimsen, eine Einigung zwischen Navarra und dem König von Frankreich herbeigeführt zu haben.
    »Monsieur«, fuhr ich deshalb fort, »ich weiß sehr wohl, daß Ihr in den vergangenen zwei Jahren mehr als jeder andere für die Verständigung der beiden Könige geleistet habt und bei dem Hin und Her zwischen den beiden Lagern mancherlei Gefahren bestehen mußtet. Darum will ich Euch die Palme, die Euch für den Erfolg Eurer Bemühungen gebührt, nicht im mindesten streitig machen. Obwohl zehn Jahre älter als Ihr, bin ich nur ein Zweitgeborener aus dem Périgord, den der König zum Baron zu machen geruhte, weil ich ihm in seinem geheimen Kampf gegen die Umtriebe der Liga einige kleine Dienste erwies. Was nun die jetzige Mission angeht, Monsieur, will ich unterwegs lediglich Euer Schutz sein und bei Navarra Euer Bürge für die Freundschaft meines Herrn, mehr nicht. Wenn die beiden Könige Waffenstillstand oder Frieden schließen, mögt Ihr der Mittler sein, und alle Ehre soll allein Euch zukommen.«
    |10| »Baron!« rief Rosny, indem er aufsprang und mit gebreiteten Armen auf mich zutrat, »das sind klare Worte. Mir ist, als hörte ich Euren Herrn Vater sprechen, den ich liebe und mehr schätze als alle anderen Diener meines Königs.« Damit faßte und drückte er meine Hände, doch ohne mich zu umarmen, wie ich es erwartete, doch Navarras Hugenotten gingen mit Umarmungen sparsamer um als unsere Herren bei Hofe. Und ganz bewegt, daß er in so liebevollen Worten von meinem Vater gesprochen hatte, wagte ich endlich nach seinem Ergehen zu fragen.
    »Ha!« sagte er, »der Baron von Mespech ist ein Wunder der Natur! Mühen und Jahre gehen an ihm vorüber, ohne seine Lebenskraft zu schmälern. Er ist der erste beim Angriff und nach bestandenem Kampf der zweite beim Weib.«
    »Und wer ist der erste?«
    »Navarra, leider!«
    »Leider?« fragte ich lachend. »Monsieur de Rosny, wollt Ihr, daß Euer König darbt?«
    »Nein«, sagte Rosny ernst, »aber das kostet! Und unsere Finanzen sind nicht üppig.«
    Das war bereits der ganze Rosny, wie ich seither oft dachte: ein Mann, der einer exzellenten Legierung der unterschiedlichsten Metalle glich; besonnen und äußerst sparsam mit den Staatsgeldern, während er sich selbst gern Luxus und Gepränge gönnte; zu gleicher Zeit der Hellsicht eines Greises fähig wie jugendlichen Ungestüms; ein verwegener Soldat und ein geduldiger Diplomat. Und daß es nun mehr seiner allerlängsten Geduld bedurfte, das sollte sich im Verlauf der Verhandlungen zwischen meinem Herrn und dem seinen zeigen, denn sie dauerten von diesem Dezemberende bis in den April. Und habe ich auch wenig Lust, dies im einzelnen zu erzählen – den glücklichen Ausgang kennt man ja –, will ich dir, Leser, doch einige unvergeßliche Höhepunkte schildern, wie sie mir bis heute im Gedächtnis lebendig sind.
    Noch gab es weder Waffenstillstand noch Frieden zwischen den beiden Königen, und Navarra, der erfuhr, daß die königliche Armee damit zu tun hatte, die Ligisten abzudrängen, die Heinrich in Blois bedrohten, machte sich dies zunutze, das Poitou zu besetzen und die Stadt Châtellerault zu belagern. Und zufällig traf ich mit Rosny an demselben Tag in seinem Lager |11| ein, ihm die Friedensbotschaft seines Souveräns zu überbringen, als er dem König von Frankreich, dessen Erbe und Vasall er ja war, ebendiese Stadt genommen hatte.
    Ich hatte Navarra seit Epernons Gesandtschaft in der Guyenne nicht mehr gesehen, doch schien er mir wenig verändert, nur an Bart und Haaren ergraut. Es waren noch immer dieselbe lange, gebogene Nase im langen Gesicht, dasselbe Kinn, das zur Nase aufstrebte, dieselbe ledrige, von Sonne und Wind gegerbte Haut, die hohe Stirn, der lebhafte Blick, der spottlustige Mund, die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher